Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Rn 3
Die Regelung betrifft nicht autorisierte Zahlungsvorgänge. Sie hängt daher sehr eng mit § 675j zusammen, der die Voraussetzungen für die Autorisierung regelt. Im Falle der nicht autorisierten Zahlungsvorgänge (etwa nicht autorisierte Überweisungen im Online-Banking; anders aber für Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glückspiel, BGH MDR 23, 1463 [BGH 19.09.2023 - XI ZR 343/22]) verhindert die Vorschrift einerseits das Entstehen eines Aufwendungsersatzanspruchs (§ 670) des Zahlungsdienstleisters gegen den Zahler. Das Risiko der Fälschung wird dem Zahlungsdienstleister auferlegt. Auf der anderen Seite gewährt die Norm dem Zahler einen Anspruch auf Erstattung eines auf dem Zahlungskonto belasteten Betrags mit Rückwirkung. Dabei handelt es sich um eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht des Zahlungsdienstleisters ggü dem Zahler. Weitere Ansprüche mit dem gleichen Anspruchsziel kommen neben dem Erstattungsanspruch nicht in Betracht (zB ungerechtfertigte Bereicherung oder GoA, § 675z). Unterschiedslos in AGB vereinbarte Entgelte pro Buchungsposten verstoßen gegen die Regelung (BGH ZIP 15, 1720). In Bezug auf verschuldensabhängige Schadensersatzansprüche und den Ersatz von Folgeschäden ist die Maßgabe des § 675z zu beachten. Die Regelung setzt Art 73 I der Zahlungsdiensterichtlinie um. Die vorgenommene Risikoverteilung in der Norm führt dazu, dass, wenn ein Anbieter von TK-Dienstleistungen Sorgfaltspflichten aus dem Vertragsverhältnis mit seinem Kunden verletzt und ermöglicht, dass Dritte im Online-Banking-Verfahren eine nicht autorisierte Überweisung vom Bankkonto des Kunden veranlassen, der Bank ggü dem Anbieter weder ein eigener Schadensersatzanspruch unter dem Aspekt des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte zusteht noch kann sie nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation einen an sie abgetretenen Anspruch des Kunden geltend machen (Ddorf MMR 21, 649 [OLG Dresden 26.02.2021 - 4 W 77/21]).
I. Aufwendungsersatz.
Rn 4
Nur im Fall eines autorisierten Zahlungsvorgangs entsteht ein Aufwendungsersatzanspruch des Zahlungsdienstleisters des Zahlers gegen den Zahler. Der Ersatzanspruch selbst ergibt sich aus § 670. Die Aufwendungen des Zahlungsdienstleisters des Zahlers in Form des Zahlungsbetrags können nicht ersetzt werden, wenn es an der Autorisierung durch den Zahler fehlt. Eine Autorisierung liegt nur vor, wenn eine Zustimmung des Zahlers in Form der Einwilligung oder Genehmigung erteilt wurde (§ 675j I). Ein wirksamer Widerruf der Zustimmung führt ebenfalls zu einem nicht autorisierten Zahlungsvorgang (§ 675j II). Bei einem Missbrauch einer Kreditkarte durch Dritte liegt keine Autorisierung vor, so dass ein Aufwendungsersatzanspruch entfällt (entspr § 676h aF). Bei der Verwendung von Zahlungsinstrumenten sind die besonderen Pflichten nach § 675l zu beachten, deren Verletzung aber zu Schadensersatzansprüchen führen können (§ 675v). Schadensersatzansprüche sind auch in anderen Fällen nicht ausgeschlossen.
II. Erstattungsanspruch.
Rn 5
Wird ein nicht autorisierter Zahlungsvorgang durch den Zahlungsdienstleister des Zahlers ausgeführt, besteht ein Erstattungsanspruch des Zahlers (etwa Widerruf einer Einzugsermächtigung im Zeitfenster des § 675p II). Der Erstattungsanspruch ist verschuldensunabhängig ausgestaltet und nicht abdingbar. Wird ein Zahlungskonto durch Belastungen verändert (auch Kontokorrent), führt der Anspruch auf Erstattung ferner zur rückwirkenden Berichtigung des Kontos. Das Zahlungskonto ist auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die nicht autorisierte Belastung befunden hätte. Es ist eine valutarische Berichtigung vorzunehmen. Ist der vom Zahler verfolgte Zweck gleichwohl eingetreten, kann die Geltendmachung gegen § 242 verstoßen. Der Zahlungsdienstleister hat gegen den Zahlungsempfänger die Möglichkeit der (Nichtleistungs-)Kondiktion (BGH NJW 15, 2725; WM 15, 1631).
Rn 6
Der Erstattungsanspruch ist unverzüglich zu erfüllen. Die Fälligkeit tritt folglich ein, nachdem der Zahlungsdienstleister eine ›ohne schuldhaftes Zögern‹ durchzuführende Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen abgeschlossen hat. Die Regelung enthält insoweit eine objektive Höchstfrist von zwei Geschäftstagen. Die Höchstfrist endet am folgenden Geschäftstag, nachdem der Zahlungsdienstleister Kenntnis davon erhalten hat, dass der Zahlungsvorgang nicht autorisiert ist, oder ihm dies angezeigt wurde.
Rn 7
Die Höchstfrist von zwei Geschäftstagen gilt allerdings dann nicht, wenn der Zahlungsdienstleister berechtigte Gründe für den Verdacht hat, dass ein betrügerisches Verhalten des Zahlers selbst (Versuch reicht aus) vorliegt, und er diese Gründe der zuständigen nationalen Behörde schriftlich mitgeteilt hat. In diesem Fall gilt nicht die Höchstfrist, sondern eine Frist zur unverzüglichen Prüfung des Vorgangs und ggf zur anschließenden Erfüllung des Erstattungsanspruchs. Der Erstattungsanspruch ist dann nicht fällig, bevor der Zahlungsdienstleister nicht die Gelegenheit hatte, die Berechtigung des Anspruchs einer ›ohne schuldhaftes Zögern‹ durchgeführten Prüfun...