Rn 91
Lehre und Kasuistik zum Bereicherungsausgleich in Mehrpersonenverhältnissen sind stark geprägt von besonderen Rückabwicklungsproblemen beim bargeldlosen Zahlungsverkehr, für den durch die Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie (RL 2007/64/EG v 13.11.07) mit Einfügung der §§ 675c – 676c seit dem 31.10.09 neue rechtliche Grundlagen gelten (vgl Kommentierung zu §§ 675c ff; Hauck JuS 14, 1066). Die zivilrechtlichen Grundstrukturen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs haben sich trotz einiger Modifizierungen im Detail dadurch nicht geändert (aA nunmehr BGHZ 205,377 Rz 22). Sie sollen deshalb kurz beleuchtet werden. Beim Überweisungsauftrag erteilt B (Anweisender/Zahler) seiner Bank A (Angewiesener/Zahlungsdienstleister) den Auftrag, einen im Valutaverhältnis geschuldeten Geldbetrag auf ein Konto des C (Anweisungsempfänger/Zahlungsempfänger) bei dessen Bank zu transferieren. Dann ist die Schuldnerbank A im Deckungsverhältnis mit B aufgrund des dort bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrages (zumeist in Form eines Girovertrages als Zahlungsdiensterahmenvertrag iSd § 657 f II) bei ausreichender Kontodeckung verpflichtet, die Überweisung auszuführen. Maßgebend hierfür ist die im Überweisungsauftrag repräsentierte Anweisung, mit der B den Zahlungsvorgang zugleich der Tilgung der Valutaschuld zuordnet. Mit der Erledigung der Anweisung überbringt A als Bote die Tilgungsbestimmung des B. Die Tilgungswirkung tritt ein, wenn der Überweisungsbetrag dem Konto des C gutgeschrieben wird. Bereits dann ist C um den Betrag der Gutschrift auf seinem Konto bereichert. Bereicherungsrechtlich relevante Rechtsbeziehungen zwischen der lediglich als Zahlstelle fungierenden Gläubigerbank (Nürnbg ZIP 02, 1762) und den übrigen Beteiligten entstehen durch diesen Zahlungsvorgang nicht (BGH ZIP 14, 32).
Rn 92
Die gleichen Rechtsbeziehungen entstehen durch Scheckzahlungen. Lediglich die Abwicklung des Zahlungsvorgangs unterscheidet sich von der Überweisung dadurch, dass A die im Scheck repräsentierte Anweisung nebst Tilgungsbestimmung von der einlösenden Empfängerbank übermittelt werden, die den auf dem Konto des C bereits gutgeschriebenen Betrag unmittelbar oder über eine Verrechnungsstelle von A einzieht, die wiederum das Konto des B nach Maßgabe des Girovertrages belastet. Beim Lastschriftverfahren handelt es sich ebenfalls um ein ›rückläufiges Überweisungsverfahren‹ (BGHZ 69, 82). Der wichtigste Unterschied zur Überweisung besteht im Weg der Anweisung, die C mit Einwilligung des B durch die Beauftragung seiner Bank, den geschuldeten Geldbetrag vom Konto des B bei A einzuziehen, veranlasst. Dabei kann die Einwilligung in Form einer Einzugsermächtigung des B ggü C bestehen (diese betrifft allerdings nach Auffassung des BGH nur die Gestattung, das Lastschriftverfahren zu benutzen und stellt keine Weisung ioS dar – BGH WM 89, 520, 521; NJW 06, 1965, 1966 [BGH 11.04.2006 - XI ZR 220/05]; zu den Folgen für den Bereicherungsausgleich Rn 97 aE; ausf zum Einzugsermächtigungsverfahren Nobbe WM 09, 1537), wohingegen dem Abbuchungsverfahren eine widerrufliche Ermächtigung des B an A vorliegt, von C eingehende Lastschriften einzulösen. Sämtlichen Formen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs ist gemein, dass ihnen zwei Vermögensverschiebungen zugrunde liegen: A erbringt im Deckungsverhältnis mit der Auszahlung des Schuldbetrages vom Konto des B eine Leistung an diesen, die sich aufgrund der Tilgungsbestimmung bzw Ermächtigung zugleich als Leistung des B an C im Valutaverhältnis erweist. Es besteht also ebenso wie bei der Durchlieferung ein Anweisungsdreieck, so dass die dort für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung von fehlerhaften Zuwendungen maßgeblichen Grundsätze (Rn 87 ff) auch im bargeldlosen Zahlungsverkehr Geltung beanspruchen (BGH ZIP 14, 32; NJW 04, 1315, 1316; 03, 582, 583; 01, 2880, 2881; BGHZ 69, 186, 188 – für das Lastschriftverfahren; Staud/Lorenz § 812 Rz 49 f; AnwK/v Sachsen Gessaphe § 812 Rz 144f). Bei fehlerhaftem Deckungsverhältnis (Geschäftsbesorgungsvertrag/Zahlungsdiensterahmenvertrag) kommt es also zur Leistungskondiktion A–B, wohingegen bei Mängeln im Valutaverhältnis B von C kondizieren muss. Ein Durchgriff A–C kommt wiederum nur unter den Voraussetzungen des § 822 in Betracht.