1 Leitsatz
Veräußert ein Wohnungseigentümer einem anderen Wohnungseigentümer einen Miteigentumsanteil an einem Raum, so bedarf der Eigentumswechsel weder der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer noch einer Änderung der Teilungserklärung.
2 Normenkette
§ 4, § 6 WEG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer F verkauft Wohnungseigentümer T einen 930,50/100.000 Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an einer Garage. Der Miteigentumsanteil wird im Jahr 2011 Bestandteil des Teil- und Wohnungseigentumsrechts des T. Jahre später meint Wohnungseigentümer K, die Veräußerung der Garage sei rechtlich nicht möglich gewesen. Miteigentumsanteile könnten ohne Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer und einer entsprechenden Änderung der Teilungserklärung nicht aufgeteilt werden. Bei der Garage habe es sich ausweislich der Teilungserklärung nicht um selbstständiges Sondereigentum, sondern um einen Nebenraum des Wohnungseigentums gehandelt.
4 Die Entscheidung
Das OLG sieht das anders! Ein Wohnungseigentümer könne sein Wohnungseigentum unter Aufteilung der bisherigen Raumeinheit in mehrere in sich wiederum abgeschlossene Raumeinheiten sowie in eine der Zahl dieser Raumeinheiten entsprechende Zahl von selbstständigen Wohnungseigentumsrechten unterteilen, ohne dass er dazu nach dem Gesetz der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedürfe. Soweit K geltend mache, die Garage sei nur ein Nebenraum des Wohnungseigentums gewesen, ändere das nichts. § 6 Abs. 1 WEG erlaube Veränderungen in der Zuordnung sondereigentumsfähiger Räume; zu vermeiden sei lediglich die Entstehung isolierten Sondereigentums. Solches sei nicht entstanden, da ein Miteigentumsanteil zusammen mit dem sondereigentumsfähigen Raum veräußert worden sei. Darüber hinaus sei die Zweckbestimmung des veräußerten Raums beibehalten worden.
Hinweis
- Sondereigentum ist Alleineigentum i. S. d. § 903 BGB. Deshalb sind die Veräußerung und der Erwerb eines Sondereigentumsraumes nicht lediglich eine Änderung des Inhaltes des Sondereigentums und damit nicht durch formlose Einigung möglich. Der schuldrechtliche Vertrag bedarf der notariellen Beurkundung nach § 4 Abs. 3 WEG, § 311b Abs. 1 BGB. Der dingliche Rechtsübergang vollzieht sich nach § 873 BGB durch Einigung und Eintragung. Die Form des § 925 BGB ist nach h. M. zu beachten.
- Ausreichend ist ein 2-seitiger Vertrag zwischen Veräußerer und Erwerber. Es bedarf weder einer gleichzeitigen Änderung der Miteigentumsanteile – dies stellt das OLG leider nicht klar – noch einer Mitwirkung der anderen Wohnungseigentümer. Die Eintragung des Eigentumsübergangs am Sondereigentumsraum ist unmittelbar selbst nicht möglich, da das aufgelassene Objekt im Grundbuch nicht selbstständig buchungsfähig ist. Ähnlich wie bei einem Zuflurstück muss daher durch einseitige Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt die Zuordnung des aufgelassenen Objekts zum vorhandenen Grundeigentum erfolgen; dies geschieht analog § 890 BGB.
- Nach § 7 Abs. 4 Satz 2 WEG muss bei der Nummerierung des Sondereigentums im Aufteilungsplan jeder zu diesem Wohnungseigentum gehörende Raum die gleiche Nummer tragen. Dies gilt jedoch nur bei der Begründung von Wohnungseigentum. Bei einer späteren Veräußerung von Sondereigentumsräumen kann dagegen die vorhandene Nummerierung beibehalten werden. Der Anspruch auf Übereignung eines Sondereigentumsraums kann durch eine Vormerkung nach § 883 BGB gesichert werden. Dies ergibt sich daraus, dass es sich hier um einen Anspruch auf Beschaffung echten Eigentums handelt, nicht um einen Anspruch auf Änderung von Wohnungseigentum. Sofern der veräußerte Raum zu einer Sondereigentumseinheit gehört, die mit dinglichen Rechten – in der Regel Grundpfandrechten – belastet ist, muss der lastenfreie Eigentumsübergang sichergestellt werden. Hierzu ist materiell-rechtlich die Zustimmung der Inhaber dinglicher Rechte erforderlich. Zur Begründung werden teilweise §§ 876, 877 BGB herangezogen, teils wird darin eine Aufhebung i. S. d. § 875 BGB gesehen.
Ausblick WEG-Reform
Die WEG-Reform wird an der Frage, wie ein Raum seinen Eigentümer wechseln kann, nichts ändern.
5 Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss v. 17.1.2020, 3 Wx 173/19