Rn 6
Bei der dinglichen Einigung über den Eigentumsübergang (Auflassung) sind über § 873 hinaus folgende Anforderungen zu beachten.
I. Anwesenheit.
Rn 7
Veräußerer und Erwerber müssen gleichzeitig, nicht notwendig im selben Raum (RG JW 28, 2519), bei einer zuständigen Stelle anwesend sein, andernfalls ist die Auflassung nach § 125 nichtig (BGHZ 29, 9 ff). Daher können Angebot und Annahme bei der Auflassung nicht getrennt voneinander erklärt werden (MüKo/Ruhwinkel Rz 18). Dies schließt eine Stellvertretung – auch beider Teile – mit und ohne Vertretungsmacht nicht aus (BayObLG Rpfleger 84, 11). Beide Teile können unter Befreiung von § 181 auch durch dieselbe Person vertreten werden (BGH NJW 75, 1885 [BGH 16.04.1975 - V ZB 15/74]). Vollmacht (§ 167 II) und Genehmigung (§§ 182 II, 177 I, 185 II) ggü dem anderen Teil bedürfen materiell-rechtlich keiner Form. Ein Notar kann ausdrücklich oder konkludent zur Entgegennahme der Genehmigung für die Beteiligten bevollmächtigt sein (BGHZ 29, 371). Für den Nachweis beim Grundbuchamt (§ 20 GBO) ist jedoch eine Vollmachtsbestätigung oder eine Genehmigungserklärung in der Form des § 29 GBO erforderlich. Eine Vollmacht ist ausnahmsweise beurkundungsbedürftig, wenn der Vollmachtgeber durch die Unwiderruflichkeit der Vollmacht (BGH WM 67, 1039) oder der Umstände faktisch bereits endgültig gebunden wird (BGH NJW 75, 39 [BGH 11.10.1974 - V ZR 25/73]). Allein die Befreiung von § 181 begründet keine Beurkundungsbedürftigkeit (BGH DNotZ 79, 684 [BGH 23.02.1979 - V ZR 171/77]; s.a. Soergel/Stürner Rz 25). Nur ein Teil muss anwesend sein und seine Erklärung abgeben, wenn die Erklärung des anderen Teils durch ein Urt nach § 894 ZPO ersetzt wird (BayObLG RNotZ 05, 363). Dazu muss bei Beurkundung entweder eine Ausfertigung des rechtskräftigen Urt oder bei einer Zug-um-Zug-Verurteilung eine vollstreckbare Ausfertigung des Urt (§§ 894, 726 ZPO) vorliegen (BayObLG RPfleger 83, 390; Grüneberg/Herrler Rz 6). Dem Grundbuchamt muss dann nur eine beglaubigte Abschrift, nicht aber die – der Urschrift beigeheftete – vollstreckbare Ausfertigung eingereicht werden (DNotI-Report 07, 50). Kraft landesrechtlicher Regelung nach Art 143 II EGBGB kann bei der notariellen Versteigerung von Grundstücken die Anwesenheit beider Teile entbehrlich sein, wenn die Auflassung im Versteigerungstermin erklärt wird (Erman/Lorenz Rz 34).
II. Zuständige Stelle.
Rn 8
Nur in Deutschland bestellte Notare (vgl BGH DNotZ 20, 742 [BGH 13.02.2020 - V ZB 3/16]) und im Ausland mit Beurkundungszuständigkeit ausgestattete Personen (Konsularbeamte, §§ 10, 12 KonsG) sowie Gerichte in den Fällen des I 3 sind zuständig, die Auflassung bzgl eines in Deutschland belegenen Grundstücks entgegen zu nehmen (ganz hM KG Rpfleger 86, 428 f; Köln Rpfleger 72, 134; aA Heinz ZNotP 01, 460; vgl Erman/Lorenz Rz 16 ff; s.a. Rn 1). Nach I 2 kann die Auflassung auch in einem – wegen II unwiderruflichen – gerichtlichen Vergleich (s § 127a; §§ 159 ff ZPO) erklärt werden, und zwar in allen Rechtswegen und Instanzen, soweit in dem gerichtlichen Verfahren ein Vergleich zulässig ist (BGHZ 14, 387; Grüneberg/Herrler Rz 8). Das gilt auch, wenn funktional der Rechtspfleger zuständig ist (Grüneberg/Herrler Rz 8). Durch die Auflassung im Vergleich muss der Prozess ganz oder zumindest teilweise beigelegt werden (Erman/Lorenz Rz 21). Ein nach § 276 VI ZPO bloß schriftlich eingereichter Vergleich, der durch Gerichtsbeschluss festgestellt wird, genügt jedoch nicht (Ddorf RNotZ 06, 614). Die Auflassung ist ferner wirksam erklärt (§ 228 InsO), wenn ein Insolvenzplan (§§ 254, 248, 252 f InsO) oder Restrukturierungsplan (§§ 67, 60, 65 f SanInsFoG) rechtskräftig bestätigt worden ist. Nicht mehr zuständig sind Grundbuchämter und Amtsgerichte, soweit keine vorstehende Ausn gilt.
III. Erklärung.
Rn 9
Die Auflassung muss weder mündlich noch ausdrücklich, sondern kann auch stillschweigend oder konkludent erklärt werden (heute hM Rostock MittBayNot 06, 415 ff; MüKo/Ruhwinkel Rz 20; Staud/Pfeifer Rz 86; aA die früher hM zB RG JW 28, 2519), zB wenn der Eigentümer die Eigentumsumschreibung bewilligt und der Erwerber diese beantragt (RGZ 54, 383) oder dem Notar eine schriftliche Erklärung übergeben wird (MüKo/Ruhwinkel Rz 20) oder der eine Teil nur die Erklärung des anderen Teils mitunterschreibt (MüKo/Ruhwinkel Rz 20; aA BayObLG FGPrax 01, 13 [BayObLG 30.11.2000 - 2 Z BR 120/00]). Der Notar hat das Verfahren nach §§ 8 ff BeurkG einzuhalten, formal ist die Beachtung des Verfahrens jedoch nicht Wirksamkeitsvoraussetzung, sofern die Auflassung nur vor dem zur Entgegennahme bereiten Notar erklärt wird (BGHZ 7, 64; NJW 92, 1101). Die Auflassung ist daher auch dann wirksam, wenn bei einer beurkundeten Auflassungserklärung die Unterschrift eines anwesenden Beteiligten vergessen wurde (Rostock MittBayNot 06, 415 ff). Für den Nachweis der Auflassung ggü dem Grundbuchamt gilt jedoch §§ 29, 20 GBO.
IV. Inhalt.
Rn 10
Die Auflassung ist ein dinglicher Vertrag, in dem Veräußerer und Erwerber über den Eigentumsübergang einig sein müssen. Auf diesen Vertrag sind ...