Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 25.11.2003; Aktenzeichen 15 O 411/03) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG vom 25.11.2003 (Gesch.-Nr. 15 O 411/03) abgeändert und dahin neu gefasst, dass das Strafurteil des Tribunal de Grande Instance von Sarreguemines vom 2.10.2000, Az. M 1613/00, durch welches der Antragsgegner zur Zahlung einer Schadensersatzforderung von 238.806,20 FF (französische Francs) und somit Euro 36.405,77 zzgl. gesetzlicher Zinssatz wie folgt:
- v. 8.11.2000 bis 31.12.2000: 2,74 %
- v. 1.1.2001 bis 8.1.2001: 4,26 %
- v. 9.1.2001 bis 31.12.2001: 9,26 %
- v. 1.1.2002 bis 31.12.2002: 9,26 %
- v. 1.1.2003 bis 31.12.2003: 8,29 %
und ab dem 1.1.2004 in Höhe des dann jeweils geltenden Zinssatzes in Frankreich (Art. 1 des Gesetzes Nr. 75-619 v. 11.7.1975, nunmehr Art. L. 312-2 und Art. L. 313-3 Code monétaire et financier, unter der Hervorhebung, dass sich dieser Zinssatz um 5 % erhöht), sowie 3.000 FF und somit Euro 457,34, verurteilt worden ist, mit der deutschen Vollstreckungsklausel zu versehen ist.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 12.000 Euro.
Gründe
I. Der Antragsgegner wurde durch Strafurteil des Tribunal de Grande Instance von Sarreguemines vom 2.10.2000 (Tribunal de Grande Instance von Sarreguemines, Urt. v. 2.10.2000 - M 1613/00) zur Zahlung einer Schadensersatzforderung sowie von Kosten verurteilt. Die Entscheidung des französischen Strafgerichts erfolgte im Wege des Adhäsionsverfahrens.
Die Antragstellerin hat vorgetragen, die Vollstreckung des Urteils im Inland zu betreiben und beantragt, vorgenanntes Urteil zzgl. gesetzlicher Zinsen mit der deutschen Vollstreckungsklausel zu versehen. Dem kam das LG in dem Beschluss vom 27.11.2003 (Bl. 19 f.) nur hinsichtlich der Hauptforderung und der Kosten, nicht aber hinsichtlich der - in dem französischen Urteil nicht erwähnten - Zinsen nach. Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 6.1.2004 eingereichte Beschwerde der Antragstellerin.
II. Die nach § 11 Abs. 3 AVAG zulässige Beschwerde ist begründet. Die Vollstreckungsklausel ist auch im Hinblick auf die beantragten Zinsen zu erteilen.
Nach Art. 31 Abs. 1 EuGVÜ werden die in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidungen, die in diesem Staat vollstreckbar sind, in einem anderen Vertragsstaat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten mit der Vollstreckungsklausel versehen worden sind. Das EuGVÜ ist vorliegend anwendbar. Zwar wird das EUGVÜ durch die EuGVVO in ihrem Anwendungsbereich verdrängt; deren Vorschriften sind jedoch gem. Art. 66 Abs. 1 EuGVVO lediglich auf solche Klagen bzw. öffentliche Urkunden anzuwenden, die erhoben bzw. aufgenommen wurden, nachdem die Verordnung in Kraft getreten ist, also nach dem 1.3.2002 (Art. 76 Abs. 1 EuGVVO). Dem ggü. stammt das hier in Rede stehende Urteil vom 2.10.2000.
Bei dem mit einer Vollstreckungsklausel zu versehenden Urteil handelt es sich um eine "Entscheidung" i.S.d. Art. 25 EuGVÜ, da hierdurch jede von einem Gericht eines Vertragsstaates erlassene Entscheidung zu verstehen ist. Dass dies hier im Wege des Adhäsionsverfahrens durch das Strafgericht erfolgte, ist unerheblich.
Die Entscheidung ist auch in Frankreich vollstreckbar. Allerdings enthält der Urteilsausspruch des Tribunal de Grande Instance keinen Ausspruch über geschuldete Zinsen. Dies ist allerdings unerheblich. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ergeben sich Inhalt und Umfang der Leistungspflicht bezüglich der Zinsen aus dem Titel eines französischen Urteils auch dann, wenn dieses keine Angaben zur Höhe der Zinsen enthält, diese sich aber ohne weiteres aus den ausländischen Vorschriften entnehmen lassen. Die für die Zwangsvollstreckung im Inland erforderliche Konkretisierung obliegt dann dem über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel entscheidenden deutschen Richter (BGH, Beschl. v. 5.4.1990 - IX ZB 68/89, MDR 1990, 1107 = NJW 1990, 3084 f.). Allerdings enthält das französische Urteil hier zu Gunsten der Antragstellerin noch nicht einmal einen Ausspruch darüber, dass die ausgeworfenen Beträge mit den gesetzlichen Zinsen zu verzinsen seien. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 3.3.1997 - 5 W 248/96-53; Beschl. v. 30.8.2000 - 5 W 251/99-61), die von anderen Senaten des Saarländischen OLG (vgl. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 9.10.1995 - 7 W 81/95-10) und anderen OLG (vgl. OLG Frankfurt RiW 1998, 474) geteilt wird, geht der Senat davon aus, dass dies der Erteilung der Vollstreckungsklausel bezüglich der Zinsen nicht entgegen steht. Dies ergibt sich aus Art. 1153 Abs. 1 Code Civil. Die Vorschrift lautet in deutscher Übersetzung:
"In jedem Rechtsgebiet hat die Verurteilung zu einer Entschädigungszahlung Zinsen zum gesetzlichen Zinssatz zur Folge, selbst dann, wenn eine solche in der Klage fehlt oder das Urteil hierüber keinen besonderen Ausspruch enthält. Mit Ausnahme einer entgegen stehenden gesetzliche...