Gesetzestext
Steht der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 bezeichneten Art mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang, so kann derjenige, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist, die Zustimmung zu der Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird.
A. Allgemeines.
Rn 1
Ein unrichtiges Grundbuch begründet die Gefahr eines Rechtsverlusts durch gutgläubigen – lastenfreien – Erwerb nach § 892 und verhindert wegen § 39 GBO zumindest verfahrensrechtlich die Verfügung des Berechtigten oder die Zwangsvollstreckung gegen den nicht eingetragenen Schuldner bzw aus einem zu Unrecht gelöschten Recht. Ein gutgläubiger Erwerb kann durch Eintragung eines Widerspruchs nach § 899 verhindert werden. IÜ ist die Berichtigung des Grundbuchs erforderlich. Scheidet eine Grundbuchberichtigung durch Nachweis der Unrichtigkeit nach §§ 22, 29 GBO aus, begründet § 894 den dinglichen Anspruch auf Abgabe der zur Grundbuchberichtigung verfahrensrechtlich erforderlichen Erklärung nach §§ 19, 27, 29 GBO. Daneben kann das Grundbuch vAw zu berichtigen sein, §§ 51 f, 53 I 2, 82a GBO.
B. Rechte.
Rn 2
Gegenstand eines Berichtigungsanspruchs sind alle Grundbucheintragungen die vom öffentlichen Glauben des Grundbuchs erfasst sind (§ 892 Rn 2 ff). § 894 gilt entspr für eine Vormerkung (RGZ 163, 62) und einen zu Unrecht eingetragenen Widerspruch (BGH NJW 69, 93 [BGH 31.10.1968 - V ZR 117/67]). Auch die Eintragung einer altrechtlichen Dienstbarkeit kann nach § 894 verlangt werden (München RNotZ 07, 488). § 894 gilt nur für rechtliche, nicht aber für tatsächliche Grundbuchangaben (BayObLG Rpfleger 88, 255) und Schreibfehler.
C. Unrichtigkeit.
Rn 3
Das Grundbuch ist unrichtig, wenn die materielle Rechtslage vom Grundbuchinhalt hinsichtlich eines Rechts iSd § 894 abweicht (BGHZ 123, 300).
I. Anfängliche oder nachträgliche Unrichtigkeit.
Rn 4
Die Unrichtigkeit kann anfänglich sein, weil zB die dingliche Einigung nicht wirksam ist (RGZ 69, 266f), eine zur Wirksamkeit erforderliche Zustimmungserklärung fehlt (BGH NJW 85, 1025 [BGH 07.12.1984 - V ZR 189/83]; RGZ 129, 152) oder ein Recht oder das Beteiligungsverhältnis daran (§ 47 GBO) falsch eingetragen ist (RGZ 54, 87). Das Grundbuch wird nachträglich unrichtig, wenn sich Rechtsänderungen außerhalb des Grundbuchs vollziehen. Dazu zählen insb die Fälle der Gesamtrechtsnachfolge (zB § 738 – beachte nF zum 1.1.24 = § 712; §§ 1416, 1485; 1922, 2139; UmwG), der Übergang eines Rechts nach §§ 268 III, 401, 426 II, 774, 1143, 1153, der Mitgliederwechsel in Gesamthandsgemeinschaften durch Anteilsübertragung bei Personengesellschaften (GbR, OHG, KG – bis zum 31.12.23) oder der Erbengemeinschaft sowie der Erwerb und das Erlöschen von Rechten durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung (§§ 90, 91 ZVG) und die Aufhebung der Verfügungsbeschränkung nach § 12 IV WEG (Böttcher ZNotP 07, 375). § 894 gilt ferner für das Erlöschen eines eingetragenen Rechts durch Eintritt eines Endtermins oder einer auflösenden Bedingung, für die Eintragung eines Rechts entgegen eines Veräußerungs- oder Erwerbsverbots, das nicht unter § 888 II fällt (BGH NJW 95, 2715 [BGH 03.08.1995 - IX ZR 34/95]) sowie die irrtümliche Löschung eines entstandenen Rechts (BGH NJW 94, 2947 [BGH 17.06.1994 - V ZR 204/92]).
II. Keine Unrichtigkeit.
Rn 5
Das Grundbuch ist richtig, wenn lediglich das Eintragungsverfahren fehlerhaft ist, aber die materielle Rechtslage mit dem Grundbuchinhalt übereinstimmt (zu § 17 GBO BayObLG NJW-RR 99, 1393 [BayObLG 06.05.1999 - 2 Z BR 21/99]), eine konstitutiv wirkende Eintragung bisher nicht erfolgt ist (KG JW 35, 712f), lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch auf Änderung (RGZ 73, 175) bzw Rückgängigmachung (RGZ 51, 422) der dinglichen Rechtslage besteht oder nur das schuldrechtliche Rechtsgeschäft unwirksam ist. Keine Unrichtigkeit liegt bei unzulässigen Eintragungen (§ 53 I 2 GBO) oder bei der unrechtmäßigen Löschung eines Widerspruchs vor. Falsche tatsächliche Angaben (s Rn 2) oder ungenaue Eintragungen sind vAw zu berichtigen.
D. Anspruchsberechtigung und Prozessstandschaft.
I. Anspruchsberechtigung.
Rn 6
Anspruchsberechtigter ist der gegenwärtige und wirkliche Rechtsinhaber, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen ist (RGZ 53, 410). Bei einer Verfügungsbeschränkung ist der durch die Beschränkung Geschützte anspruchsberechtigt. Nicht anspruchsberechtigt sind frühere Rechtsinhaber (RGZ 53, 410f). Auch gleich- und nachrangige Berechtigte sind anspruchsberechtigt, wenn die Grundbuchberichtigung ihre Rechtsstellung verbessert (RGZ 73, 50). Dies gilt jedoch nicht für den nachrangigen Hypothekar, wenn die vorrangige Hypothek zu einer Eigentümergrundschuld geworden ist (Soergel/Stürner Rz 16). Bei Miteigentum (§ 1011) oder Erbengemeinschaft (§ 2039) kann jeder einzelne Berechtigte die Berichtigung auch hinsichtlich der übrigen Berechtigten verlangen (BGHZ 44, 370f). Nicht anspruchsberechtigt sind Buchberechtigte oder Gläubiger, die gegen den wa...