Prof. Dr. Hans-Friedrich Müller
Rn 15
Die abzutretende Forderung muss aufgrund der Parteivereinbarung hinreichend bestimmt oder doch bestimmbar sein. Dabei genügt es, dass sie im Zeitpunkt ihrer Entstehung hinsichtlich Gegenstand, Umfang u Person des Schuldners individualisiert werden kann (BGHZ 7, 365, 367 ff; NJW 00, 276, 277). Bei der Auslegung der Erklärungen der Parteien sind auch außerhalb der Abtretungsurkunde liegende Umstände heranzuziehen (BGH NJW 00, 276, 277). Die Abtretung ›der Ansprüche‹ eines Zedenten bezieht sich im Zweifel nur auf bestehende Forderungen. Die Annahme, dass auch künftige Forderungen mit einbezogen sein sollen, bedarf besonderer Anhaltspunkte (BGH NJW 95, 1668, 1669; NJW-RR 03, 1690, 1691). Die formularmäßige Vorausabtretung der ›gegenwärtigen u zukünftigen Ansprüche aus dem Geschäftsverkehr‹ des Zedenten erstreckt sich nicht auf die von seinem Gesamtrechtsnachfolger in dessen Geschäftsbetrieb begründeten Forderungen (BGH WM 08, 65), wohl aber werden werden davon später durch Prozessvergleich titulierte Zahlungsforderungen erfasst, soweit der Vergleich Forderungen regelt, die ursprünglich aus der Geschäftstätigkeit des Zedenten herrühren (Bremen MDR 12, 613 [OLG Bremen 13.03.2012 - 2 U 14/12]). Kann unter mehreren in Betracht kommenden Forderungen die abgetretene Forderung nicht bestimmt werden, so ist die Abtretung nicht wirksam. Daran ändert sich nichts, wenn der Zedent zur Abtretung verpflichtet war u sich schadensersatzpflichtig gemacht hat (MüKo/Kieninger § 398 Rz 67).
Rn 16
Die Abtretung einer Forderungsmehrheit ist hinreichend bestimmt bei Übertragung aller Forderungen aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb (RG JW 32, 3760, 3761), aller Forderungen aus einer bestimmten Art von Rechtsgeschäften (RGZ 155, 26, 30; BGH WM 61, 350; Stuttg NJW 64, 666 [OLG Stuttgart 31.10.1963 - 3 U 69/63]), der Forderungen aus einem bestimmten Zeitraum, auch wenn einzelne Forderungen ausgenommen werden (BGH WM 66, 13, 14f), sowie der Gewährleistungsansprüche gg die ›am Bau beteiligten Bauunternehmer, Bauhandwerker u sonstige Dritte‹ (BGH NJW 78, 634 [BGH 22.12.1977 - VII ZR 45/77]). Hingegen fehlt es an der hinreichenden Bestimmbarkeit bei der Abtretung einer Mehrheit von Forderungen in Höhe eines Teilbetrags, wenn unklar ist, auf welche Forderungen oder Teilforderungen die Zession sich bezieht (RGZ 98, 200, 201 ff; BGH NJW 11, 2713 [BGH 07.06.2011 - VI ZR 260/10]; 17, 3373, 3375f [BGH 11.05.2017 - IX ZR 238/15]). Ebenfalls unwirksam ist die Abtretung aller Forderungen bis zu einem Höchstbetrag, sofern nicht bestimmt ist, welche Forderungen jeweils ›nachrücken‹ sollen (BGHZ 71, 75, 78f). Die Abtretung nach der jeweiligen Höhe einer anderen Forderung ist nur dann zulässig, wenn nicht nur Zedent u Zessionar, sondern auch der Schuldner sich Gewissheit über den Umfang der Abtretung verschaffen kann (BGH NJW 65, 2197; 00, 276). Der Abtretung eines Anspruchs des Versicherungsnehmers aus einer Gebäudeversicherung an mehrere Leistungserbringer ist mangels Bestimmtheit unwirksam, wenn für den Versicherer nicht hinreichend erkennbar ist, wie sich die abgetretene Forderung auf die Zessionare aufteilt u wie viel er deshalb an jeden von ihnen zu leisten hat (Hamm VersR 21, 377). Als unproblematisch angesehen wird eine Gehaltsabtretung in Höhe der jeweils pfändbaren Bezüge (BAG AP Nr 3; WM 80, 661, 662). Zulässig ist auch die sog Mantelzession. Dabei verpflichtet sich der Zedent, dem Zessionar Forderungen in bestimmbarer oder variabler Höhe abzutreten u diesem in bestimmten Intervallen die abgetretenen Forderungen genau aufzulisten. Die Abtretung wird erst mit der Übergabe der Listen wirksam, so dass dem Bestimmtheitserfordernis Genüge getan ist (LG Berlin WM 84, 224, 225). Allerdings ist der Zessionar bis zu diesem Zeitpunkt vor Abtretungen oder Pfändungen nicht geschützt (Staud/Busche § 398 Rz 57).