Leitsatz

Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel, wonach der am Erwerb einer Immobilie interessierte Kunde ein "Tätigkeitsentgelt" für die Reservierung (Absehen von weiterem Anbieten) des Kaufobjekts an den mit dem Verkaufsinteressenten verflochtenen Verwender zu zahlen hat, das auch bei Nichtzustandekommen des Kaufvertrags dem Verwender verbleiben soll, ist unwirksam.

 

Fakten:

Ein Ehepaar interessierte sich für den Kauf einer Eigentumswohnung und unterzeichnete einen "Auftrag zur Vorbereitung eines notariellen Kaufvertrags und Finanzierungsbearbeitung". Die Verkaufsvermittlerin war insoweit beauftragt, u.a. die Beurkundung des Kaufvertrags vorzubereiten und mit Unterzeichnung des Auftrags die Wohnung anderweitig nicht mehr anzubieten, sondern sie für den Kaufinteressenten reserviert zu halten. Für diese Tätigkeit verpflichtete sich das Ehepaar, an die Vermittlerin einen Betrag von 1.500 Euro zu bezahlen. Bei Abschluss des Kaufvertrags werde dieser Betrag mit der ersten Kaufpreisrate verrechnet. Komme es nicht zum Abschluss des Kaufvertrags, seien 750 Euro als Tätigkeitsentgelt für die Reservierung verdient. Die weiteren 750 Euro gelten als Ausgleich für die Vorbereitung des notariellen Kaufvertrags und würden nur anteilig je nach Bearbeitungsstand zurückerstattet. Einige Zeit später teilte das Ehepaar mit, am Erwerb der Wohnung nicht mehr interessiert zu sein und verlangte die bereits gezahlten 1.500 Euro zurück. Die Vermittlerin erstattete "kulanterweise" 750 Euro mit der Bemerkung, dass sie die ihr zwischenzeitlich entstandenen Aufwendungen nicht in Abzug gebracht habe. Die Forderung auf Rückzahlung der restlichen 750 Euro lehnte sie ab. Die Vermittlerin ist jedoch verpflichtet, auch die weiteren 750 Euro hinsichtlich der Reservierungsgebühr zurückzuzahlen. Die Klausel über die Verpflichtung zur Zahlung eines "Reservierungsentgelts" für den Fall des Nichtzustandekommens eines Kaufvertrags, das bereits mit der Unterzeichnung des Auftrags zu entrichten war, ist unangemessen benachteiligend und wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Eine unangemessene Benachteiligung ist dann anzunehmen, wenn der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen. Die streitgegenständliche Klausel stellt letztlich den Versuch dar, sich für den Fall des Scheiterns der Vermittlungsbemühungen gleichwohl eine erfolgsunabhängige Vergütung zu sichern, ohne dass dabei gewährleistet ist, dass sich aus dieser entgeltpflichtigen Reservierungsvereinbarung für den Kunden nennenswerte Vorteile ergeben oder seitens der Vermittlerin eine geldwerte Gegenleistung zu erbringen ist.

Das Versprechen der Vermittlerin, die Eigentumswohnung nicht mehr anderweitig anzubieten, lässt im Übrigen das Recht des Verkäufers unberührt, seine Verkaufsabsichten aufzugeben oder das Objekt ohne Einschaltung der Vermittlerin an Dritte zu veräußern. Der Kunde zahlt damit einen nicht ganz unerheblichen Betrag, ohne dafür die Gewähr zu haben, das fragliche Objekt überhaupt erwerben zu können. Hinzu kommt, dass die Zahlung eines derartigen Entgelts regelmäßig geeignet ist, Einfluss auf die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit des Kunden im Sinne der Förderung des Kaufentschlusses zu nehmen, um nicht die bereits erfolgte Zahlung verfallen zu lassen, sondern im Wege der Verrechnung mit dem Kaufpreis verwerten zu können.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 23.09.2010, III ZR 21/10BGH, Urteil vom 23.9.2010 – III ZR 21/10

Fazit:

Vorliegend handelte es sich nicht um einen "klassischen" Maklervertrag, da die Verkaufsvermittlerin ein Tochterunternehmen der Verkäuferin war. Gleichwohl ist hier wie dort die Vereinbarung einer Reservierungsgebühr formularvertraglich unwirksam. Rechtlich bedenklich ist auch eine entsprechende Individualvereinbarung dann, wenn das vereinbarte Entgelt so hoch ist, dass die den Erwerber in seiner Entschlussfreiheit beeinträchtigt, zu kaufen oder vom Vertrag Abstand zu nehmen. Soweit die Reservierungsgebühr jedenfalls eine Höhe von 10 bis 15 Prozent der vereinbarten Provision erreicht, bedarf die entsprechende Vereinbarung der notariellen Beurkundung. Aber auch diese kann wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein, wenn sie zeitlich unbegrenzt ist.

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