Rn 10
Va bei Schäden durch ein Tier, das einem anderen zur Nutzung überlassen wurde (häufig bei Unfällen eines Reiters, der das Tier im überwiegend eigenen Interesse nutzt), werden Einschränkungen der Haftung nach § 833 1 erwogen, soweit sich solche nicht bereits aus einer Parteivereinbarung, zB einer ausdrücklichen Haftungsbeschränkung oder einem Haftungsausschluss (dazu München MDR 16, 650 [BGH 20.04.2016 - IV ZR 415/14]), ergeben. Letztlich geht es um die Frage, ob in solchen Fällen die Tiergefahr auf den Geschädigten übergeht oder ob er zumindest einen Teil davon tragen soll. Hierfür werden unterschiedliche dogmatische Konstruktionen diskutiert. Denkbar wäre zunächst die Annahme der konkludenten Vereinbarung eines Haftungsausschlusses (dazu zB BGH NJW 74, 234, 235; 77, 2158, 2159 – iE in beiden Fällen offengelassen; Nürnbg MDR 11, 1037, 1038; Schlesw r+s 21, 420, 421; abl Schlesw BeckRS 13, 2597; Nürnbg VersR 17, 1222, 1224 f; Hamm BeckRS 19, 18852; NJW-RR 21, 536, 536; Bambg NJW-RR 21, 815, 816). Da idR keine ausdrückliche Absprache vorliegt, läuft dies entweder auf eine bedenkliche Fiktion hinaus (s insb Soergel/Krause § 833 Rz 24; BeckOK/Spindler § 833 Rz 20) oder es müssen hohe Anforderungen gestellt werden (zB ausdrückliche Abrede, BGH NJW-RR 88, 655, 657 [BGH 19.01.1988 - VI ZR 188/87]; NJW 92, 907, 908 [BGH 19.11.1991 - VI ZR 69/91]), die häufig nicht erfüllt sein werden. Denkbar bleibt jedoch die Erstreckung von Haftungsbeschränkungen bei unentgeltlichen Verträgen – nicht aber bei bloßen Gefälligkeiten – auf Deliktsansprüche (insb BGH NJW 74, 234, 235 [BGH 13.11.1973 - VI ZR 152/72] – iE offengelassen; 92, 2474, 2475; s.a. oben Vor §§ 823 ff Rn 17). Der BGH will jetzt auch gesetzliche Haftungsbeschränkungen (§§ 1664 I, 1359) auf die Haftung aus § 833 1 anwenden, um dem Zweck dieser Haftungsbeschränkungen hinreichend Rechnung zu tragen (BGH NJW 21, 778 [BGH 15.12.2020 - VI ZR 224/20] Rz 8 ff; dazu zB Lugani NZFam 21, 267, 268; Scheu jurisPR-VersR 5/21 Anm 3; Lorz jurisPR-BGHZivilR 6/21 Anm 1; einschr Erbarth NZFam 21, 714, 719 ff). Dieser Ansatz lässt sich dogmatisch schwer in § 833 1 integrieren und sollte daher jedenfalls nicht auf weitere Konstellationen ausgeweitet werden. Teilweise wird von einer freiwilligen Übernahme einer besonderen (nicht aber der allgemeinen) Tiergefahr im eigenen Interesse ausgegangen, zB beim Übernehmen eines ›wilden‹ Pferdes, um die eigene Reitkunst zu beweisen, bei Fuchsjagd oder Dressurreiten (zB BGH NJW 74, 234, 235 f; 92, 2474 [BGH 09.06.1992 - VI ZR 49/91]). Die Abgrenzung zur allg Tiergefahr, bei der allenfalls § 254 angewendet werden kann (dazu zB Rostock NJW-RR 11, 820, 821; Hamm VersR 23, 1054, 1056 ff; zu einer besonderen Konstellation, in der die Tiergefahr ausnw nicht anspruchsmindernd anzurechnen war, Celle VersR 23, 986, 987), ist allerdings problematisch und praktisch kaum durchführbar (s.a. BeckOK/Spindler § 833 Rz 21). Bei besonders starkem Eigeninteresse des Verletzten kann er im Einzelfall selbst als Halter angesehen werden (BeckOK/Spindler § 833 Rz 22; Staud/Eberl-Borges § 833 Rz 191, beide mwN); dies dürfte jedoch nur seltene Ausnahmefälle betreffen (abl zB BGH VersR 09, 693 Rz 20 für einen Tierarzt, der das Tier auf dem Hof des Tierhalters oder eines Dritten untersucht, implizit auch in BGH NJW 14, 2434 [BGH 25.03.2014 - VI ZR 372/13] Rz 6, 11 für den Inhaber einer Hundepension; bejaht: Köln NJW-RR 12, 1374, 1375 [OLG Köln 24.02.2012 - 11 U 213/11] für einen Reiter – sehr weitgehend; in diese Richtung auch Kobl MDR 17, 763, 764 [BGH 14.03.2017 - VI ZR 605/15] zur mehrwöchigen Ausbildung eines Pferdes durch eine selbstständige Pferdewirtschaftsmeisterin). Ein Handeln auf eigene Gefahr, das nach wohl hM iRd Abwägung nach § 254 zu berücksichtigen ist (s nur BGH NJW-RR 05, 1183, 1184; 06, 813 Rz 16; VersR 09, 693 Rz 7 ff; NJW 11, 1961 Rz 9; 13, 2662 Rz 11; 14, 2434 Rz 7; Erman/Wilhelmi § 833 Rz 6; BeckOK/Spindler § 833 Rz 22; BeckOK/Lorenz § 254 Rz 26; aA zB Hamm NJW-RR 21, 536, 536, wo allerdings aus anderen Gründen ein Mitverschulden bejaht wurde; VersR 22, 1046, 1048, wo – letztlich nicht entscheidungserheblich – von einem Haftungsausschluss ausgegangen wurde; Deutsch NJW 78, 1998, 2001 f; Dunz JZ 87, 63, 65 ff; Scheffen NJW 90, 2658, 2662 f; Hasselblatt NJW 93, 2577, 2578 ff; MüKo/Wagner § 833 Rz 29; nicht überzeugend Hamm AUR 15, 297, 298 f [OLG Hamm 22.04.2015 - 14 U 19/14], wo das Handeln auf eigene Gefahr insb mit Schutzzweckerwägungen vermengt wird), kommt in Betracht, wenn der Verletzte Risiken übernommen hat, die über die übliche Tiergefahr hinausgehen (zB BGH NJW 74, 234, 235; NJW-RR 05, 1183, 1184 f [BGH 03.05.2005 - VI ZR 238/04]; 06, 813 [BGH 20.12.2005 - VI ZR 225/04] Rz 16 mwN; Grenzen: BGH NJW 86, 2883, 2884 [BGH 24.06.1986 - VI ZR 202/85]; 11, 1961 [BGH 21.12.2010 - VI ZR 312/09] Rz 9; 14, 2434 Rz 7 ff). Hier stellen sich aber die gleichen Abgrenzungsprobleme wie bei der freiwilligen Übernahme einer besonderen Tiergefahr. Eine Haft...