Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 6 O 99/15) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 27. September 2018 - 6 O 99/15 - teilweise dahingehend abgeändert, dass die aufgrund der Urteile des Landgerichts Saarbrücken vom 14. Juni 2017 - 6 O 99/15 - und des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 19. Juli 2018 - 4 U 96/17 - von dem Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 3.761,33 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. August 2018 festgesetzt werden und der Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten im Übrigen zurückgewiesen wird.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger 19 % und die Beklagte 81 %.
Beschwerdewert: bis 3.000 EUR.
Gründe
I. Der Kläger beanspruchte in dem zugrunde liegenden Rechtsstreit vor dem Landgericht Saarbrücken Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls, von dem die beklagte Haftpflichtversicherung mit Sitz in K. behauptete, er sei manipuliert gewesen. Die Klage blieb sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Saarländischen Oberlandesgericht ohne Erfolg. Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Beklagte unter anderem Reisekosten (Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld gemäß Nr. 7003, 7005 VV-RVG) ihres in F. kanzleiansässigen Prozessbevollmächtigten geltend gemacht sowie ihr durch die S. GmbH, die I. AG und die F. F. GmbH berechnete Ermittlungskosten in Höhe von insgesamt 1.850,67 EUR. Das Landgericht (Rechtspflegerin) hat durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. September 2018 die von dem Kläger zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 5.612 EUR festgesetzt. Es hat der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde des Klägers - nach Aufhebung eines zunächst ergangenen Nichtabhilfebeschlusses durch den Senat (Beschluss vom 15. Februar 2019 - 9 W 28/18) - durch Beschluss vom 4. September 2019 nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
In der Sache hat das Rechtsmittel einen Teilerfolg. Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss hält einer Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
1. Zu Recht hat das Landgericht die Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten als erstattungsfähig angesehen.
a) Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Fall 2 ZPO handelt es sich im Allgemeinen um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung, wenn eine vor einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Anwalt mit ihrer Vertretung beauftragt (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 900; Beschluss vom 16. April 2007 - XII ZB 214/04, NJW 2008, 2122 Rn. 7; Beschluss vom 9. Mai 2018 - I ZB 62/17, NJW 2018, 2572 Rn. 6). Die damit verbundenen Kosten sind nur ausnahmsweise nicht zu erstatten, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn es sich bei der Partei um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, aaO, S. 900; Beschluss vom 10. April 2003 - I ZB 36/02, NJW 2003, 2027, 2028; Beschluss vom 8. März 2012 - IX ZB 174/10, NJW-RR 2012, 698 Rn. 9).
b) Die Beklagte hat allerdings unwidersprochen vorgetragen, dass in ihrem Unternehmen keine Rechtsabteilung mit der vorgerichtlichen Sachbearbeitung betraut war. Ob sie über eine Rechtsabteilung verfügt und ob diese bei einer anderen unternehmensinternen Organisation den Schadensfall vorgerichtlich hätte bearbeiten können, ist unerheblich. Denn für die Kostenerstattung kommt es allein auf die tatsächliche Organisation des Unternehmens der Partei an und nicht darauf, welche Organisation gegebenenfalls als zweckmäßiger anzusehen sein könnte (BGH, Beschluss vom 11. November 2003 - VI ZB 41/03, NJW-RR 2004, 430, 431; Beschluss vom 9. September 2004 - I ZB 5/04, NJW-RR 2004, 1724, 1725; Beschluss vom 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05, NJW 2006, 3008 Rn. 11).
c) Lässt sich eine auswärtige Partei, die - wie die Beklagte - als zweckentsprechende Maßnahme der Rechtsverfolgung oder -verteidigung einen an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz ansässigen Anwalt hätte beauftragen dürfen, im Prozess durch einen Anwalt vertreten, der seinen Kanzleisitz weder dort noch am Gerichtsort hat ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), so ist ihr Erstattungsanspruch zwar regelmäßig auf die Höhe der fiktiven Reisekosten eines an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalts begrenzt (BGH, Beschluss vom 18. September 2003 - I ZB 21/03, NJW-RR 2004, 855, 856; Beschluss vom 13. September 2011 - VI ZB 9/10, NJW 2011, 3520 Rn. 8; Beschluss vom 9. Ma...