Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Gesetzestext
(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.
(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.
A. Regelungsgegenstand.
Rn 1
§ 675 enthält einerseits Regeln zur entgeltlichen Geschäftsbesorgung (§ 675 I) und andererseits Regeln über die Haftung für Rat und Empfehlung (§ 675 II). Gewinnspieldienste sind nach ihrer jeweiligen Ausgestaltung als Werkverträge oder Geschäftsbesorgungsverträge anzusehen. Der mit der Textform verbundene Übereilungsschutz soll die besonders gefährlichen telefonischen Vertragsabschlüsse unterbinden (vgl BTDrs 17/13057 S 12). Die Vorschrift steht am Beginn eines eigenen Unterabschnitts über den Geschäftsbesorgungsvertrag. Der Unterabschnitt wurde im Zuge der Umsetzung der Überweisungs- (97/5/EG, ABl L 43, 25) und der Zahlungsrichtlinie (98/26/EG, ABl L 166, 45) in das deutsche Recht eingefügt und im Zuge der Umsetzung der Richtlinie über die Zahlungsdienste (2007/64/EG, ABl L 319, 1) neu strukturiert. Besondere Regelungen haben die Zahlungsdienste in einem eigenen Untertitel erfahren (§§ 676c ff). Bei Verbindungen eines Sachverhalts zu anderen Rechtsordnungen bestimmt sich die Anwendung des deutschen Rechts nach Art 3 I, 4 ROM I.
B. Geschäftsbesorgung.
I. Wesen und Begriff.
Rn 2
Der Geschäftsbesorgungsvertrag ist ein Dienst- oder Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (§ 675 I). Er ist ein gegenseitiger Vertrag, auf den zahlreiche Vorschriften des Auftragsrechts anwendbar sind. Vom Auftrag unterscheidet sich der Geschäftsbesorgungsvertrag nicht nur durch die Entgeltlichkeit (Staud/Martinek/Omlor vor §§ 662 ff Rz 9 ff). Die Festlegung der Geschäftsbesorgung erfolgt vielmehr ausgehend vom Dienst- bzw Werkvertrag. § 675 I geht davon aus, dass es besondere Tätigkeiten gibt, die grds dem Dienst- bzw Werkvertrag zuzuordnen sind, für die das Auftragsrecht aber sachgerechtere Regelungen enthält. Nach hM muss die Tätigkeit selbstständig ausgeübt werden, wirtschaftlicher Art sein und der Wahrnehmung fremder Interessen dienen (BGHZ 45, 223; NJW-RR 92, 560; 04, 989). In der Lit wird überwiegend betont, dass es in Bezug auf die ›Geschäftsbesorgung‹ nicht um eine exakte begriffliche Festlegung, sondern um die Umschreibung eines Typus gehe (etwa MüKo/Heermann § 675 Rz 4).
1. Merkmale.
Rn 3
Erscheinungsformen der entgeltlichen Geschäftsbesorgung sind insb Beratungen in rechtlichen, steuerlichen oder wirtschaftlichen Angelegenheiten sowie die Leistungen im Zusammenhang mit Vertragsabschlüssen (zB Vermittlung: dazu BGH NJW 11, 1726, Vertretung; zur möglichen gleichzeitigen Tätigkeit im eigenen und im fremden Namen, BGH NJW 13, 1873 [BGH 01.03.2013 - V ZR 279/11]) für Rechnung des Geschäftsherrn oder mit dessen Vermögen (Bank-, Baubetreuung oder Treuhandvertrag). Zusätzliche Entgelte für vertragsgemäß geschuldete Leistungen sind durch AGB-Klauseln nicht vereinbar (BGH NJW 11, 1726 [BGH 13.01.2011 - III ZR 78/10], zur Werbemittel- und Platzmietpauschale eines gewerblichen Autohändlers, der als Vermittler tätig wird).
Rn 4
Eine selbstständige Tätigkeit setzt neben einem aktiven Tun (s § 662 Rn 6) ein gewisses Maß an Eigenverantwortlichkeit beim Geschäftsbesorger voraus. Das Kriterium der Eigenverantwortlichkeit schränkt den Kreis der Tätigkeiten ggü dem Auftrag ein. Ohne einen Spielraum bei der Überlegung oder Betätigung des Willens (fehlt bei Arbeitsverhältnissen) liegt keine Geschäftsbesorgung vor (BGHZ 137, 69). Die Tätigkeit wird idR auf rechtsgeschäftliches Handeln gerichtet sein; tatsächliches Handeln ist aber ebenfalls ausreichend (Grüneberg/Grüneberg § 675 Rz 3).
Rn 5
Die Tätigkeit muss wirtschaftlicher Art sein und sich im Gegensatz zum Auftrag und der GoA dem Bereich des Wirtschaftslebens zuordnen lassen (Staud/Martinek/Omlor § 675 Rz A 16). Der Vermögensbezug allein ist nicht ausreichend. Keine Geschäftsbesorgungen idS sind bspw die Tätigkeiten im nicht wirtschaftlichen Bereich als Arzt, Musiker oder Künstler.
Rn 6
Die Tätigkeit muss einen Vermögensbezug aufweisen, nur auf diesem Wege ist die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen möglich. Das kann durch das Verwalten, das Halten und die Vermehrung des Vermögens des Geschäftsherrn geschehen. Fremdnützigkeit liegt vor, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, die an sich der Geschäftsherr selbs...