Leitsatz (amtlich)
Ein Titel, nach dem der Schuldner verpflichtet wird, durch geeignete Maßnahmen Lärmeinwirkungen von einem Grundstück zu verhindern, wird nach § 890 ZPO vollstreckt.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 08.01.2004; Aktenzeichen 4 O 125/02) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Gläubiger gegen den Beschluss des LG Saarbrücken vom 8.1.2004, Az. 4 O 125/02 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde tragen die Gläubiger.
3. Der Gegenstandwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Durch gerichtlichen Vergleich vom 9.9.2002 (Bl. 172) haben sich die Parteien unter Ziff. 1) wie folgt geeinigt:
"Die Beklagte trägt dafür Sorge, dass in der Jahreszeit zwischen dem 1.4. und dem 31.10. jedes Jahres durch geeignete Maßnahmen verhindert wird, dass von ihrem Grundstück Straße in Lärmeinwirkungen, wie schreien, stöhnen, kreischen und Musik abspielen auf das Grundstück der Klägerin in der Str. in dringen und zwar zu folgenden Tageszeiten:
In der Zeit von 12.00 Uhr mittags bis 15.00 Uhr nachmittags sowie in der Zeit von 20.00 Uhr abends bis 6.30 Uhr morgens."
Am 20.10.2003 (Bl. 192) haben die Gläubiger beantragt, gegen die Schuldnerin wegen Nichterfüllung der Verpflichtung gem. Ziff. 1) des Vergleiches vom 9.9.2002 ein Zwangsgeld von mindestens 2.500 Euro, ersatzweise Zwangshaft zu verhängen. Die Gläubiger behaupten, dass die Schuldnerin ihrer Verpflichtung, abends nach 20.00 Uhr Lärmeinwirkungen auf ihr Grundstück zu verhindern, in mehreren Fällen nicht genügt habe. Wegen der Einzelheiten der von den Gläubigern behaupteten Lärmeinwirkungen wird auf die Antragsschrift vom 20.10.2003 nebst Anlagen Bezug genommen.
Das LG hat nach vorherigem rechtlichen Hinweis (Bl. 232) den Antrag mit Beschluss vom 8.1.2004 (Bl. 244-246) mit der Begründung zurückgewiesen, dass vorliegend der von den Gläubigern begehrte Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes nicht zulässig sei, da es sich im vorliegenden Fall nicht um die Vollstreckung einer unvertretbaren Handlung nach § 888 ZPO handele, sondern um die Vollstreckung einer Unterlassung nach § 890 Abs. 1 ZPO. Hier sei allerdings vor Festsetzung eines Zwangsgeldes dessen Androhung erforderlich, diese hingegen hätten die Gläubiger nicht beantragt, so dass der Antrag zurückzuweisen sei.
Gegen diesen ihnen am 20.1.2004 zugestellten Beschluss haben die Gläubiger mit Schriftsatz vom 3.2.2004, bei Gericht an diesem Tag eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt. Sie beantragen, den Beschluss aufzuheben und begründen dies damit, dass das LG zu Unrecht angenommen habe, dass sich die Vollstreckung nach § 890 ZPO richte, vielmehr sei von einer Vollstreckung gem. § 888 ZPO auszugehen.
II. Die zulässige, fristgerecht eingegangene sofortige Beschwerde (§§ 569 Abs. 1, 793 Abs. 1 ZPO) ist unbegründet.
Zu Recht vertritt die angefochtene Entscheidung die Auffassung, dass der zu vollstreckende Titel die Schuldnerin nicht zu einer Handlung, sondern zu einem Unterlassen anhält, so dass sich die Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO richtet.
Maßgebend für die Statthaftigkeit des von einem Gläubiger gewählten Vollstreckungsantrags aufgrund eines Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB nach §§ 887, 888 ZPO einerseits, § 890 ZPO andererseits ist, auch wenn zunächst von ihr auszugehen ist, nicht die positive oder negative Formulierung des Urteilsausspruchs - hier: der in dem Vergleich eingegangenen Verpflichtung der Schuldnerin -, sondern ob bei verständiger Auslegung des Titels in der Sache ein Gebot zum Unterlassen oder ein Gebot zum Handeln ausgesprochen worden ist (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 6.4.2000 - 5 W 22/00, NJW-RR 2001, 163; Beschl. v. 25.7.2000 - 5 W 202/00-70; Zöller/Stöber, ZPO, 22. Aufl. 2001, § 890, Rz. 2). Ausgangspunkt muss dabei sein, dass es sich bei dem dem Bemühen um Rechtsdurchsetzung zugrunde liegenden Anspruch materiell um einen Anspruch auf Unterlassung nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB handelt, grundsätzlich also die Annahme der Erzwingung einer Unterlassung einer Handlung näher liegt als die Annahme der Erzwingung der Vornahme einer Handlung.
Allerdings ist anerkannt, dass der negatorische Anspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB auch die titulierbare Verpflichtung zu einem positiven Tun begründen kann, wenn sich die - regelmäßig vom Zustand einer Sache des Störers - drohende Beeinträchtigung nur durch ein solches aktives Eingreifen des Störers oder eines Dritten abwehren lässt. Erweist sich in solchen Fällen der von einem Eigentümer erhobene Unterlassungsanspruch als begründet, so tituliert und vollstreckt die Rechtsprechung daher bei einer entsprechenden Formulierung des Antrags zu Recht die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung (Staudinger/Grunsky, BGB, 13. Bearb., Neubearbeitung 1999, § 1004, Rz. 204 m.w.N.; Palandt/Bassenge, BGB, 61. Aufl. 2002, § 1004, Rz. 53; OLG Düsseldorf v. 9.2.1998 - 9 W 7/98, OLGReport Düsseldorf 1998, 209 = MDR 1998, 734 = NJW-RR 1998, 1768).
Anders ist es jedoch, wenn der negatorische Anspruch auf Unterlassung einer Stör...