Prof. Dr. Klaus Peter Berger
Rn 39
Nr 7 gilt grds für alle Vertragstypen (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 7 Rz 7; W/L/P/Dammann § 309 Nr 7 Rz 4–9; zum Arbeitsvertrag BAG NZA 18, 589 Rz 61 ff; 22, 1328 Rz 16 ff) und erfasst alle Arten schuldhafter Pflichtverletzungen (§ 241), aus denen Schadensersatzansprüche erwachsen können, seien es vertragliche (zB §§ 280 ff, 536a), vorvertragliche (HP/Becker § 309 Nr 7 Rz 4) oder solche aus unerlaubter Handlung (BGH NJW 95, 1489; 87, 1931 [BGH 12.03.1987 - VII ZR 37/86]). Zunächst ist jedoch durch (enge, § 305c Rn 13 aE) Auslegung unter Berücksichtigung der Unklarheitenregel (§ 305c II) zu ermitteln, ob die Freizeichnungsklausel deliktische Ansprüche überhaupt erfasst (BGH NJW 92, 2016 [BGH 05.05.1992 - VI ZR 188/91]). Nr 7 betrifft auch Ansprüche auf Schmerzensgeld (§ 253 II) (Grüneberg/Grüneberg § 309 Rz 43).
Rn 40
Zum Begriff des gesetzlichen Vertreters und des Erfüllungsgehilfen s § 278 Rn 12 ff. Verrichtungsgehilfen sind keine Erfüllungsgehilfen iSv Nr 7 (HP/Becker § 309 Nr 7 Rz 10). Nr 7 erfasst hier nur die Haftungsfreizeichnung für grobes Auswahl- und Überwachungsverschulden des Verwenders. Gleiches gilt für den Substituten (HP/Becker § 309 Nr 7 Rz 11; s.a. § 664 I 2).
Rn 41
Zum Begriff des Vorsatzes und der (leichten/groben) Fahrlässigkeit s § 276 Rn 6 ff.
I. Haftungsausschluss/Haftungsbegrenzung.
Rn 42
Klauseln iSv Nr 7 können den haftungsbegründenden oder haftungsausfüllenden Tatbestand betreffen. Dem Haftungsausschluss (einschl des Ausschlusses der Pflicht selbst) sind jegliche Arten der Haftungsbeschränkung, zB bzgl Höhe, Umfang, Zeit (Ausschlussfristen, s BAG NZA 22, 1328 Rz 15 ff; Verjährungsverkürzung, s BGH ZIP 22, 1655 Rz 33f; NJW 13, 2584; WM 07, 261; s.a. § 202 I, § 439 IV HGB) oder Art der Geltendmachung (Subsidiaritätsklausel) des Schadens, gleichgestellt (Ddorf NJW-RR 95, 440 [LG Düsseldorf 29.12.1993 - 12 O 322/93]; MüKo/Wurmnest § 309 Nr 7 Rz 23). Es genügt, wenn die Klausel nach Sinn und Zweck den Eindruck erweckt, die Haftung des Verwenders auszuschließen oder zu beschränken (BGH NJW 01, 751 [BGH 12.12.2000 - XI ZR 138/00]; 87, 2818 [BGH 14.07.1987 - X ZR 38/86]).
Rn 43
Die Begriffe Leben, Körper und Gesundheit sind wie in § 823 auszulegen (s § 823 Rn 23 ff). Nr 7 erfasst jede Art von Fahrlässigkeit. Für vorsätzliches Handeln des Verwenders s § 276 III. Ebenso werden Erfüllungsgehilfen jeder Art erfasst, gleich ob diese selbstständig oder unselbstständig tätig sind (BGH NJW 83, 1325 [BGH 20.01.1983 - VII ZR 105/81]). Zur transportrechtlichen Leutehaftung s §§ 436, 461 I HGB.
Rn 44
Nr 7b lässt zwar eine formularmäßige Haftungsfreizeichnung für leicht fahrlässige Pflichtverletzungen bei sonstigen Schäden zu. Solche Klauseln können aber nach § 307 II Nr 2 unwirksam sein, wenn sie Kardinalpflichten betreffen, s § 307 Rn 26.
Rn 45
Einzelfälle (zulässig +, nicht –): Haftungsfreizeichnung im Krankenhausaufnahmevertrag für Verlust und Beschädigung der von Patienten mitgebrachten Sachen (+BGH NJW 90, 764); Freizeichnung für Körper- und Gesundheitsschäden in Gebrauchtwagenkaufvertrag (–BGH WM 15, 695); Haftungsbegrenzung in Textilreiniger-AGB (–BGH NJW 13, 2502); generelle Verkürzung der Verjährungsfrist (–BGH WM 15, 2359; ZIP 13, 1616); Klausel eines Paketbeförderungsdienstes, wonach sich der Kunde einverstanden erklärt, dass der Transportweg gänzlich unkontrolliert bleibt (–München NJW-RR 04, 1064f [OLG München 17.03.2004 - 7 U 4035/03]); Haftungsausschluss in Versteigerungsbedingungen (–BGH NJW 13, 3570 [BGH 09.10.2013 - VIII ZR 224/12]).
II. Ausnahmen.
Rn 46
Durch die Ausnahme in Nr 7 soll die Regelung des § 14 ABB, wonach der Beförderungsunternehmer für Sachschäden des Fahrgastes nur in beschränktem Umfang haftet, auch in Besonderen Beförderungsbedingungen (als AGB) wirksam sein (MüKo/Wurmnest § 309 Nr 7 Rz 13). Die Ausnahme von Nr 7 für Lotterie- und Ausspielverträge (§ 763) greift nur soweit, wie das Unternehmen und die Mitspieler gegen betrügerische Manipulationen geschützt werden müssen (W/L/P/Dammann § 309 Nr 7 Rz 4–9). Der Schutz beginnt bei Lotto und Toto mit Einreichen des Spielscheins (BGH NJW 91, 1745 [BGH 21.03.1991 - III ZR 94/89]).
III. Verträge zwischen Unternehmern.
Rn 47
Die Verbote der Nr 7 (insb Nr 7b) sind auf den unternehmerischen Geschäftsverkehr gem §§ 310 I, 307 übertragbar (hM; BGH WM 07, 2261; NJW 99, 1031). Dies gilt auch für das Verbot der Freizeichnung von leicht fahrlässigen Verletzungen von Kardinalpflichten (s § 307 Rn 26) durch den Verwender oder seine Erfüllungsgehilfen (BGH NJW 94, 1063 [BGH 12.01.1994 - VIII ZR 165/92]). Wirksam sind derartige Klauseln auch hier (s § 307 Rn 26) nur, wenn sie sich nicht auf vertragstypische, vorhersehbare, aus der Verletzung vertragswesentlicher Pflichten entstehende Schäden erstrecken (BGH NJW 93, 335; Arnold ZGS 04, 20; aA Berger ZIP 06, 2154 f; Langer WM 06, 1237; Michel/Hilpert DB 00, 2516; ausdrücklich offengelassen für Haftungsbeschränkung bei grober Fahrlässigkeit BGH WM 07, 2261). Branchentypische Freizeichnungen sind vom Verbot der Nr 7b ausgenommen (Grüneberg/Grüneberg § 309 Rz 57).