Rn 22
Auch bei falschen Auskünften von Banken über die Bonität oder Kreditwürdigkeit von Kunden kann eine Haftung aus § 826 in Betracht kommen (zB RG JW 1911, 584, 585; BGH NJW 70, 1737 [BGH 06.07.1970 - II ZR 85/68]; 84, 921, 922 [BGH 06.12.1983 - VI ZR 60/82]), ebenso bei Festsetzung überhöhter Verkehrswerte durch die finanzierende Bank (Celle OLGR 07, 216, 217f). Weiterhin kann bei der Prospekthaftung § 826 neben den Spezialregelungen in WpPG und VermAnlG sowie neben der vertragsrechtlichen Prospekthaftung anwendbar sein, soweit Regelungslücken verbleiben, s.a. § 16 II WpPG, § 22 VI 2 VermAnlG (zB BGHZ 96, 231, 243 f; NJW-RR 06, 611, 615 – beide zu §§ 44 ff BörsG aF; NJW 13, 1877 Rz 14; AG 22, 443 Rz 12 f: Verschweigen eines Zwischengewinns; ausf Buck-Heeb/Dieckmann NJW 22, 2873 ff). § 826 kann auch anwendbar sein bei Täuschungen oder Falschangaben beim Erwerb von Aktien (Stuttg WM 08, 1368, 1369 mwN unter Berufung auf BGH NJW 05, 2450; Nürnbg WM 10, 2118, 2119 f; Karlsr VersR 22, 760; nicht aber bei reiner Ausnutzung von Insiderkenntnissen beim Verkauf von Aktien, wenn die Insiderstellung dem Erwerber bekannt ist, Brandbg NZG 22, 1534, 1539) oder anderen Kapitalanlagen (BGHZ 175, 276 Rz 28 ff; ZIP 09, 2237 Rz 20 ff; WM 14, 71 Rz 21 ff; NZG 15, 559 Rz 10 ff; AG 15, 820 Rz 24 – ›Schwindelunternehmen‹; WM 15, 2112 Rz 24 ff; BeckRS 15, 18257 Rz 23 ff; WM 16, 1975 Rz 17; BeckRS 16, 17389 Rz 18; 21, 14047 Rz 20; Köln BeckRS 23, 20956; 20954; 20965; Wagner/Köster WM 20, 1711, 1719 f zu American Depositary Receipts) oder fehlenden Hinweisen auf erhöhte Risiken einer Anlage (BGHZ 124, 151, 162 f; NJW-RR 03, 923, 924 f; Ddorf BeckRS 09, 14700; Frankf BeckRS 10, 19020 zum Genossenschaftsbeitritt; einschr BGH DB 10, 2665 Rz 14; BeckRS 10, 29739 Rz 15: Bestehen einer vertraglichen Aufklärungspflicht begründet ohne Hinzutreten weiterer Umstände noch nicht den Vorwurf der Sittenwidrigkeit; NZG 13, 992 Rz 15 ff; KG BeckRS 15, 15908 zum Verschweigen eines offiziell festgestellten Altlastenverdachts durch die Fondsinitiatorin und Prospektherausgeberin) sowie formlosen Mitteilungen am Kapitalmarkt (Stuttg AG 15, 404, 405, mit irreführendem LS 4: nach den Urteilsgründen gilt insoweit – zu Recht – kein strengerer Maßstab als bei Ad-hoc-Mitteilungen). Die Kriterien der Rspr dafür, wann insb Falschangaben die Grenze zur Sittenwidrigkeit überschreiten, sind allerdings nicht klar (s nur Conring BKR 18, 489, 490 ff, der für den Primärmarkt darauf abstellen will, dass die Informationen bedeutsam sind und der Informierende eine Vertrauensstellung innehat und für den Sekundärmarkt jedes zur Irreführung geeignete Verhalten ausreichen lassen möchte). Teilw geht die Rspr von einer aus der Lebenserfahrung abgeleiteten tatsächlichen Vermutung für die Kausalität der Falschberatung für die Anlageentscheidung aus, dies ist aber sehr str (zB BGH NJW 13, 1877 [BGH 21.02.2013 - III ZR 139/12] Rz 15 mwN; weniger weitgehend hingegen BGH NZG 13, 992 [BGH 04.06.2013 - VI ZR 288/12] Rz 25: kein Verzicht auf konkrete Kausalität einer Kapitalmarktinformation für den Willensentschluss des Anlegers, krit insoweit Böttcher ZWH 14, 35, 36), was aktuell bei der zivilrechtlichen Aufarbeitung der Wirecard-Insolvenz relevant wird (für eine Kausalitätsvermutung etwa München AG 22, 368, 369 f; 827 f; NJW-RR 22, 1563, 1567 f [OLG München 19.09.2022 - 8 U 8302/21]; sowie AG 23, 54 m teilw abw Fallkonstellation; dagegen zB Bork ZRI 22, 201 ff; Buck-Heeb AG 22, 337 ff, alle mwN zum Meinungsstand); allerdings müsste selbst dann zusätzlich ein Zusammenhang zwischen Anlageentscheidung und Schaden ermittelt werden. Die einzelnen Voraussetzungen des § 826 sollten also in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft werden. Haftpflichtig kann auch sein, wer sich als Funktionsträger (zB als anwaltlicher Treuhänder) in ein Vertriebssystem hat einspannen lassen und es dabei zumindest leichtfertig unterlassen hat, sich über die rechtlichen Rahmenbedingungen zu vergewissern (BGH NJW 04, 3706, 3710 [BGH 13.09.2004 - II ZR 276/02]; NZG 15, 559 [BGH 10.02.2015 - VI ZR 569/13] Rz 10 ff). Neben § 826 ist nach der Rspr ein Anspruch aus cic denkbar (BGHZ 177, 25 Rz 11 ff; krit zB Fleischer NJW 09, 2337, 2340f). Bei Verstößen gegen Publizitätsvorschriften sind in erster Linie die Spezialregelungen in §§ 97, 98 WpHG anzuwenden. Denkbar bleiben aber Ansprüche aus § 826 (insb für die persönliche Haftung der Unternehmensleitung, MüKo/Wagner § 826 Rz 117) bei einem über den Verstoß gegen die Vorschriften des WpHG hinausgehenden, besonders verwerflichen Verhalten (BGHZ 192, 90 Rz 28). Auch bei Verstößen gegen Informationspflichten hat die Rspr eine Anwendung von § 826 neben den Regelungen des WpHG erwogen (BGH wistra 10, 141 Rz 5). An die Aufklärungspflichten bei der Vermittlung von Warenterminoptionsgeschäften hat die Rspr früher relativ hohe Anforderungen gestellt (s etwa BGHZ 80, 80; NJW-RR 04, 203, 206; 05, 557 ff; 06, 627 Rz 23; BGHZ 184, 365 Rz 25 mwN). Nach neuerer Rspr haftet der Vermittler, ...