Leitsatz

Zwischen den Parteien bestand zunächst Streit über die weitere Nutzung der Ehewohnung. Nachdem die Ehewohnung der Antragstellerin im Wege der einstweiligen Anordnung zugewiesen worden war, erklärten die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 10.7.2008 das Verfahren übereinstimmend für erledigt, nachdem es unter Mitwirkung des dem Antragsgegner im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts zur Versöhnung zwischen den Parteien gekommen war.

Nach Abschluss des Verfahrens beantragte der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners in seinem Vergütungsfestsetzungsantrag u.a. eine 1,0 Einigungsgebühr gemäß Nr. 1003 RVG-VV. In dem Festsetzungsbeschluss wurde diese Gebühr von der Urkundsbeamtin nicht berücksichtigt. Die hiergegen eingelegte Erinnerung wurde zurückgewiesen. Hiergegen hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt.

Sein Rechtsmittel erwies sich als erfolgreich.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, aufgrund der Bewilligung von Prozesskostenhilfe stehe dem beigeordneten Beschwerdeführer ein Anspruch auf die mit seinem Festsetzungsantrag geltend gemachte Einigungsgebühr zu.

Zu Recht habe das AG darauf hingewiesen, dass das Entstehen einer Einigungsgebühr eine materiell-rechtliche Regelung voraussetze, die durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen mit Rechtsbindungswillen zustande komme. Es habe allerdings in der Versöhnung der Parteien ausschließlich einen rein tatsächlichen Vorgang gesehen, durch den eine sachlich-rechtliche Vereinbarung nicht geschlossen worden sei.

Das OLG wies insoweit darauf hin, dass Willenserklärungen auch konkludent, das heißt durch schlüssiges Verhalten abgegeben werden könnten. Bei Willenserklärungen dieser Art finde das Gewollte nicht unmittelbar in einer Erklärung seinen Ausdruck, der Erklärende nehme vielmehr Handlungen vor, die mittelbar einen Schluss auf einen bestimmten Rechtsfolgewillen zuließen (Heinrichs/Ellenberger in Palandt, BGB, 67. Aufl. 2008, Einführung vor § 116 BGB Rz. 6 m.w.N.).

Durch die Versöhnung unter Mitwirkung des Beschwerdeführers hätten die Parteien ihren Streit über die Zuweisung der Ehewohnung beseitigt, indem sie sie wieder gemeinsam benutzen und sich durch dieses schlüssige Verhalten mit Rechtsbindungswillen dahingehend geeinigt hätten, dass die Ehewohnung beiden zustehe.

Erst diese materiell-rechtliche Vereinbarung - zustande gekommen durch beiderseitige konkludente Willenserklärungen - habe im Verhandlungstermin auch die Beendigung des gerichtlichen Verfahrens durch die Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen ermöglicht. Hierdurch werde die Einigungsgebühr ausgelöst. Die Parteien hätten nicht bloß übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben, sondern zuvor eine materiell-rechtliche Einigung über die gemeinsame Nutzung der Ehewohnung erzielt.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.10.2008, 8 WF 167/08

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