Rz. 66
Ein russisches Gericht ist nach dem allgemeinen Gerichtsstand zuständig, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in Russland hat (Art. 402 Abs. 2 ZPO). Unabhängig vom Wohnsitz des Beklagten ist die internationale Zuständigkeit eines russischen Gerichts für Ehescheidungen auch dann gegeben, wenn der Kläger in Russland seinen Wohnsitz hat oder mindestens einer der Ehegatten die russische Staatsangehörigkeit besitzt (Art. 402 Abs. 3 Nr. 8 ZPO). In diesen Fällen kann der Kläger wählen, ob er vor einem russischen Gericht oder vor einem ausländischen Gericht am Wohnsitz des Beklagten klagt. Bei russisch-ausländischen Doppelstaatlern ist nach Art. 1195 Abs. 3 ZGB, der auch im internationalen Prozessrecht Anwendung finden dürfte, in Russland stets die russische Staatsangehörigkeit maßgeblich (vgl. auch Art. 6 StAngG). Eine besondere Zuständigkeit russischer Gerichte liegt ferner dann vor, wenn ein im Ausland wohnender russischer Staatsangehöriger die Scheidung von seinem ebenfalls im Ausland wohnenden Ehegatten begehrt. Die Staatsangehörigkeit des anderen Ehegatten spielt dabei keine Rolle (Art. 160 Abs. 2 S. 1 FGB). Die Vorschrift des Art. 160 Abs. 2 S. 1 FGB ist neben Art. 402 Abs. 3 Nr. 8, 2. Alt. ZPO anwendbar. Wenn beide Ehegatten ihren Wohnsitz in der RF haben und mindestens einer von ihnen die russische Staatsangehörigkeit besitzt, ist für die Ehescheidung ein russisches Gericht ausschließlich international zuständig (Art. 403 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Besitzt einer der Ehegatten eine ausländische Staatsangehörigkeit oder ist einer von ihnen staatenlos, können die Ehegatten – außer in den Fällen der ausschließlichen Zuständigkeit eines russischen Gerichts – die internationale Zuständigkeit durch eine Gerichtsstandsvereinbarung ändern (Art. 404 ZPO). Eine Gerichtsstandsvereinbarung ist für die Parteien verbindlich. Ein russisches Gericht ist unzuständig, wenn dieselbe Scheidungssache bereits bei einem ausländischen Gericht eröffnet wurde und die Entscheidung in Russland anzuerkennen und vollstreckbar ist (Art. 406 Abs. 2 ZPO). Da ausländische Scheidungsurteile, soweit sie nicht vollstreckt werden müssen, in Russland grundsätzlich anerkannt werden (vgl. Rdn 69 f.), verhindert die Eröffnung eines Scheidungsverfahrens vor einem ausländischen Gericht die internationale Zuständigkeit russischer Gerichte. Aus Art. 406 Abs. 1 ZPO ergibt sich, dass ein russisches Gericht sich in diesem Fall erst dann für zuständig erklären darf, wenn im Ausland in derselben Scheidungssache bereits ein Urteil ergangen ist und seine Anerkennung in Russland aus durch autonomes Recht geregelten Gründen (vgl. Rdn 70) versagt wurde.
Rz. 67
Die internationale Zuständigkeit russischer Standesämter ist nicht geregelt. Sie ist aber in jedem Fall dann gegeben, wenn mindestens einer der Ehegatten die russische Staatsangehörigkeit besitzt und seinen ständigen Wohnsitz in Russland hat oder wenn beide Ehegatten ihren ständigen Wohnsitz in Russland haben. Bei Ehescheidungen im Ausland werden die standesamtlichen Funktionen von den russischen Konsulaten wahrgenommen, wenn mindestens einer der Ehegatten die russische Staatsangehörigkeit besitzt und seinen ständigen Wohnsitz in dem betreffenden Staat hat (Art. 160 Abs. 2 S. 2 FGB, Art. 5 PStG, Art. 25 Nr. 1 Konsularstatut).