Gesetzestext
(1) Auf eine Vereinbarung, nach der der Vermieter berechtigt sein soll, nach Überlassung des Wohnraums an den Mieter vom Vertrag zurückzutreten, kann der Vermieter sich nicht berufen.
(2) Ferner kann der Vermieter sich nicht auf eine Vereinbarung berufen, nach der das Mietverhältnis zum Nachteil des Mieters auflösend bedingt ist.
A. Anwendungsbereich und Zweck.
Rn 1
§ 572 will verhindern, dass der Kündigungsschutz für Wohnraummieter durch Vereinbarung eines Rücktrittsrechtes iSv §§ 346 ff zu Gunsten des Vermieters oder durch Vereinbarung einer auflösenden Bedingung umgangen wird.
Rn 2
Die nicht abdingbare Bestimmung gilt für Wohnraummiete, s § 557 Rn 3, nicht für Mietverhältnisse über Geschäftsraum, bei der Miete beweglicher Sachen und bei der Pacht. Für die Wohnraummiete gilt sie aber uneingeschränkt, also auch für die in § 549 II, III aufgeführten Mietverhältnisse. Die den Parteien durch § 572 I auferlegten Beschränkungen greifen dann, wenn die Wohnung dem Mieter überlassen worden ist. Eine Überlassung ist anzunehmen, wenn der Mieter den Besitz der Mietsache iSv § 854 (Rn 3 ff) erlangt hat, zB durch Übergabe der Schlüssel. Vor Besitzübergang gelten die allgemeinen Vorschriften. Vermieter können sich noch auf nach § 565a III aF zulässig vereinbarte auflösende Bedingungen weiterhin berufen (str).
B. Vereinbartes Rücktrittsrecht.
Rn 3
Die Mietvertragsparteien können bestimmen, dass jeder zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt sein soll. Entspr Regelungen sind wirksam. In Betracht kommt auch ein allein vom Willen des Vermieters oder von zusätzlichen Voraussetzungen abhängiges, hingegen kein gesetzliches Rücktrittsrecht.
Rn 4
Der Vermieter kann sich gem § 572 I nach Überlassung aber nicht auf dieses Rücktrittsrecht berufen. Er kann den Vertrag nach Überlassung nur durch eine Kündigung nach §§ 573 ff beenden. Ein dennoch erklärter Rücktritt kann im Einzelfall in eine Kündigungserklärung umgedeutet werden. Dies liegt nahe, wenn die formalen und materiellen Voraussetzungen eines Kündigungstatbestandes vorliegen und die Rücktrittserklärung sämtliche Begründungserfordernisse enthält. Der Mieter ist hingegen auch nach Überlassung nicht gehindert, nach den vertraglich bestimmten Voraussetzungen zurückzutreten.
C. Vereinbarte auflösende Bedingung.
Rn 5
Die Mietvertragsparteien können nach II keine auflösende Bedingung iSv § 158 II bestimmen, die dem Mieter nachteilig ist. Eine Regelung, wonach zB der Mietvertrag enden soll, wenn die Mitgliedschaft des Mieters in einer Genossenschaft (LG Berlin MM 92, 354; LG Lübeck ZMR 71, 135) bzw sein Dienst- oder Arbeitsverhältnis endet, ist nichtig (BGH ZMR 21, 206 Rz 41).
Rn 5a
Solche Mietverhältnisse sind wie Mietverträge auf unbestimmte Zeit zu behandeln (s.a. BGH ZMR 21, 206 Rz 42). Bei einem anderen Verständnis wäre der Vertrag bei Eintritt der Bedingung beendet. Gewollt ist aber, dass der Vertrag iÜ wirksam bleibt. Diese Wertung entspricht auch den Interessen der Parteien. Allerdings wird der Mieter nach dem Gesetz so behandelt, als sei die Bedingung wirksam. Er kann sich also auf die unwirksame Regelung berufen.
Rn 6
Umstritten ist, ob der Mietvertrag vor dem Eintritt der auflösenden Bedingung vom Vermieter ordentlich gekündigt werden kann. Dies ist zu bejahen.