Gesetzestext
(1) 1Ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen kann der Vermieter auch kündigen, ohne dass es eines berechtigten Interesses im Sinne des § 573 bedarf. 2Die Kündigungsfrist verlängert sich in diesem Fall um drei Monate.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, sofern der Wohnraum nicht nach § 549 Abs. 2 Nr. 2 vom Mieterschutz ausgenommen ist.
(3) In dem Kündigungsschreiben ist anzugeben, dass die Kündigung auf die Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2 gestützt wird.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
A. Grundsätzliches.
Rn 1
Die verfassungsrechtlich unbedenkliche (BVerfG WuM 94, 520) zulasten des Mieters nicht abdingbare Norm entspricht weitgehend § 564b IV aF, wobei die Sonderregelung für Dreifamilienhäuser, die bis 1.6.99 ausgebaut wurden, aus Vereinfachungsgründen nicht übernommen wurde. Für Mietverhältnisse, bei denen der Vermieter in seinem Wohn- und Lebensbereich in besonders engem räumlichen Kontakt mit dem Mieter steht und deshalb eine leichtere Auflösung eines zerrütteten Mietverhältnisses möglich sein soll, wird für die Kündigung nicht das Vorliegen eines berechtigten Interesses (§ 573 I, II) verlangt. Eine geringe Nutzung des Vermieters (3 Tage alle 2 Monate) ist für die Kündigungsprivilegierung nach § 573a nicht ausreichend (LG Traunstein 3.5.23 – 3 S 2451/22). Die Sperrfrist des § 577a greift hier nicht, BGH ZMR 10, 939.
B. Anwendungsbereich.
Rn 2
§ 573a I erfasst ein Mietobjekt in einem Gebäude (zum Begriff und Zeitpunkt LG Ddorf ZMR 16, 624, LG Köln WuM 15, 680, AG Hbg-Altona ZMR 13, 812; zu Haushälften LG Köln WuM 15, 680), das aus nur zwei Wohnungen (neben evtl weiteren gewerblich genutzten Räumen, BGH ZMR 08, 877, MüKo/Häublein § 573a Rz 8 ff) besteht, deren eine der Mieter, die andere der Vermieter bewohnt; verneint bei weiterer Einliegerwohnung (BGH ZMR 11, 363; AG Hamburg-Bergedorf ZMR 12, 451). § 573a II betrifft Mietverhältnisse, bei denen der Mieter Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung bewohnt, sofern der Vermieter diesen Wohnraum nicht ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat (dann gilt § 549 II Nr 2). Als Ausgleich dafür, dass die Kündigung ohne berechtigtes Interesse möglich ist, verlängert sich die jeweils maßgebliche Kündigungsfrist um drei Monate, § 573a I 2. Die Kündigung ist in dem Kündigungsschreiben als solche nach § 573a zu bezeichnen, § 573a III.
C. Voraussetzungen des Sonderkündigungsrechts.
I. Ein Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen, § 573a I.
Rn 3
Der Begriff ›Wohnung‹ (Drasdo NJW-Spezial 16, 481) bedeutet mehr als nur Wohnraum und erfordert eine selbstständige, räumlich und wirtschaftlich abgeschlossene Wohneinheit, in der ein selbstständiger Haushalt geführt werden kann (AG Nürtingen WuM 17, 538, LG Saarbrücken ZMR 07, 540, KG JW 25, 1125). Eigene Küche oder Kochgelegenheit (LG Bonn WuM 92, 24), Wasserversorgung und Toilette sind erforderlich. Zwei Zimmer, von denen eines eine Wohnküche mit Küchenzeile darstellt, mit separater Toilette im Treppenhaus genügen (LG Köln ZMR 99, 560). Die Zahl der Zimmer ist nicht entscheidend.
Rn 4
Während bis zur MietRReform sich die Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Wohngebäude befinden musste, genügt nunmehr die Belegenheit in einem Gebäude. Die Norm gilt jetzt auch, wenn in einem auch gewerblich genutzten Haus (BGH ZMR 08, 877) nur zwei Wohnungen (AG Hambg-Bergedorf ZMR 12, 451) bestehen, von denen eine vom Vermieter bewohnt wird. Es kommt nicht darauf an, dass die Gewerberäume vom Vermieter selbst genutzt werden. Das notwendig als nur ein (!) Gebäude (LG Köln WuM 03, 278 [LG Köln 04.12.2002 - 9 S 150/02]) anzusehende Objekt darf nicht mehr als zwei Wohnungen aufweisen. Ob der Vermieter Eigentümer des Hauses ist oder selbst Mieter und die andere Wohnung untervermietet hat, ist nicht von Bedeutung.
Rn 5
Str ist, welcher Zeitpunkt für die Frage, ob sich in dem Gebäude nicht mehr als zwei Wohnungen befinden, maßgeblich ist. Nach OLG Hamburg (ZMR 82, 282): Begründung des Mietverhältnisses, während heute die hM (Rn 7; Staud/Rolfs § 573a Rz 10; LG Berlin GE 99, 507) auf den des Ausspruchs der Kündigung abstellt. Der Vermieter soll eine Veränderung des Bestandschutzes vornehmen dürfen in den Grenzen von Treu und Glauben (§ 242). Nach beiden Ansichten muss zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung das Merkmal ›nicht mehr als zwei Wohnungen‹ erfüllt sein. Weitere vermietete Einzelzimmer, die den Begriff ›Wohnung‹ nicht erfüllen, sind unschädlich. Der Charakter eines Zweifamilienhauses muss aber weitergegeben sein.
Rn 6
Befinden sich in dem Gebäude baulich gesehen drei Wohnungen, von denen der Vermieter zwei bewohnt oder nutzt von drei Wohnungen der Mieter zwei, so ist § 573a I grds nicht anwendbar, es sei denn die Doppelwohnungen wären funktional nur als eine Wohnung zu qualifizieren (LG Saarbrücken ZMR 07, 540). Mietet in einem Haus mit drei Wohnungen, von denen der Vermieter eine selbst bewohnt, der Mieter im Laufe des Mietverhältnisses die dritte Wohnung zum...