Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Rn 51
Ohne Einfluss auf den Vergütungsanspruch des Maklers bleiben nachträgliche Geschehnisse mit Wirkungen auf den Hauptvertrag. Die Parteien des Hauptvertrags können sich dem Vergütungsanspruch insb nicht dadurch entziehen, dass sie den Vertrag einvernehmlich aufheben (BGH NJW-RR 93, 248 [BGH 11.11.1992 - IV ZR 218/91]; 02, 50 [BGH 27.09.2001 - III ZR 318/00]). Gleiches gilt für den Rücktritt aufgrund eines gesetzlichen Rücktrittsrechts (BGH NJW 74, 694 [BGH 09.01.1974 - IV ZR 71/73]) sowie die Minderung (BGH WM 77, 21; Hamm NJW-RR 00, 1724 [OLG Hamm 22.11.1999 - 18 U 60/99]). Das gilt unabhängig davon, ob das gesetzliche Rücktrittsrecht über das Gewährleistungsrecht (§§ 437 Nr 2, 634 Nr 3) oder das allg Leistungsstörungsrecht (§§ 323, 326 V) berufen ist. In die Reihe lassen sich ferner die Kündigung (BGH NZG 12, 427 [BGH 01.03.2012 - III ZR 83/11]) und die Wirkungen beim Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 III) einordnen (BGH NJW-RR 05, 1506 [BGH 14.07.2005 - III ZR 45/05]), aber auch die nachträgliche Unmöglichkeit der Sachleistung. Das Risiko der nachträglichen Vertragseinwirkungen trägt der Auftraggeber des Maklervertrags. Der BGH hat auch die Forderung von Schadensersatz statt der ganzen Leistung aufgrund einer Pflichtverletzung als für die Vergütung unschädlich angesehen, wenn die ursprüngliche Wirksamkeit des Vertrags erhalten bleibt (BGH NJW 09, 2810 [BGH 09.07.2009 - III ZR 104/08]).
Rn 52
Die Grundsätze sind allerdings nicht für alle Fälle passend. Wird ein Vertrag gekündigt, obwohl auch eine Anfechtung (zB wegen arglistiger Täuschung) hätte erklärt werden können, so verwirklicht sich letztlich doch der anfängliche Makel. Das gilt insb im Gesellschaftsrecht, wenn die Kündigung als Gestaltungsrecht auch für Anfechtungsgründe in Betracht kommt (BGH NJW 79, 976 [BGH 31.01.1979 - VIII ZR 93/78]). Hier ist der Anspruch auf Vergütung ausgeschlossen (BGH NJW 01, 966 [BGH 14.12.2000 - III ZR 3/00]). Für den vertraglichen Rücktritt oder die einvernehmliche Vertragsaufhebung kann bei vorhandener Anfechtungslage nichts anderes gelten (Hambg NJW-RR 99, 351 [OLG Hamburg 02.06.1998 - 11 U 176/96]; Köln NJW-RR 97, 693). Darauf hat der BGH (NJW 05, 3778, 3779 [BGH 22.09.2005 - III ZR 295/04]) für den Fall der Arglist nochmals hingewiesen. Umstr ist das Schicksal des Vergütungsanspruchs, wenn neben dem Rücktrittsgrund eine Anfechtungsmöglichkeit nach § 119 II besteht. Dabei ist zu entscheiden, ob der Vorrang des Gewährleitungsrechts im Hauptvertrag auf den Maklervertrag zu übertragen ist (eher abzulehnen: MüKo/Althammer § 652 Rz 188; Grüneberg/Retzlaff § 652 Rz 39). Der Rücktritt des Käufers/Maklerkunden vom Kaufvertrag allein wegen der Möglichkeit, daneben auch den sog großen Schadensersatz geltend zu machen, führt nicht dazu, dass er sich dem Makler gegenüber nicht mehr auf die Anfechtbarkeit des Hauptvertrags berufen kann (Hamm BeckRS 19, 44961).
Rn 53
Besondere Schwierigkeiten wirft die Zuweisung des Risikos im Hinblick auf den Vergütungsanspruch beim vertraglichen Rücktrittsrecht und dem Widerrufsrecht auf. Während bei der Ausübung des gesetzlichen Rücktrittsrechts der Vergütungsanspruch regelmäßig unberührt bleibt (Rn 51, 52), ist beim vertraglichen Rücktrittsrecht zu differenzieren. Die Rspr folgt der Zuweisung des Risikos zum Auftraggeber nur, wenn mit der Vereinbarung lediglich eine Verstärkung oder Absicherung des gesetzlichen Rücktrittsrechts erfolgen soll, also eine Nachbildung der §§ 323, 324 erfolgt (BGH NJW 74, 695 [BGH 09.01.1974 - IV ZR 71/73]; WM 93, 342 [BGH 11.11.1992 - IV ZR 218/91]). Anders soll dagegen zu entscheiden sein, wenn ein vorbehaltsloses Rücktrittsrecht eingeräumt wird (BGHZ 66, 270; Schlesw NZM 10, 873; Karlsr NJW-RR 05, 574). Letztlich wird sich die Gefahr nur anhand des Einzelfalles dem Vertragsschluss oder der Vertragsdurchführung zuweisen lassen (BGH NJW 97, 1583 [BGH 20.02.1997 - III ZR 81/96]). Maßgebend ist die Vereinbarung im Maklervertrag. Von der Zuordnung der Gefahr zum Vertragsschluss soll auszugehen sein, wenn das Rücktrittsrecht an die Zahlung des Kaufpreises geknüpft wird und mit der Zahlung die Vergütung beglichen werden sollte (Kobl NJW-RR 97, 887). Gleiches dürfte für die Fälle gelten, in denen das Rücktrittsrecht von Umständen bzw Unsicherheiten abhängig gemacht wird, die von keiner Partei beeinflussbar sind (Dresd NJW-RR 96, 694 [OLG Dresden 29.03.1995 - 8 U 1086/94]) oder an kurze Fristen gebunden werden (BGH NJW-RR 00, 1302 [BGH 13.01.2000 - III ZR 294/98]). Letzteres dürfte auch auf das Widerrufsrecht zutreffen.
Rn 54
Den Gefahren der Vertragsdurchführung ist die Ausübung eines schuldrechtlichen Vorkaufsrechts zuzuweisen. Für einen Verkäufer bestehen insoweit zwei Möglichkeiten, von denen er eine Möglichkeit erst durch seine Entscheidung vereitelt. Auf den Vergütungsanspruch des Maklers hat dies keine Auswirkung (Staud/Arnold § 653 Rz 114). Führt der Hauptvertrag aber deshalb nicht zum Erfolg, weil ein gesetzliches oder dingliches Vorkaufsrecht ausgeübt wird,...