Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Rn 2
I gilt nur für Zahlungsvorgänge, die vom Zahler ausgelöst werden. Die Regelung findet auf die innerhalb des EWR getätigten Bestandteile des Zahlungsvorgangs bei ›one-leg transactions‹ keine Anwendung (VIII). Sie gewährt dem Zahler einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf unverzügliche (§ 121) und ungekürzte Erstattung des Zahlungsbetrags gegen seinen Zahlungsdienstleister, falls bestimmte Störungen bei der Ausführung eines Zahlungsauftrags auftreten. Eine Nachfrist ist nicht erforderlich. Vom Anwendungsbereich umfasste Störungen sind die nicht erfolgte und die fehlerhafte Ausführung des Zahlungsauftrags. Nicht erfolgt ist die Ausführung, wenn der Zahlungsdienstleister schon gar keinen Versuch unternommen hat, den Zahlungsauftrag auszuführen oder der Zahlungsbetrag verloren geht. Eine fehlerhafte Ausführung ist anzunehmen, wenn der Zahlungsbetrag gekürzt oder fehlgeleitet wird. Eine solche Störung liegt aber nur vor, wenn der Zahlungsbetrag nicht beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers angekommen ist (5). Die bloße Verspätung ist daher keine fehlerhafte Ausführung iSd Norm (vgl III und IV). Ein Finanztransferunternehmen, das einen Auftrag für einen Geldversand übernommen hat, handelt grds auftragsgemäß, wenn es das Geld an die Person auszahlt, die es nach dem Auftrag und nach sorgfältiger Prüfung eines Identifikationspapiers am Auszahlungsort für empfangsberechtigt halten durfte (Saarbr NJW-RR 15, 739 [OLG Saarbrücken 08.01.2015 - 4 U 16/14]).
Rn 3
Wurde der Zahlungsbetrag einem Zahlungskonto (zB Girokonto) belastet, ist mit der Erstattung die Belastung vollständig zu beseitigen. Das Konto ist auf den Stand zu bringen, den es ohne den fehlerhaften Zahlungsvorgang gehabt hätte (I 2). Dazu zählt auch die Erstattung etwa belasteter Zinsen (Sollzinsen) oder nicht gewährter Zinsen (Habenzinsen). Es ist die belastete Valuta buchungstechnisch zu beseitigen.
Rn 4
I 3 regelt den Fall, dass der Zahlungsvorgang vom Zahler über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst wurde. Die Pflichten bei nicht erfolgter oder fehlerhafter Ausführung eines Zahlungsauftrags treffen allein den kontoführenden Zahlungsdienstleister. Bei Einschaltung eines Zahlungsauslösedienstleisters ist dem Zahler allein der kontoführende Zahlungsdienstleister zur Erstattung des Zahlungsbetrags bzw Korrektur des belasteten Kontos verpflichtet. Auch insoweit wird dem Zahlungsdienstleister die Haftung für einen Dritten auferlegt, den er selbst nicht in die vertraglichen Beziehungen eingeschaltet hat und dem er den Zugriff auf das Zahlungskonto des Zahlers auch nicht verwehren kann (zum Regress § 676a I). Gegen den Zahlungsauslösedienstleister stehen dem Zahler dagegen keine entspr Ansprüche zu.
Rn 5
Werden bei der Ausführung eines Zahlungsvorgangs Beträge (zB Entgelte) abredewidrig einbehalten, hat der Zahler gegen seinen Zahlungsdienstleister (idR das ausführende Kreditinstitut) einen Haftungsanspruch. Es handelt sich um eine Spezialregelung der Haftung des Zahlungsdienstleisters des Zahlers für den Fall der gekürzten Übermittlung des Zahlungsbetrags. Der Zahler kann die unverzügliche Übermittlung des abgezogenen Betrags an den Zahlungsempfänger verlangen (I 4). Ein Wahlrecht besteht nicht. Die Erstattung an sich selbst ist nicht vorgesehen. Zusätzliche Gebühren oder Auslagen dürfen nicht berechnet werden. Beträge werden abredewidrig einbehalten, wenn der nach dem Zahlungsauftrag zu überweisende Betrag nicht vollständig auf dem Konto des Zahlungsempfängers (institutsintern) bzw beim Zahlungsdienstleister des Empfängers (institutsfremd) eingeht. Der Grund für die Abweichung ist nicht entscheidend (zB Verrechnung von Gebühren durch ein zwischengeschaltetes Kreditinstitut). Bei institutsinternen Zahlungsvorgängen kann es zur Konkurrenz mit dem Anspruch des Empfängers aus § 675t (§ 675t Rn 5) kommen. Bei Erfüllung eines Anspruchs wird der Zahlungsdienstleister frei (§ 428).
Rn 6
Die Haftung, gerichtet auf die Erstattung bzw Bereinigung der Belastung des Zahlungskontos, und auch die Haftung bei gekürzter Übermittlung von Zahlungsbeträgen entfällt, wenn der Zahlungsdienstleister den Nachweis des rechtzeitigen und ungekürzten Eingangs des Betrags beim Zahlungsdienstleister des Empfängers erbringt (I 5). Der Haftungsausschluss greift aber nur beim Nachweis des rechtzeitigen Eingangs. Ein verspätet eingegangener Betrag hat keinen Haftungsausschluss zur Folge. Ist der Zahlungsbetrag allerdings beim Zahlungsdienstleister des Empfängers vorhanden, entfällt die Haftung ab dem Zeitpunkt des Eingangs. Das Ziel, dem Empfänger den Zahlungsbetrag verfügbar zu machen, ist über § 675t gewährleistet.
Rn 7
Das Erstattungsverlangen des Zahlers und die Erstattung durch den Zahlungsdienstleister führen zur Aufhebung des Zahlungsauftrags. Der Zahlungsdienstleister hat keinen Anspruch auf das vereinbarte Entgelt oder Auslagen. Ein danach ausgeführter Zahlungsvorgang (zB Überweisung) führt idR zu einem Bereicherungsanspruch des Kreditinstituts gegen den Empfänger (...