Gesetzestext
(1) Ist im Grundbuch für jemand ein Recht eingetragen, so wird vermutet, dass ihm das Recht zustehe.
(2) Ist im Grundbuch eingetragenes Recht gelöscht, so wird vermutet, dass das Recht nicht bestehe.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die Norm begründet eine nur durch den Beweis des Gegenteils (§ 292 ZPO) widerlegbare Rechtsvermutung (MüKo/Lettmaier Rz 14; Staud/Gursky Rz 44), dass der Inhalt des Grundbuches in Bezug auf eingetragene und gelöschte Rechte richtig ist. Dagegen wird bei nie eingetragenen Rechten nicht vermutet, dass diese nicht bestehen (Staud/Gursky Rz 35; einschr MüKo/Lettmaier Rz 18). Der durch die Eintragung oder Löschung Begünstigte kann sich auf die Richtigkeit der Grundbucheintragung berufen, ohne auch die Wirksamkeit des dinglichen Geschäfts darlegen oder gar beweisen zu müssen.
B. Eintragung (Abs 1).
I. Wirksamkeit, Zulässigkeit und Widerspruch.
Rn 2
Die Eintragung muss wirksam und zulässig sein und darf nicht widersprüchlich sein.
1. Wirksamkeit.
Rn 3
Beim konventionell geführten Grundbuch muss die Eintragung insb von den – zwei – zuständigen Personen unterschrieben sein (vgl § 44 GBO). Beim maschinell geführten Grundbuch muss die Eintragung in den dafür bestimmten Datenspeicher aufgenommen und dauerhaft unverändert wiederzugeben sein (§§ 129, 130, 127 GBO iVm landesrechtlichen Regelungen). Bei gefälschten oder erpressten Eintragungen muss zur Unwirksamkeit die Unrichtigkeit nach § 44 VwVfG offensichtlich sein (BGHZ 7, 69; MüKo/Lettmaier Rz 4). Sonstige Verfahrensmängel lassen die Vermutungswirkung grds nicht entfallen (BGH DNotZ 06, 364f [BGH 02.12.2005 - V ZR 11/05]), sondern begründen höchstens ein Indiz für die Unwirksamkeit (RG JW 36, 2400). IÜ richtet sich die Nichtigkeit einer Eintragung nach § 44 VwVfG.
2. Zulässigkeit.
Rn 4
Eine inhaltlich unzulässige Eintragung ist vAw zu löschen (§ 53 I 2 GBO) und begründet auch vor Löschung keine Vermutung, sofern die Unzulässigkeit offenkundig ist (RGZ 88, 27). Unzulässig ist auch eine unvollständige und damit unbestimmte Eintragung (Frankf Rpfleger 75, 305f) oder Eintragung eines nicht eintragungsfähigen Rechts (BayObLG DNotZ 77, 111f). Ist die Eintragung nach § 53 I 1 GBO nur fehlerhaft, ist ein Amtswiderspruch einzutragen und entfaltet bis dahin die Vermutung.
3. Widerspruch.
Rn 5
Widersprechen sich zwei Eintragungen, so heben sich die Vermutungen insoweit gegenseitig auf (HP/Eckert Rz 13).
II. Rechte.
Rn 6
Die Vermutungswirkung entfalten alle eintragungsfähigen privaten (RGZ 80, 367) Rechte, wozu alle im BGB, ErbbauRG, WEG und zT in Landesgesetzen (zB FischereiG NRW) geregelten und eintragungsfähigen dinglichen Rechte und Rechte an diesen gehören, auch wenn sie an falscher Stelle eingetragen sind (BayObLGZ 95, 413). § 891 gilt nicht für nicht eintragungsfähige Rechte (zB öffentliche Lasten oder Notweg- und Überbaurenten) und tatsächliche Angaben, insb nicht für Angaben im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs zu Größe, Lage, Bebauung oder Bebaubarkeit (RGZ 73, 128f) und Angaben in Spalte 4 von Abteilung I (BGHZ 7, 67f). Davon ausgenommen gilt § 891 jedoch für den sich aus dem Liegenschaftskataster ergebenden Grenzverlauf (BGH DNotZ 06, 364 f [BGH 02.12.2005 - V ZR 11/05]; RGZ 73, 129; Frankf Rpfleger 85, 229 [OLG Frankfurt am Main 28.01.1985 - 20 W 113/84]), sofern nicht insb ein natürlicher Grenzverlauf (zB Bach) künstlich oder natürlich verändert wurde (vgl Soergel/Stürner Rz 8). Der Umfang von nach Art 187 EGBGB nicht eintragungsbedürftigen altrechtlichen Grunddienstbarkeiten wird auch hinsichtlich der Vermutungswirkung durch die spätere Eintragung nicht begrenzt (RGZ 93, 65). Die den dinglichen Rechten zugrunde liegenden schuldrechtlichen Ansprüche werden von der Vermutungswirkung nicht erfasst (MüKo/Lettmaier Rz 9). Trotz Akzessorietät wird bei der Verkehrshypothek (§§ 1138, 891; RGZ 124, 335) und der Höchstbetragshypothek (§ 1190) der Bestand des dinglichen Rechts unabhängig von der zugrunde liegenden Forderung wie eingetragen vermutet. § 891 gilt nicht für Verfügungsbeschränkungen (KGJ 52, 168) und Widersprüche (RG JW 1910, 149). Bei der Vormerkung muss wegen der Akzessorietät jedocht der Bestand des zugrunde liegenden Anspruchs bewiesen sein (Soergel/Stürner Rz 7 mwN). Bei subjektiv-dinglichen Rechte gilt § 891 nicht für den Vermerk im Bestandsverzeichnis des herrschenden Grundstücks (§ 9 GBO, Frankf Rpfleger 79, 418).
III. Vermutungswirkung.
1. Umfang.
Rn 7
Es wird der Bestand, der Inhalt und der Rang des Rechts vermutet sowie, dass das Recht dem eingetragenen Berechtigten zusteht, und zwar seit dem Tag der Eintragung bis zur Gegenwart (BGHZ 52, 358) und in dem angegebenen Beteiligungsverhältnis (§ 47 GBO; BayObLGZ 24, 21). Bei Briefrechten wird die Vermutung nur durch den zumindest mittelbaren Briefbesitz entfaltet (BayObLG Rpfleger 73, 429). Zum Inhalt gehört auch die nach § 874 in Bezug genommene Eintragungsbewilligung.
2. Prozessuale Bedeutung.
Rn 8
Die Vermutung ist nur durch den Beweis des Gegenteils widerleglich (§ 292 ZPO; BGH DNotZ 06, 364f), und zwar durch das Grundbuchamt (BayObLG Rpfleger 04, 417; KG NJW 73, 58) und jeden, der ein rechtliches Interesse daran hat (RGZ 92, 70). Ein bloßer Gegenbeweis oder Widerspruch (BGHZ 52, 359; NJW-RR 97,...