Verfahrensgang
AG Merzig (Aktenzeichen 27 F 20/20 UB) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Merzig vom 28. Mai 2020 - 27 F 20/20 UB -aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht - Familiengericht - in Merzig zurückverwiesen.
Gründe
I. Der am Beschwerdeverfahren beteiligte, am 2. September 2004 geborene Jugendliche B. ging aus der Verbindung der weiteren Beteiligten zu 1. (fortan: Mutter) mit seinem Vater - Herrn P. M. - hervor, die beide weder miteinander verheiratet waren noch sind und sich im Jahr 2010 voneinander trennten. B. blieb im Haushalt der Mutter. Der Vater lebt in Polen.
B. fällt bereits seit mehreren Jahren durch regelmäßigen Konsum vor allem hochprozentigen Alkohols und von Marihuana sowie Cannabis auf. Gegen ihn wurde und wird wegen verschiedener Straftaten - Körperverletzung, Beleidigung, Sachbeschädigung, Diebstahl und Raub - polizeilich ermittelt. Seit Mai 2017 ist er ganz überwiegend in Wohngruppen untergebracht, dort aber durch hoch aggressives, dissoziales Verhalten und mangelnde Regelakzeptanz aufgefallen und immer wieder zur Mutter hin abgängig gewesen.
Im vor dem Amtsgericht - Familiengericht - in Merzig geführten Verfahren 27 F 6/20 SO, dessen Akten dem Senat vorliegen, sah das Familiengericht durch Beschluss vom 3. Februar 2020 von Maßnahmen nach § 1666 BGB ab, nachdem es B. am selben Tage persönlich angehört und die Mutter - wie vom Jugendamt befürwortet - die "familiengerichtliche Genehmigung der Unterbringung" B.s beantragt hatte. Aus den Akten dieses Verfahrens geht hervor, dass das Jugendamt mit Schreiben vom 9. Januar 2020 mitgeteilt hatte, zur Sorgerechtslage liege ein polnisches Dokument vor, jedoch sei nicht klar ersichtlich, ob die Eltern gemeinsam sorgeberechtigt seien (Bl. 12 d. BA); ferner findet sich in der Beiakte eine SMS, die der Vater am 1. Oktober 2019 an die Mutter gerichtet hat (Bl. 26 d. BA.).
Jenen Antrag der Mutter hat das Familiengericht zum Anlass genommen, das vorliegende Verfahren einzuleiten. Am 4. Februar 2020 hat es B. einen Verfahrensbeistand bestellt und die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu der Frage angeordnet, ob die geschlossene freiheitsentziehende Unterbringung B.s notwendig ist.
Die Sachverständige Prof. Dr. med. M., Chefärztin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie in ..., hat dieses Gutachten - unter Mitwirkung von Herrn K., Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in derselben Einrichtung, unter dem 30. März 2020 erstattet. Sie hat eine unterdurchschnittliche Intelligenz des Kindes, eine kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen (F92.9 ICD 10), psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch (F 19.1 ICD 10) sowie eine drohende seelische Behinderung festgestellt und empfohlen, B. für die Dauer mindestens eines Jahres in einer geschlossenen Jugendhilfeeinrichtung unterzubringen sowie dem eine psychotherapeutische Behandlung anzugliedern, um eine Chronifizierung der bestehenden emotionalen und psychischen Entwicklungsstörung und der Gefahr einer emotionalen und sozialen Verwahrlosung entgegenzuwirken. Bei dem Substanzabusus handele es sich eher um eine maladaptive Coping-Strategie, um negativen Erinnerungen und emotionalem Druck zu entkommen; eine Suchtproblematik könne mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Alternativen zur Unterbringung beständen nicht. Das Gutachten ist der Mutter, dem Verfahrensbeistand und dem Jugendamt - nicht aber B. selbst - zur Stellungnahme übermittelt worden; das Jugendamt hat mit Schreiben vom 24. April 2020 Einwände gegen die von der Sachverständigen empfohlene Form der geschlossenen Unterbringung erhoben.
Am 12. Mai 2020 hat das Familiengericht Termin zur Anhörung B.s auf den 28. Mai 2020 bestimmt, diesen geladen und vom Termin die Mutter, das Jugendamt und den Verfahrensbeistand mit dem Hinweis benachrichtigt, dass in dem Termin nur B. angehört werden solle. Eine Verlegungsbitte des Verfahrensbeistandes hat das Familiengericht zum Anlass genommen, mit diesem zu telefonieren; aus dem diesbezüglichen Aktenvermerk geht lediglich hervor, dass dieser erklärt habe, er werde zum Termin nicht erscheinen. Zum Anhörungstermin vom 28. Mai 2020 ist B. mit der Mutter erschienen und angehört worden. B. äußerte u.a., sich mit Gewalt ("Nicht nur schlagen") gegen eine gewaltsame Verbringung in eine geschlossene Einrichtung wehren zu wollen.
Ohne zuvor den Anhörungsvermerk den Beteiligten zuzuleiten, hat das Familiengericht durch den angefochtenen Beschluss vom selben Tage, auf den Bezug genommen wird, die Unterbringung B.s in einer geschlossenen Einrichtung der Jugendhilfe - befristet bis zum 28. Mai 2021 - genehmigt und Anordnungen zur Vollstreckung dieser Entscheidung erlassen.
Mit seiner am 3. Juni 2020 eingegangenen Beschwerde hat das Jugendamt zunächst die Ände...