Gesetzestext
(1) 1Bezieht die ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung aus einem noch nicht ausgeglichenen Anrecht, so kann die ausgleichsberechtigte Person von ihr den Ausgleichswert als Rente (schuldrechtliche Ausgleichsrente) verlangen. 2Die auf den Ausgleichswert entfallenden Sozialversicherungsbeiträge oder vergleichbaren Aufwendungen sind abzuziehen. 3§ 18 gilt entsprechend.
(2) Der Anspruch ist fällig, sobald die ausgleichsberechtigte Person
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eine eigene laufende Versorgung im Sinne des § 2 bezieht, |
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die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht hat oder |
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die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine laufende Versorgung wegen Invalidität erfüllt. |
(3) Für die schuldrechtliche Ausgleichsrente gelten § 1585 Abs. 1 Satz 2 und 3 sowie § 1585b Abs. 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.
A. Vorbemerkungen.
Rn 1
Der 3. Abschnitt des VersAusglG befasst sich mit den Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung. In seinem Unterabschnitt 1 finden sich die Voraussetzungen für die schuldrechtlichen Ansprüche auf Ausgleichsrente oder Kapitalzahlung sowie auf Abtretung von Versorgungsansprüchen zur Sicherung der Ausgleichsansprüche, §§ 20–22. Der Unterabschnitt 2 regelt den Anspruch der ausgleichsberechtigten Person auf Abfindung der Ausgleichansprüche, §§ 23, 24. Im Unterabschnitt 3 sind Ansprüche des ausgleichsberechtigten Ehegatten auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung aus dem vom ausgleichspflichtigen Ehegatten erworbenen und dem schuldrechtlichen VA unterliegenden Anrecht erfasst, §§ 25, 26.
B. Grundlagen schuldrechtlicher Ausgleichsansprüche.
Rn 2
Ausgleichsansprüche nach der Scheidung bestehen als subsidiäre Ausgleichsform (sog schuldrechtlicher VA) für Anrechte, die zwar gem den §§ 1 und 2 dem VA unterliegen, aber aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht iR eines öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs, also durch interne oder externe Teilung, ausgeglichen werden können. Der Ausgleichsberechtigte erhält lediglich schuldrechtliche Ansprüche gegen den Ausgleichspflichtigen auf Beteiligung an deren dem VA unterliegender, aber nicht oder nicht vollständig iRd Wertausgleichs bei der Scheidung (oder des öffentl-rechtlichen VA nach früherem Recht) ausgeglichener Versorgung. Während sich der Wertausgleich bei der Scheidung nach den §§ 9 ff sowohl auf Versorgungsanwartschaften als auch auf bereits laufende Versorgungen bezieht, unterfallen dem schuldrechtlichen Ausgleich nur (›noch nicht ausgeglichene‹) Anrechte, die sich schon im Leistungsstadium befinden. Die Ausgleichsrente nach § 20 oder die Kapitalzahlung nach § 22 werden durch Leistungsentscheidung des FamG tituliert. Tritt der Versorgungsfall beim Berechtigten eher ein als beim Verpflichteten, so besteht zunächst überhaupt noch kein Ausgleichsanspruch; der Ausgleichsberechtigte muss vielmehr abwarten, bis der Ausgleichspflichtige seinerseits die schuldrechtlich auszugleichende Versorgung erlangt. Auch schuldrechtliche Ausgleichsansprüche können in Anwendung der Härteklausel des § 27 gekürzt oder ganz ausgeschlossen werden (s § 27 Rn 21 ff).
C. Anwendungsbereich des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs (Abs 1 S 1).
I. Gesetzlich geregelte Anwendungsfälle.
Rn 3
Gem I 1 unterliegen dem schuldrechtlichen Ausgleich nur ›noch nicht ausgeglichene Anrechte‹. Dazu gehören zum einen die im Zeitpunkt der Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung noch nicht ausgleichsreif gewesenen Anrechte (s § 19 II) sowie die zwar an sich ausgleichsreif gewesenen, aber vom Gericht gem § 19 III nicht in den Wertausgleich einbezogenen Anrechte (sog Ausgleichssperre, s § 19 Rn 18). Die bereits vollständig öffentlich-rechtlich ausgeglichenen Anrechte bleiben im schuldrechtlichen VA außer Betracht (BGH FamRZ 05, 1464). Hinsichtlich dieser Anrechte brauchen daher keine Ermittlungen mehr angestellt zu werden. Eine Abänderung des nach früherem Recht durchgeführten öffentlich-rechtlichen VA findet nur im Verfahren nach den §§ 51, 52, eine Abänderung des nach neuem Recht durchgeführten Wertausgleichs bei der Scheidung nur im Verfahren nach den §§ 225, 226 FamFG statt. Ist ein Anrecht allerdings nach früherem Recht nur tw öffentlich-rechtlich ausgeglichen worden, kann der Rest noch einem schuldrechtlichen VA zugeführt werden (s Rn 7). In diesem Fall kann auch eine nachträgliche Änderung des Gesamtwerts der Versorgung berücksichtigt werden, indem die Differenz zwischen dem nunmehr festzustellenden Gesamtwert der Versorgung und dem tatsächlich bereits öffentlich-rechtlich ausgeglichenen Betrag als schuldrechtlich auszugleichende Versorgung zugrunde gelegt wird (Celle FamRZ 93, 1328; Karlsr FamRZ 00, 235, 237). Ein Anrecht kann insg schuldrechtlich ausgeglichen werden, wenn ein öffentlich-rechtlicher VA nach früherem Recht daran gescheitert ist, dass der Höchstbetrag für ein erweitertes Splitting nach § 3b I Nr 1 VAHRG bereits durch den Ausgleich eines anderen Anrechts ausgeschöpft und auch ein Ausgleich durch Beitragsentrichtung nach § 3b I Nr 2 VAHRG nicht möglich war (Celle FamRZ 14, 1783). Ferner ist ein schuldrechtlicher VA durchzuführen, soweit die Ehegatten dies wirksam vereinbart haben (§ 6 I 2 Nr 3). Ein Zwang zum Abschluss...