Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe: Beiordnung eines Rechtsanwalts in Sorgerechtsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Beiordnung eines Rechtsanwalts in Sorgerechtsverfahren.
Normenkette
ZPO § 127 Abs. 2; FamFG § 76 Abs. 2, § 111 Nr. 2, §§ 114, 151 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Saarlouis (Beschluss vom 10.11.2010; Aktenzeichen 22 F 276/10 SO/VKH 1) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Saarlouis vom 10.11.2010 - 22 F 276/10 SO/VKH 1 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
I. Aus der Ehe der Kindeseltern, die geschieden ist, ist das am 10.4.2002 geborene Kind J. M. hervorgegangen. Dieses lebt im Haushalt der Antragstellerin und wird von dieser betreut und versorgt.
Mit ihrem am 30.9.2010 eingegangenen und mit einem Verfahrenskostenhilfegesuch verbundenen Antrag hat die Antragstellerin unter Beifügung einer Vereinbarung der Kindeseltern vom 15.9.2010, in der der Kindesvater seine Zustimmung zur Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf die Antragstellerin erklärt hat, um Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für J. auf sich allein nachgesucht. Mit am 25.10.2010 eingegangenem Schreiben hat der Kindesvater dem Antrag auf Übertragung der alleinigen Sorge zugestimmt. Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 10.11.2010, auf den Bezug genommen wird (Bl. 11/12, 15/16 d.A.), die elterliche Sorge auf die Antragstellerin allein übertragen, von einer Erhebung von Kosten abgesehen und angeordnet, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden. Ferner hat es mit Beschluss vom selben Tag den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe sowie die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt (Bl. 13, 14 d.A.).
Gegen den ihr am 18.11.2010 zugestellten Verfahrenskostenhilfe verweigernden Beschluss hat die Antragstellerin mit am 15.12.2010 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, der das Familiengericht gemäß Beschluss vom 20.12.2010 nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen OLG zur Entscheidung vorgelegt hat.
II. Die gem. § 76 Abs. 2 FamFG, § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin, das zu bescheiden dem Einzelrichter gem. § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO vorbehalten ist, hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Familiengericht bei der gegebenen Sachlage die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt.
Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes war zu versagen, weil sie weder durch eine Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage noch aus sonstigen Gründen gerechtfertigt ist. In Familiensachen des § 111 Nr. 2 FamFG (Kindschaftssachen), zu denen auch Verfahren gehören, die das Sorgerecht betreffen (§ 151 Nr. 1 FamFG), ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben (§ 114 Abs. 1 FamFG). Nach der seit September 2009 - also auch für das vorliegende Verfahren - maßgeblichen Regelung in § 78 Abs. 2 FamFG erfolgt für Verfahren, in denen - wie vorliegend - die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist, im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe die Beiordnung eines Anwaltes nur noch dann, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage erforderlich erscheint. Die Erforderlichkeit einer anwaltlichen Vertretung beurteilt sich hierbei nach den Umständen des Einzelfalles. Entscheidend ist, ob ein bemittelter Rechtssuchender in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Maßgebend sind dabei Umfang und Schwierigkeit der konkreten Sache, ferner die Fähigkeit des Beteiligten, sich mündlich oder schriftlich auszudrücken. Auch die existentielle Bedeutung der Sache oder eine besondere, vom allgemeinen Prozessrecht stark abweichende Verfahrensart kann die Beiordnung eines Rechtsanwalts nahelegen (BGH, Beschl. v. 23.6.2010 - XII ZB 232/09, FamRZ 2010, 1427 ff.; m.w.N.; s. auch BVerfG NJW-RR 2007, 1713, und BVerfGE 63, 380, 394). In Ansehung dieser Grundsätze kommt die begehrte Beiordnung eines Rechtanwaltes für die Antragstellerin nicht in Betracht. Im Streitfall hat die Antragstellerin eine Entscheidung nach § 1671 BGB erstrebt. Dabei liegen bereits nach ihrem Vortrag in der Antragsschrift, dem die Zustimmungserklärung ("Vereinbarung") des Kindesvaters beigefügt war, die dieser mit Schreiben vom 25.10.2010 erneut abgegeben hat, die Voraussetzungen des § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor, so dass nach der gesetzlichen Vorschrift ihrem Antrag - wie mit Beschluss vom 10.11.2010 geschehen - stattzugeben ist, ohne dass dem Gericht grundsätzlich eine Richtigkeitskontrolle oder ein Auswahlermessen zustünde oder es die Motive der Eltern zu beurteilen hätte (vgl. Palandt -Diederichsen, BGB, 69. Aufl., § 1671 Rz. 11 m.w.N.). Gründe, die gem. § 1671 Abs. 2 BGB gegen die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge entgegen der ausdrücklichen Zustimmung des anderen Elternteils sprech...