Rz. 81

Der zuständige Notar ist gem. Art. 1171 ff. ZGB während der Zeit, in der der Nachlass angenommen werden kann, d.h. grundsätzlich innerhalb der Sechsmonatsfrist, in bestimmten Fällen auch darüber hinaus, jedoch nicht länger als für insgesamt neun Monate, verpflichtet, Maßnahmen zur Sicherung des Nachlasses zu ergreifen und diesen zu verwalten. Sollte ein Testamentsvollstrecker testamentarisch eingesetzt worden sein, muss der Notar die Maßnahmen mit ihm abstimmen. Ferner ist der Testamentsvollstrecker auch selbst dazu befugt, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, wobei für ihn keine zeitliche Beschränkung gilt. Sollten Vermögensgegenstände außerhalb des Notarbezirks gelegen sein, so kann der Notar den am Belegenheitsort zuständigen Notar mit Sicherungsmaßnahmen beauftragen.

 

Rz. 82

Gemäß Art. 1172 ZGB soll der Notar ein Inventar des Nachlasses aufstellen, welches durch zwei Zeugen zu unterzeichnen ist. Sofern notwendig oder von einem Erben, dem Testamentsvollstrecker oder gegebenenfalls von der Vormundschaftsbehörde verlangt, ist eine Bewertung des Vermögens durchzuführen. Weiterhin hat der Notar dafür zu sorgen, dass Bargeld aus dem Nachlass bei ihm und Devisen, Edelmetall und Edelsteine sowie Wertpapiere aus dem Nachlass bei einer Bank deponiert werden. Sollte der Notar feststellen, dass sich unter dem Nachlass Waffen befinden, so ist die zuständige Stelle des Innenministeriums von ihm davon in Kenntnis zu setzen. Weiterhin ist der Notar befugt, einzelne Gegenstände aus dem Nachlass entweder bei sich oder einem der Erben zur Aufbewahrung zu deponieren. Sollte eine gesonderte Verwaltung des Nachlasses (z.B. bei einem Unternehmen im Nachlass) erforderlich sein, so schließt der Notar für diese Verwaltung einen entsprechenden Vertrag ab.

 

Rz. 83

Die Ausgaben für die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses wie auch die Krankheitskosten des Erblassers vor seinem Tod, die Kosten für ein angemessenes Begräbnis und sonstige Testamentskosten sind aus dem Nachlass zu begleichen. Hierbei ist zu beachten, dass zuerst die Kosten für die Krankenbehandlung des Erblassers und sein Begräbnis zu decken sind. Zweitrangig sind die Auslagen für die Verwaltung und Sicherung des Nachlasses. Testamentarische Kosten sind drittrangig. Erst danach sind sonstige Schulden des Erblassers zu befriedigen.

 

Rz. 84

Während der Verwaltung des Nachlasses durch den Notar sind gem. Art. 1174 Abs. 2 ZGB diese Forderungen an den Notar (bzw. gegebenenfalls alternativ an den Testamentsvollstrecker) zu richten, der sie aus den Bankeinlagen und dem Geld des Erblassers befriedigt. Nach Annahme der Erbschaft sind diese Forderungen – wie auch sonstige Verbindlichkeiten des Erblassers – an die Erben zu richten, die im Rahmen ihres jeweiligen Erbteils haften, vgl. Art. 1175 ZGB. Eine Haftung über den Wert des erhaltenen Erbes hinaus ist im russischen Erbrecht nicht vorgesehen. Dementsprechend gibt es – im Gegensatz zum deutschen Erbrecht – auch keine Anfechtung der Annahme der Erbschaft wegen Überschuldung. Eine Besonderheit sieht Art. 1175 Abs. 2 ZGB für den Fall vor, dass ein Erbe die noch nicht angenommene Erbschaft eines anderen Erblassers erbt (siehe Art. 1156 ZGB). In diesem Fall haftet der Erbe mit dem Erbteil nur für die Schulden des ersten Erblassers, jedoch nicht für die Schulden des Erblassers, der diesen Erbteil nicht mehr annehmen konnte, da er verstorben ist.

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