Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob in einem Sorgerechtsverfahren, in dem ein Erörterungstermin nicht stattfindet und das Gericht ohne Termin entscheidet, eine Terminsgebühr gemäß RVG-VV Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 entstehen kann.
Sachverhalt
Der Kindesvater beantragte, ihm die elterliche Sorge für das gemeinsame Kind der Beteiligten zu übertragen. Ihm war Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung für das Verfahren bewilligt worden. Die Kindesmutter war einverstanden und stimmte dem Sorgerechtsantrag zu. Angesichts dessen entschied das AG antragsgemäß ohne Erörterungstermin.
Nach Abschluss des Verfahrens beantragte die dem Antragsteller beigeordnete Verfahrensbevollmächtigte, die aus der Staatskasse an sie zu zahlende Vergütung auf einen Gesamtbetrag von 586,07 EUR festzusetzen. Hierin war eine 1,2 Terminsgebühr enthalten. Das AG setzte daraufhin die Terminsgebühr vom Vergütungsantrag ab unter Hinweis darauf, dass eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden habe.
Auf die Erinnerung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers änderte das AG den Festsetzungsbeschluss dahingehend ab, dass auch die Terminsgebühr festzusetzen sei.
Gegen diese Entscheidung legte der Bezirksrevisor namens der Staatskasse Beschwerde ein und begründete dies damit, dass in Verfahren, welche die elterliche Sorge als Ganzes beträfen, bei denen aber der Aufenthalt bereits gefestigt sei, die mündliche Verhandlung nicht zwingend vorgeschrieben sei.
Das AG legte die Sache dem OLG zur Entscheidung vor.
Dort blieb das Rechtsmittel ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG sprach der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers die Terminsgebühr zu. Nach § 155 Abs. 2 S. 1 FamFG habe das Gericht grundsätzlich wegen eines Antrages auf Regelung der elterlichen Sorge die Sache mit den Beteiligten in einem Termin zu erörtern. Erörtern im Sinne dieser Norm bedeute, dass eine Verhandlung stattfinde, die eine Terminsgebühr auslöse.
Die elterliche Sorge sei zwar in § 155 Abs. 1 FamFG, auf den sich § 155 Abs. 2 S. 1 FamFG beziehe, nicht ausdrücklich angesprochen. Da dort aber die Kindschaftssachen betreffend den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht, die Herausgabe des Kindes und die Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls aufgeführt seien, bestand nach Auffassung des OLG kein Zweifel daran, dass auch die umfassenderen Verfahren betreffend die elterliche Sorge insgesamt gemeint seien.
In Verfahren, in denen die mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei, aber im Einverständnis mit den Parteien unterbleibe, entstehe die Terminsgebühr auch dann, wenn ein Termin nicht stattfinde.
Link zur Entscheidung
OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.09.2010, 8 WF 133/10