Rn 56

In einer Patronatserklärung verspricht der ›Patron‹ (zB die Konzernmuttergesellschaft) idR ggü dem Gläubiger (zB Bank) eines Dritten (zB der Tochtergesellschaft) – dem Protégé – ein bestimmtes Verhalten, das die Aussichten auf Vertragserfüllung ggü dem Gläubiger (zB Rückzahlung eines Kredits durch die Tochtergesellschaft an die Bank) verbessert (ausführlich BeckOGK/Harnos § 765 Rz 613–704; Staud/Stürner Vorbem zu § 765 Rz 451 ff; s für internationale Anlagenbaugeschäfte die ›Parent Company Guarantees‹, Frank-Fahle ZfBR 18, 107). Dies kann beihilferechtlich problematisch sein (Soltesz/Pfeffer/Wagner WM 13, 831). Zu AGB-rechtlichen Fragen s BeckOGK/Harnos § 765 Rz 643 ff. Bei einer ›harten‹ Patronatserklärung übernimmt der Patron (idR ggü einem Gläubiger des Schuldners) die Rechtspflicht (BGHZ 117, 127, 133 f; Ddorf BeckRS 11, 00882; BeckOGK/Harnos § 765 Rz 618.1), den Schuldner mit ausreichender Liquidität auszustatten (Ausstattungspflicht) oder Verluste auszugleichen (BGH ZIP 06, 1199 f), um auf diese Weise die freiwillige Erfüllung oder zwangsweise Durchsetzung der durch die Patronatserklärung gesicherten Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner zu ermöglichen (so MüKoBGB/Habersack Vor § 765 Rz 50 mwN; Überblick über Vielfalt und Grenzen der Einsetzbarkeit bei BeckOGK/Harnos § 765 Rz 615.3; als Instrument für die Beseitigung der insolvenzrechtlichen Überschuldung Kronner/Seidler BB 19, 555–559; ein Plädoyer für die weiche Patronatserklärung als hinreichendes Gestaltungsmittel Pickerill, NZG 18, 609, 618).

 

Rn 57

Die Erklärung kann ggü dem Gläubiger und/oder dem Schuldner formfrei (BGH ZIP 06, 1199, 1200: Keine Schenkung) erklärt werden (Kiethe ZIP 05, 646, 647). Die nur ggü dem Gläubiger abgegebene (externe) Patronatserklärung ist kein Vertrag zugunsten des Schuldners iSd § 328 I, da dieser nur reflexartig begünstigt wird (aaO 648; Maier-Reimer/Etzbach NJW 2011, 1110, 1112; MüKoBGB/Habersack Vor § 765 Rz 51). Der Patron wird hier nur ggü dem Gläubiger verpflichtet (zur prozessualen Durchsetzung s BeckOGK/Harnos § 765 Rz 630 ff) und vermeidet deshalb auch nicht die allg Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der patronierten (Tochter-)Gesellschaft (BGH ZIP 11, 1111, 1113; vgl BeckOGK/Harnos § 765 Rz 626.2: untaugliches Sanierungsmittel). Der Patron ist zur finanziellen Ausstattung des Protégé verpflichtet und trägt das Insolvenanfechtungsrisiko (BeckOGK/Harnos § 765 Rz 629) und das Weiterleitungsrisiko (zur Begrenzung s BeckOGK/Harnos § 765 BGB Rz 628 und 628.3, 634: Einzahlung auf ein treuhänderisches Sonderkonto mit entsprechender Ermächtigung an den Protégé). Der Gläubiger trägt hingegen das Risiko, dass der Protégé das Geld nicht weiterleiten will (BeckOGK/Harnos § 765 Rz 628).

 

Rn 58

Gibt der Patron die Erklärung ggü dem Schuldner (intern) ab, begründet sie eine Liquiditätszusage des Patrons ggü dem Schuldner (Maier-Reimer/Etzbach NJW 2011, 1110, 1114; idR aufschiebend bedingtes Darlehensversprechen iSv § 488, s BGH NJW 2010, 3442 u Frankfurt BeckRS 12, 24989) und kann die Zahlungsunfähigkeit vermeiden (BGH ZIP 11, 1111, 1113; eingehend BeckOGK/Harnos § 765 Rz 657 ff). Sie schafft hingegen (zunächst) keine Rechte des Gläubigers (München ZIP 04, 2102, 2104; BeckOGK/Harnos § 765 Rz 631 f). Eine Rechtspflicht ggü dem Gläubiger kann nur entstehen, wenn der Schuldner die Patronatserklärung dem Gläubiger bei den Vertragsverhandlungen vorlegt (Kiethe ZIP 05, 646, 650) und dies in der Erklärung nicht ausdrücklich untersagt ist.

 

Rn 59

In der Lit ist str (s BeckOGK/Harnos § 765 Rz 634), ob die Ausstattungspflicht auch in der Insolvenz besteht (BGH ZIP 06, 1199, 2000 u 03, 1097, 1098 für einen Fall der Plünderung durch die Patronin; Celle NZG 09, 308 ›Stehenlassen‹ einer eigenkapitalersetzenden harten Patronatserklärung: keine Kündbarkeit, da Sicherungszweck sonst ›ad absurdum‹ geführt werde; Tetzlaff ZInsO 08, 337; Küpper/Heinze ZInsO 06, 913 ff), weil sonst der Zweck einer Patronatserklärung durch Flucht in die Insolvenz (der Tochtergesellschaft) vermieden werden kann, oder ob der Anspruch mit der Insolvenz wegen Frustrierung der Zweckerreichung untergeht (so Celle Nds Rpfl 00, 309, 310). Die Rspr geht von einer Wandlung der Ausstattungspflicht (s Rn 56) in eine Direktzahlungspflicht des Patrons in die Insolvenzmasse des Protégé bei dessen Insolvenz aus (BGH BeckRS 21, 20906 Rz 75). Entsteht dem Gläubiger infolge von Insolvenzanfechtung und Rückerstattung ein Schaden, hat der Patron hingegen direkt den Schadensersatz an den Gläubiger zu zahlen (BGH NJW-RR 17, 298; Schmidt/Gundlach DStR 2017, 792, 794 [BGH 17.11.2016 - IX ZR 65/15]). Der Patron kann frei entscheiden, wie er seine Ausstattungspflicht erfüllt (Michalski WM 94, 1229, 1238). Gleichwohl ist der Anspruch hinreichend bestimmt iSv § 253 II Nr 2 ZPO (München ZIP 04, 2102, 2104) und damit einklagbar. Der Patron kann sich durch (konkludente) Vereinbarung einer Kündigungsmöglichkeit ex nunc schützen (BGH NJW 2010, 3442 [BGH 20.09.2010 - II ZR 296/08] ›STA...

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