Rn 42
Bei einer Mehrheit von Schädigern hat der Geschädigte idR Ersatzansprüche gegen jeden von ihnen. Der Umfang dieser Ansprüche wird zweifelhaft, wenn den Geschädigten eine zu verantwortende Mitwirkung trifft, deren Abwägung gegen die Mitwirkung der Schädiger zu verschiedenen Ergebnissen führt.
Rn 43
Sind die Schädiger Mittäter, Anstifter oder Gehilfen einer unerlaubten Handlung nach § 830 I 1, II, so ist jeder (unabhängig von seinem Mitwirkungsanteil) für den Schaden verantwortlich. Die Tatbeiträge sind also zu kumulieren; ihre Summe steht der Mitwirkung des Geschädigten ggü. Das ist die für den Geschädigten günstigste Lösung: Jeder Schädiger haftet gesamtschuldnerisch (§ 840) auch für die Schadensbeiträge der übrigen.
Rn 44
Auch die Haftung mehrerer Nebentäter bereitet keine Probleme, wenn alle auf den vollen Schaden haften: sie sind dann Gesamtschuldner auf die volle Summe (BGH NJW 06, 896; NJW 11, 292 [BGH 05.10.2010 - VI ZR 286/09]). Für den Fall eines Mitverschuldens des Geschädigten hat BGH NJW 06, 896 [BGH 13.12.2005 - VI ZR 68/04] die sog modifizierte Kombinationstheorie entwickelt, wonach (1) die Mitverantwortung jedes Nebentäters gegenüber dem Geschädigten gesondert – also unter Außerachtlassung der anderen Täter – abzuwägen ist (Einzelabwägung), aber (2) die Nebentäter zusammen nicht mehr als den Beitrag aufzubringen haben, der bei einer Gesamtschau des Unfallgeschehens dem Anteil der Verantwortung entspricht, die sie im Verhältnis zur Mitverantwortung des Geschädigten insgesamt tragen (Gesamtabwägung). Die Haftung wird dann anteilig gesamtschuldnerisch und anteilig allein von den jeweiligen Nebentätern getragen.
Rn 45
Nach der sog Sedemundschen Formel (Sedemund ZGS 2003, 337) führt diese Rspr zu folgender Berechnung: wenn zB A, B und C einen Schaden bei D iHv 24.000 EUR verursachen, bei dem alle ein Mitverschulden von 1/4 tragen, haftet jeder Nebentäter zu 50 %, also auf 12.000 EUR (Einzelabwägung: Verursachungsbeiträge von einzelnem Schädiger und Geschädigtem sind gleichgewichtig), insgesamt darf D aber angesichts seines Mitverschuldens nicht mehr als 18.000 EUR (3/4 von 24.000 EUR) erhalten. Es gilt nun: Gesamtschuldsumme = (Summe der Einzelhaftungsbeträge abzüglich ersatzfähiger Schaden) geteilt durch (Anzahl der Schädiger abzüglich 1), also: (12.000 EUR + 12.000 EUR + 12.000 EUR-18.000 EUR) geteilt durch drei = 9.000 EUR. Es haften also A, B und C gesamtschuldnerisch auf 9.000,00 EUR sowie jeweils einzeln auf weitere 3.000 EUR, so dass D insgesamt 18.000 EUR erhält.
Rn 46
BGHZ 54, 283, 285 hat aber diese Gesamtschau wieder eingeschränkt: Dem Geschädigten solle die bloße Zahl der Schädiger keinen Nutzen bringen, wenn die Zahl zu keiner Erhöhung der Gefährlichkeit führe. So liege es, wenn die Ursachenbeiträge der Schädiger sich vereinigt hätten, ehe sie auf den Beitrag des Geschädigten träfen. Der Mitwirkungsanteil einer solchen Haftungseinheit sei dann einheitlich dem Anteil des Geschädigten gegenüberzustellen. Die wichtigsten Haftungseinheiten sind Fahrer und Halter sowie Gehilfe (§ 278 oder § 831) und Geschäftsherr. Das ist aber str, vgl Staud/Schiemann Rz 145 ff mN. Der Begriff der Zurechnungseinheit bezeichnet die entsprechende Situation einer Einheit auf Seiten des Geschädigten.