Rn 126
Verkehrspflichten können grds auf Dritte übertragen werden (s nur BGH MDR 59, 26; BGHZ 142, 227, 233; NJW 06, 3628 Rz 11; VersR 17, 1162 Rz 9 mwN; NJW 20, 1798 Rz 9; 23, 2037 Rz 15; VersR 23, 1169 Rz 39, wichtiges Bsp: Räum- und Streupflicht, s.u. Rn 139); zu Besonderheiten der unternehmensinternen, vertikalen Arbeitsteilung insb MüKo/Wagner § 823 Rz 106 ff; BeckOGK/Spindler § 823 Rz 454 ff; zur Verantwortlichkeit bei Organleihe BGH VersR 06, 803 Rz 18 ff, bei hoheitlichen Verkehrssicherungspflichten Hilsberg MDR 10, 62 ff, in der Wohnungseigentümergemeinschaft München NJW 06, 1293, 1294 [OLG München 24.10.2005 - 34 Wx 82/05], Verantwortlichkeit offengelassen in BGH NJW 20, 1798 Rz 7 und im Verhältnis Vermieter/Mieter Schmid VersR 11, 731 ff. Voraussetzung einer Delegation ist eine Vereinbarung zwischen den Beteiligten, aus der für beide deutlich wird, dass und welche Pflichten übernommen werden (zB BGH NJW 85, 270, 271; 96, 2646; 23, 2037 Rz 15; VersR 23, 1169 Rz 39, jew mwN; Grenzen: Celle NJW-RR 11, 106); ein wirksamer Vertrag ist hingegen ebensowenig erforderlich (BGH NJW-RR 89, 394, 395 [BGH 17.01.1989 - VI ZR 186/88]; NJW 08, 1440 Rz 9; Schlesw NJW-RR 12, 1049, 1049f [OLG Schleswig 28.02.2012 - 11 U 137/11]) wie eine ggf nach öffentlich-rechtlichen Regeln erforderliche Anzeige der Übertragung (BGH NJW 08, 1440 [BGH 22.01.2008 - VI ZR 126/07] Rz 9).
Rn 127
Folge der Delegation ist, dass der Übernehmende sicherungspflichtig wird (die rechtsdogmatische Begründung ist str, s BeckOGK/Spindler § 823 Rz 452 mN). Ein ›Rest‹ der Verkehrspflicht verbleibt aber – in Form von Auswahl- und Überwachungspflichten – beim Übertragenden (s zB BGHZ 110, 114, 121 f mwN; 142, 227, 233; 149, 206, 212; VersR 14, 78 Rz 16; 17, 1162 Rz 9; 23, 1169 Rz 39 mwN). § 278 ist nach ganz hM nicht analog anzuwenden (s nur BGHZ 4, 1, 3 f; 103, 338, 342 f; aA insb Prölss FS Canaris 1037, 1050f), da die Vorschrift sonst bei der Deliktshaftung zur Umgehung des § 831 I 2 instrumentalisiert werden könnte. Bereits vor bzw unmittelbar bei der Delegation greift die Pflicht zu sorgfältiger Auswahl in Bezug auf Sachkunde und Sorgfalt des Übernehmenden (s nur BGH NJW 76, 46, 47; BGHZ 82, 162, 167), die im Zusammenhang mit der eigenen Sachkunde des Auswählenden zu sehen ist. Weiterhin hat der Übertragende eine Pflicht zur Überwachung des Übernehmenden (zB BGHZ 110, 114, 121 f; 142, 227, 233, beide mwN; München BeckRS 11, 23419). Er darf aber bei Fehlen entgegenstehender Anhaltspunkte auf die Erfüllung der übertragenen Verkehrspflichten vertrauen (BGHZ 142, 227, 233; NJW 06, 3628 Rz 11 mwN; München NJW 06, 1293, 1294; Schlesw NJW-RR 12, 1049, 1049f). Unter Umständen ist im Einzelfall eine weitergehende Überwachung geboten, zB bei besonderer Gefährlichkeit der Gefahrenquelle (BGH NJW 65, 197, 199 [BGH 14.10.1964 - Ib ZR 7/63]: Veranstaltung eines Großfeuerwerks) oder bei konkreten Zweifeln an der Zuverlässigkeit des Übernehmenden (BGH VersR 66, 145, 146; NJW 76, 46, 47 f [BGH 07.10.1975 - VI ZR 43/74] mwN; Oldbg NZM 14, 591, 592 ff [OLG Oldenburg 13.02.2014 - 1 U 77/13]: Übernahme des Winterdienstes durch 82jährigen Rentner), wohl auch bei der ersten Delegation, wenn die Zuverlässigkeit nicht erwiesen ist (sie kann aber bei einer auf derartige Tätigkeiten spezialisierten Person unterstellt werden).