Rn 12
Der Erbschein wird nur auf Antrag erteilt (BayObLG ZEV 01, 489). Der Inhalt des Erbscheins kann nicht ins Ermessen des Gerichts gestellt werden (BGH NJW 62, 42 [BGH 11.10.1961 - V BLw 13/60]; Ddorf 4.12.13 – I-3 Wx 201/13: zum Antrag auf Erbschein nach noch zu bildender Rechtsmeinung des NachlassG). Das Nachlassgericht ist an den Antrag gebunden (München NJW-RR 19, 971 [OLG München 10.07.2019 - 31 Wx 242/19]). Es darf den Erbschein nicht mit einem anderen als dem beantragten Inhalt erteilen (Hamm Rpfleger 03, 504, 505). Selbst ein inhaltlich richtiger Erbschein wird vAw eingezogen oder für kraftlos erklärt, wenn er durch keinen Antrag eines Berechtigten gedeckt ist (BayObLG aaO). Nur bei wirtschaftlich geringfügigen Abweichungen in der Erbquote soll anderes gelten (LG München I FamRZ 99, 959). Wird der Erbschein ohne Antrag erteilt, kann der Mangel durch (schlüssige) ›Genehmigung‹ geheilt werden (BayObLG NJW-RR 94, 1032), zB wenn der Berechtigte sich den Erbschein zu Eigen macht (BayObLG FamRZ 99, 1388; ZEV 01, 489). Form: § 25 I FamFG bestimmt, dass er ggü dem zuständigen Gericht schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle abgeben werden kann; auch wenn sie es nach dem Wortlaut nicht ›müssen‹, sind nunmehr mündliche Anträge anders als nach alten Recht (BayObLGZ 76, 38, 42) nicht mehr möglich (Nürnbg 28.6.13 – 9 UF 631/13; Dutta/Jacoby/Schwab/Jacoby § 25 FamFG Rz 8; MüKoZPO/Ulrici § 23 FamFG Rz 38; Schulte-Bunert/Weinreich/Brinkmann § 25 FamFG Rz 31; Zö/Feskorn FamFG § 23 Rz 5; aA Prütting/Helms/Ahn-Roth FamFG § 23 Rz 10; Sternal/Sternal FamFG § 23 Rz 22; offenlassend BGH FGPrax 10, 210, 211 [BGH 29.04.2010 - V ZB 218/09]). Er soll unterschrieben sein (§ 23 I 4 FamFG), doch sind auch nicht unterschriebene Erklärungen, die den Aussteller erkennen lassen, oder solche per Telefax zulässig (Bumiller/Harders/Schwamb/Bumiller § 23 FamFG Rz 14; MüKoZPO/Ulrici § 23 FamFG Rz 39). Nach Art 239 EGBGB können die Länder notarielle Beurkundung anordnen (Zimmermann FamRZ 14, 11, 12). Der Antrag muss nicht in elektronischer Form (§§ 14 II FamFG, 130d ZPO) gestellt werden (Frankf 26.7.23 – 20 W 151/23 Rz 31 ff mAnm Fritzsche NJW 23, 3436); ein nach § 130d Verpflichteter muss auf Anforderung des Gerichts ein elektronisches Dokument nachreichen (BGH 31.5.23 – XII ZB 428/22 Rz 8, 14 = NJW-RR 23, 1233). Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtzugs (Rn 11), also das Nachlassgericht, nicht das Beschwerdegericht (Brandbg FamRZ 99, 188; Frankf Rpfleger 97, 262). Der Antrag kann bis zur Erteilung noch im Rechtsbeschwerdeverfahren (BayObLG FamRZ 99, 62, 64), auch in einem gerichtlichen Vergleich (BayObLG ZEV 97, 461; KG Rpfleger 04, 101, 102; s § 36 FamFG), zurückgenommen werden (§ 22 I 1 FamFG). Insoweit ist zu beachten, dass der im Erbscheinverfahren geschlossene Vergleich kein Vollstreckungstitel iSd § 794 I Nr 1 ZPO ist (BayObLG ZEV 97, 461). Der Antrag ist bedingungsfeindlich (BayObLG FamRZ 99, 814). In der Antragstellung muss die Annahme der Erbschaft angegeben sein (§ 352 I 1 Nr 7 FamFG), so dass nachfolgend ihre Ausschlagung ausscheidet (Karlsr ZEV 07, 380 [OLG Karlsruhe 03.05.2007 - 19 U 58/05]); eine Rücknahme des Antrags ändert daran nichts (Hamm FGPrax 10, 266). Beim Berliner Testament mit Pflichtteilsstrafklausel (§ 2317 Rn 6) bleibt jedoch auch nachdem die Schlusserbschaft angenommen wird der Pflichtteilsanspruchs nach dem Erstverstorbenen bestehen (BGH NJW 06, 3064 [BGH 12.07.2006 - IV ZR 298/03]).
Rn 13
Der notwendige Inhalt des Antrags richtet sich nach §§ 2354–2357 aF bzw §§ 352 f FamFG. Nach 23 I FamFG soll der Antrag begründet, unterzeichnet und die potenziell Beteiligten (Rn 21) angegeben werden. Der Antrag muss einen bestimmten Vorschlag enthalten (BayObLG ZEV 01, 489, 490; Hamm ZEV 97, 502, 504), entspr dem das Nachlassgericht den Erbschein ohne Ergänzungen oder Einschränkungen erteilen kann (s Rn 2, Rn 12). Dazu hat der Antrag das zu bezeugende Erbrecht und dieses berührende Verfügungsbeschränkungen durch Anordnung der Nacherbfolge oder Testamentsvollstreckung, eine etwaige besondere Art des Erbscheins und grds die Erbquote, notfalls unter Angabe der Berechnungsgrundlage (Frankf FamRZ 98, 1394), zu bezeichnen (MüKo/Grziwotz Rz 70). Ist die Angabe der Größe des Erbteils nicht möglich, kann von ihr zunächst abgesehen werden (Ddorf NotZ 78, 683, 684; BayObLG FamRZ 00, 916); begehrte Feststellung vAw ist unzulässig (Hamm 2.11.12 – I-15 W 404/11). Auch der Berufungsgrund (gesetzliche Erbfolge, Verfügung vTw) ist anzugeben (§ 352 I 1 Nr 3, II Nr. 1 FamFG). Da § 352 FamFG nur den Inhalt des Antrags, nicht den Inhalt des Erbscheins regelt, kann das Nachlassgericht einen anderen Berufungsgrund, als im Antrag angegeben, bei iÜ identischen Feststellungen zum Erbrecht und dessen Größe zugrunde legen (Bambg 23.12.21 – 2 W 5/21 Rz 22; aA BayObLG FamRZ 96, 1438; Schlesw 15.5.17 – 3 Wx 45/16). Alternativ darf der Berufungsgrund nur angegeben werden, wenn die Gültigkeit eines Testaments zweifelhaft ist, der Erb...