Rn 11
Das Nachlassverfahren ist seit dem 1.9.09 in §§ 342 ff FamFG geregelt. Für die Erbscheinserteilung ist sachlich zuständig grds das Nachlassgericht als Abteilung des Amtsgerichts (§ 2353, § 23a I Nr 2,II Nr 2 GVG; BaWü: staatliches Notariat gem §§ 1, 37 f LFGG; Art 147 EGBGB), funktionell grds der Rechtspfleger (§ 3 Nr 2c RPflG), es sei denn, der Richtervorbehalt greift, weil eine Verfügung vTw vorliegen könnte oder ausländisches Recht (Rn 22) anzuwenden ist (§ 16 I Nr 6 RPflG; entspr zum Europäischen Nachlasszeugnis § 16 II RPflG); einige Länder (Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nds und RhPf) haben mit der Pflicht, das Verfahren dem Richter vorzulegen, wenn Einwände erhoben werden, die Aufgaben sogar auch insoweit nach § 19 I 1 Nr 5 RPflG übertragen. Greift der Vorbehalt, umfasst er auch das Vorverfahren (zB Beweisaufnahme; str, Köln FGPrax 09, 287, 288 [OLG Köln 02.11.2009 - 2 Wx 88/09]; MüKo/Grziwotz Rz 48). Zur Rückübertragung s § 16 II RPflG. Ein Verstoß gegen diese Zuständigkeit macht den Erbschein nicht nichtig, selbst wenn ohne Übertragungsmöglichkeit (vgl § 8 IV RPflG) statt des Richters der Rechtspfleger handelte; der Erbschein ist dann gem § 2361 einzuziehen (str, vgl BayObLG FamRZ 97, 1370; KG FamRZ 04, 1903; MüKo/Grziwotz Rz 57). Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 343 FamFG (s.a. § 2 III FamFG). Maßgebend ist (unbeschadet des anwendbaren Erbstatuts) idR der nach deutschem Recht inländische Wohnsitz (§§ 7 ff) des Erblassers zur Zeit seines Todes (auch: Pflegeheim; Ddorf 29.10.12 – 3 Sa 5/12), ansonsten der (ggf kurzfristige; Karlsr 21.5.13 – 9 AR 11/13) Aufenthalt (§ 343 I FamFG; ›Sterbeort‹; s Stuttg 4.10.11 – 8 W 321/11). Sind mehrere Gerichte örtlich zuständig (zB beim Doppelwohnsitz des Erblassers), ist das zuerst befasst Gericht zuständig (§ 2 I FamFG). Hat ein Deutscher keinen Wohnsitz oder Aufenthalt im Inland, ist das AG Berlin-Schöneberg zuständig, beim Ausländer (oder Staatenlosen) jedes Nachlassgericht, in dessen Bezirk sich Nachlassgegenstände befinden (§ 343 II 1, III FamFG), als es mit der Sache befasst wird; sind Nachlassgegenstände in verschiedenen Gerichtsbezirken belegen, ist nach § 2 I FamFG das G zuständig, bei dem zuerst ein Erbscheinsantrag eingegangen ist (Baumann NotBZ 11, 157, 160). Bzgl des Erbscheinsantrags beim örtlich unzuständigen Gericht gilt § 25 III 1 FamFG, wenn er zu Protokoll erklärt wurde, ansonsten ist vAw nach § 3 I FamFG zu verweisen (KG 4.8.11 – 1 W 509/11). Nach § 105 FamFG ist ein örtlich zuständiges deutsches Gericht auch international zuständig (Staud/Herzog § 2369 Rz 277f). Es ist mithin für die Erteilung eines Fremdrechtserbscheins zuständig, wenn ein ausländischer Erblasser zum Zeitpunkt des Erbfalls seinen Wohnsitz bzw Aufenthalt im Inland hatte oder, ist dieses nicht der Fall, sich bei Befassung des Gerichts in dem Gerichtsbezirk Nachlassgegenstände (PWW-Online-Ergänzungsband) befinden (§ 343 I, III, 352c famFG). Eine Beschränkung der Zuständigkeit auf ›hinreichenden‹ Inlandsbezug (so Schäuble ZErb 09, 200, 205f) oder auf den sie begründenden inländischen Nachlass (so MüKoZPO/Rauscher § 105 FamFG Rz 31) sieht das G auch bei geringwertigen Nachlassgegenständen nicht vor (Zimmermann ZEV 09, 53, 55). Ausnahmsweise besteht eine Zuständigkeit, obgleich die Voraussetzungen des § 105 FamFG nicht vorliegen, auf Grund besonderen Sachzusammenhangs, zB ggf wenn letztwillige Verfügungen in Deutschland errichtet und hinterlegt wurden. Fällt ein die Zuständigkeit begründender Umstand später weg, berührt das die Zuständigkeit nicht (§ 2 II FamFG; perpetuatio fori). Auch ist unerheblich, ob sich das materielle Erbrecht nach deutschem Recht richtet (Rn 22), ob anzuwendendes ausländisches materielles Recht einen Erbschein kennt oder anerkennt. Bei Erbfällen ab 18.8.15 regeln §§ 4, 10 EuErbVO (Rn 7) die internationale Zuständigkeit (MüKo/Grziwotz Rz 38; aA Grünewald/Weidlich Rz 8). Auf Antrag kann der Erbschein territorial beschränkt werden (§ 2369). Ein von einem international und damit zugleich örtlich unzuständigen Gericht erteilter Erbschein ist unrichtig und beschwert den Erben selbst dann, wenn er inhaltlich der Erbrechtslage entspricht. Er ist auf die Beschwerde hin durch das Nachlassgericht, welches ihn erteilt hat, einzuziehen (Zweibr ZEV 01, 488, 489).