Gesetzestext
1Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zufügt. 2Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
A. Funktion und Anwendungsbereich.
Rn 1
§ 834 als gesetzlich geregelter Fall der Übernahmehaftung (vergleichbar §§ 831 II, 832 II, 838) statuiert eine Haftung des Tieraufsehers mit Kausalitäts- und Verschuldensvermutung. Sie kann neben der Haftung aus § 833 stehen. Dann haften Tierhalter und Tieraufseher als Gesamtschuldner gem § 840 (RGZ 60, 313, 315); der Innenausgleich richtet sich nach dem der Übernahme zugrundeliegenden Rechtsverhältnis, nicht nach § 840 III (NK-BGB/Katzenmeier § 834 Rz 5; BeckOK/Spindler § 834 Rz 4 mwN).
B. Regelungsinhalt.
Rn 2
§ 834 setzt voraus, dass ein Tier einem Dritten (weder Tierhalter noch Tieraufseher – in Bezug auf den Schaden des Letzteren kann § 833 eingreifen) einen Schaden in der in § 833 bezeichneten Weise zufügt, unabhängig davon, ob es sich um ein Luxus- oder Nutztier handelt. Haftpflichtig ist der Tieraufseher, dh derjenige, der die Aufsichtsführung durch Vertrag übernommen hat. Erforderlich ist – wie bei §§ 831 II (§ 831 Rn 23), 832 II (§ 832 Rn 5) – ein ausdrücklicher oder konkludenter Vertragsschluss zwischen Tieraufseher und Tierhalter oder mit einem Dritten (RGZ 168, 331, 333; Hamm NJW-RR 95, 409, 410). Eine bloß tatsächliche Übernahme oder eine Übernahme aus Gefälligkeit reicht insb nach der Rspr nicht aus (BGH NJW 92, 2474, 2476; München VersR 99, 585). Nach aA soll bereits das Vorhandensein von Rechtsbindungswillen genügen (s insb Staud/Eberl-Borges § 834 Rz 12; MüKo/Wagner § 834 Rz 5; BeckOK/Spindler § 834 Rz 2; Erman/Wilhelmi § 834 Rz 2), was jedoch mit Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 834 und den parallelen Regelungen nicht in Einklang zu bringen ist (s.o. § 831 Rn 23 sowie BeckOGK/Spickhoff § 834 Rz 14). Häufig ergibt sich die Übernahme der Aufsicht als Nebenpflicht aus einem Vertrag, zB aus einem Miet-, Leih- oder Verwahrungsvertrag mit dem Tierhalter (zB Hamm NZV 07, 143, 144; VersR 22, 1046, 1048; Schlesw OLGR 07, 768, 769; Nürnbg VersR 17, 1122, 1125, alle zu einer – im zweiten Fall nur etwaigen – Reitbeteiligung; M Schmid MDR 14, 576, 577f), bei Tierärzten oder beim Tiertransport (etwas zu restriktiv Hamm AUR 15, 297, 299 f [OLG Hamm 22.04.2015 - 14 U 19/14] für den Hufschmied), sofern dadurch nicht ausnw eine eigenständige Haltereigenschaft des Übernehmenden begründet wird (§ 833 Rn 6). Der Tieraufseher muss ein gewisses Maß an selbstständiger Gewalt über das Tier erlangen (Staud/Eberl-Borges § 834 Rz 19 f; Frankf NJW-RR 09, 894 [BGH 16.04.2009 - VII ZR 9/08]), darf also keinem weitreichenden Weisungsrecht des Tierhalters unterstehen (s zB RGZ 50, 244, 248; BGH NJW 87, 949, 950 [BGH 30.09.1986 - VI ZR 161/85]; NJW-RR 94, 90 [BGH 19.10.1993 - VI ZR 158/93]; NK-BGB/Katzenmeier § 834 Rz 3 mwN). Die Beweislast entspricht derjenigen bei § 833 2 (§ 833 Rn 18). Sind die Voraussetzungen der Übernahme der Aufsicht nicht erfüllt, kann im Einzelfall eine Haftung desjenigen, der die tatsächliche Gewalt über ein Tier innehat, für Schädigungen durch dieses Tier bei schuldhafter Verletzung der Aufsichtspflicht als Verkehrspflicht iSd § 823 I in Betracht kommen (Hamm MDR 15, 511f [BGH 27.01.2015 - VI ZR 54/14]).