Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Rn 2
Der Ersatzanspruch setzt Aufwendungen voraus, die der Beauftragte für erforderlich halten durfte und zum Zwecke der Ausführung des Auftrags getätigt hat. Grds besteht der Anspruch nur bei einem wirksamen Auftragsverhältnis. Allerdings wendet die Rspr (seit BGHZ 37, 258) § 670 bei Tätigkeiten aufgrund eines vermeintlichen Auftrags über die GoA ebenfalls an (§§ 683, 670; s § 683 Rn 8; nicht bei fehlender Weisung: § 665 Rn 6). Auf die tatsächliche oder erfolgreiche Besorgung eines Geschäfts kommt es für den Anspruch nicht an; ein Handeln des Beauftragten ist aber notwendig (BGHZ 137, 43).
I. Aufwendungen.
Rn 3
Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer. Es muss sich einerseits um Vorgänge handeln, die für das Vermögen von Bedeutung sind (BGHZ 38, 302) und sich negativ darauf auswirken (nicht: eigene Arbeitskraft oder Zeit). Andererseits ist die Freiwilligkeit erforderlich, dadurch unterscheiden sich Aufwendungen von Schäden. Die Freiwilligkeit wird durch eine Verpflichtung ggü Dritten nicht ausgeschlossen. Aufwendungen können durch Auslagen in Geld oder den Verbrauch von Sachen (zB Treibstoff) bzw Rechten (zB Aufrechnung) entstehen (§ 256). Ferner können sich Aufwendungen aus gewährten Sicherheiten oder aus eingegangenen Verbindlichkeiten ergeben (§ 257).
Rn 4
Für den Ersatzanspruch nach § 670 sind nur solche Aufwendungen relevant, die zweckgerichtet im Hinblick auf das zu besorgende fremde Geschäft erbracht werden (BGH NJW 89, 1284) oder sich als notwendige Folge im Einzelfall ergeben (RGZ 75, 208: Steuern, Gebühren; zur Befreiung von Verbindlichkeiten bei Ehegatten nach Scheitern der Ehe, BGH FamRZ 15, 818). Umstr ist die Behandlung von allgemeinen Unkosten (Nutzung des eigenen Fahrzeugs, Telefon usw). Bei Anwendung der genannten Kriterien können auch insoweit Aufwendungen vorliegen (diff BeckOGK/Riesenhuber § 670 Rz 31.1, für die GoA: BGHZ 65, 384; aA BeckOKBGB/Fischer § 670 Rz 8). Keine Aufwendung ist alles, was zum Inhalt der Leistung selbst zu rechnen ist und damit unentgeltlich erbracht werden muss (zB eigene Arbeitsleistung und Arbeitszeit, normale Abnutzung an Sachen, die zur Ausführung verwendet werden: BAGE 89, 26).
II. Ersatzfähigkeit.
Rn 5
Im Gegensatz zum Vorschuss (§ 669) kommt es für die Ersatzfähigkeit der Aufwendungen nicht nur auf die Erforderlichkeit aus objektiver Sicht an. Entscheidend ist vielmehr, was der Beauftragte nach sorgfältiger Prüfung der ihm bekannten Umstände vernünftigerweise aufzuwenden hatte (BGHZ 95, 375; BAG NJW 89, 1694, für Vorstellungskosten). Bei der Einschätzung sind die Interessen des Auftraggebers im Zeitpunkt der auslösenden Handlung maßgeblich zu berücksichtigen (BGHZ 191, 325, für die Kosten der Beerdigung eines Verstorbenen; BGH GRUR 12, 756, 759, zur Erforderlichkeit der Mitwirkung eines Patentanwalts; zu den Anforderungen bei Kreditkartenunternehmen, München BeckRS 19, 17375). An der Erforderlichkeit der Aufwendungen für die Ausführung fehlt es grds, wenn die Geschäftsbesorgung verboten (§ 134) oder sittenwidrig (§ 138) ist (BGHZ 37, 258; 118, 142; BGH NJW 1997, 47; zum Fall des nicht offen zu Tage tretenden Gesetzesverstoßes, Saarbr OLGR 09, 453). Gleiches gilt für die Übernahme von Sicherheiten für unwirksame oder verjährte Forderungen bzw deren Bezahlung (BGHZ 95, 375), als überhöht erkennbare Beträge sowie grds für Schmiergelder und ähnl Sonderzahlungen (BGHZ 94, 268).
III. Ersatz von Schäden.
Rn 6
Eine Regelung zum Ersatz für ausführungsbedingt entstandene Schäden des Beauftragten fehlt im Auftragsrecht. Der Auftraggeber haftet unter den allgemeinen Voraussetzungen (§ 280 I) für einen kausalen Schaden. Als Pflichtverletzung kommt insb ein Verstoß gegen § 241 II in Betracht. Darüber hinaus ist allgemein anerkannt, dass der Auftraggeber auch ohne Verschulden für Schäden des Beauftragten einstehen muss, die sich aufgrund eines mit der Geschäftsbesorgung verbundenen Risikos realisiert haben (Zufallsschäden, vgl Stuttg NJW-RR 11, 606 [OLG Stuttgart 03.11.2010 - 3 U 109/10], für die Beschädigung eines Mähwerks durch verborgene Schachtdeckel). Umstr ist lediglich, ob § 670 insoweit (zumindest analog) anwendbar (BGHZ 33, 251; 38, 270; 89, 153) oder der Ersatz auf eine Risikohaftung zu stützen ist (Canaris RDA 66, 41; Genius AcP 173, 481, 512).
Rn 7
Für die Beurteilung der Ersatzfähigkeit lassen sich verschiedene Stufen unterscheiden: Eine Sonderregelung enthält § 716 (Ersatz von Verlusten). Gleiches gilt für Arbeitgeber ggü ihren Arbeitnehmern aufgrund der Eingliederung in die fremde Organisation, sofern für die Gefahren kein besonderes Entgelt bezahlt wird und die Vermögenseinbuße über den normalen Verschleiß hinausgeht (BAGE 33, 108). Für Besorgungen in einer Notlage ergibt sich ein Ersatzanspruch des Beauftragten wegen seiner Aufopferung aus Billigkeit (BGHZ 52, 115). Bei anderen Auftragsverhältnissen hat der Auftraggeber Ersatz zu leisten, wenn sich tätigkeitsspezifische Risiken in einem Schaden verwirklicht haben (BGHZ 38, 270). Dazu zählen auch Schäden aus der Betriebsgefahr eines vom Beauftragen eingesetzten Fahrzeugs...