Gesetzestext
(1) 1Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt für den Mieter auch vor, wenn der gemietete Wohnraum so beschaffen ist, dass seine Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist. 2Dies gilt auch, wenn der Mieter die Gefahr bringende Beschaffenheit bei Vertragsschluss gekannt oder darauf verzichtet hat, die ihm wegen dieser Beschaffenheit zustehenden Rechte geltend zu machen.
(2) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt ferner vor, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, sodass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2a) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Absatz 1 liegt ferner vor, wenn der Mieter mit einer Sicherheitsleistung nach § 551 in Höhe eines Betrages im Verzug ist, der der zweifachen Monatsmiete entspricht. Die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten sind bei der Berechnung der Monatsmiete nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen. Einer Abhilfefrist oder einer Abmahnung nach § 543 Absatz 3 Satz 1 bedarf es nicht. Absatz 3 Nummer 2 Satz 1 sowie § 543 Absatz 2 Satz 2 sind entsprechend anzuwenden.
(3) Ergänzend zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 gilt:
1. |
1Im Falle des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a ist der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt. 2Dies gilt nicht, wenn der Wohnraum nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist. |
2. |
1Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. 2Dies gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen ist. |
3. |
Ist der Mieter rechtskräftig zur Zahlung einer erhöhten Miete nach den §§ 558 bis 560 verurteilt worden, so kann der Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs des Mieters nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung kündigen, wenn nicht die Voraussetzungen der außerordentlichen fristlosen Kündigung schon wegen der bisher geschuldeten Miete erfüllt sind. |
(4) Der zur Kündigung führende wichtige Grund ist in dem Kündigungsschreiben anzugeben.
(5) 1Eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Mieters von den Absätzen 1 bis 3 dieser Vorschrift oder von § 543 abweicht, ist unwirksam. 2Ferner ist eine Vereinbarung unwirksam, nach der der Vermieter berechtigt sein soll, aus anderen als den im Gesetz zugelassenen Gründen außerordentlich fristlos zu kündigen.
A. Allgemeines.
Rn 1
§ 569 ergänzt § 543 um Sonderbestimmungen für die Wohn- und Geschäftsraummiete (s daher auch § 543 Rn 1–3 sowie § 543 Rn 29–31). Ergänzend gilt, dass das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls treuwidrig oder verwirkt sein kann (BGH NZM 11, 32 [BGH 13.04.2010 - VIII ZR 206/09] Rz 5).
B. Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung (§ 569 I).
I. Allgemeines.
Rn 2
Der Mieter kann den Mietvertrag gem §§ 569 I 1, 543 fristlos kündigen, wenn der gemietete Wohnraum so beschaffen ist, dass seine Benutzung mit einer erheblichen (Rn 4) Gefährdung der Gesundheit verbunden ist (daneben besteht ein Kündigungsrecht aus § 543 II Nr 1). Es handelt sich um eine aus sozialpolitischen Erwägungen zu Gunsten des Mieters aufgenommene Vorschrift (BGHZ 29, 289, 294). § 569 I 1 entspringt dem Bedürfnis der Fürsorge für die Gesundheit des Mieters und seiner Angehörigen (BGH ZMR 04, 338, 339). Seine praktische Bedeutung liegt nicht nur auf bürgerlich-rechtlichem Gebiet. Er ist auch als Stütze für polizeiliche Maßnahmen gedacht und soll dem Mieter eine Handhabe dafür bieten, die Instandhaltung der Wohnung beim Vermieter durchzusetzen (LG Berlin ZMR 02, 752, 753). Das Recht gem §§ 569 I 1, 543 steht grds auch dem (gewerblichen) Zwischen- im Verhältnis zum Hauptvermieter zu (BGH ZMR 04, 338, 339).
II. Betroffene Räume.
Rn 3
Bei den betroffenen Räumen kann, muss es sich aber nicht um Wohnräume handeln. § 578 II 2 erklärt § 569 I außerdem auf Räume, die nicht Wohnräume sind, für anwendbar, falls sie zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Es kann sich daher auch um andere nach ihrer Zweckbestimmung zum Aufenthalt von Menschen bestimmte Räume handeln, zB Büroräume (Brandbg ZMR 17, 387), Gaststätten oder Wartezimmer (Kobl NJW-RR 92, 1228), aber auch eine Lagerhalle (Ddorf MietRB 16, 223). Ausreichend ist, dass sich bei vertragsgemäßem Gebrauch der Mieträume Menschen zumindest vorübergehend in den Räumen aufhalten. Der Aufenthalt von Menschen braucht aber nicht der einzige und nicht einmal der vorherrschende Zweck zu sein. Ob die Räume tatsächlich zum Aufenthalt ge...