Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterliche Sorge bei Getrenntleben: Beurteilung der Konsensfähigkeit bei Einigigkeit über den Kindesaufenthalt einerseits und bestehenden Konflikten auf der Paarebene andererseits
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge, hilfsweise des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil (hier: Mutter libanesische Staatsangehöriger; Vater palästinensischer Volkszugehörigkeit mit ungeklärter Staatsangehörigkeit).
Normenkette
BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Saarbrücken (Beschluss vom 23.10.2009; Aktenzeichen 54 F 85/09 SO) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Saarbrücken vom 23.10.2009, 54 F 96/09 SO, wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat den übrigen Verfahrensbeteiligten deren außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Beschwerdewert: 3.000 EUR.
Gründe
I. Die am ... September 2005 geborene D. und der am ... Juli 2007 geborene N. sind aus der Ehe der Beteiligten zu 1. und 2. hervorgegangen. Die Beteiligte zu 1., die Kindesmutter, ist libanesische Staatsangehörige, der Beteiligte zu 2., der Kindesvater, ist palästinensischer Volkszugehörigkeit mit ungeklärter Staatsangehörigkeit. Der Kindesvater verfügt über ein für Palästinenser im Libanon ausgestelltes libanesisches Ausweisdokument, ein sog. document de voyage. Der Aufenthalt der Kindeseltern in Deutschland ist unbefristet. Die betroffenen Kinder besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
Die Parteien hatten sich erstmals im September 2008 getrennt. Im Februar 2009 war die Kindesmutter zunächst mit den Kindern in die eheliche Wohnung zurückgekehrt, hat diese jedoch nach Scheitern des Versöhnungsversuches am 19.4.2009 unter Mitnahme der Kinder endgültig verlassen. Die Kinder leben seitdem ununterbrochen im Haushalt der Kindesmutter und werden von dieser betreut.
Das Scheidungsverfahren ist beim AG - Familiengericht - Saarbrücken anhängig (Verfahren 54 F 201/09 S).
Nach der Trennung ließ der Kindesvater ohne Wissen der Kindesmutter von den Kindern Passfotos fertigen und übersandte die Heiratsurkunde sowie die Geburtsurkunden und Fotos der Kinder zur Beglaubigung sowohl an das Innenministerium als auch die libanesische Botschaft in Berlin zwecks Übersendung der Dokumente in den Libanon zur Registrierung der Kinder im Libanon.
Mit am 6.5.2009 beim AG - Familiengericht- Saarbrücken eingegangener und einem Prozesskostenhilfegesuch verbundener Antragsschrift erstrebte die Kindesmutter den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die alleinige elterliche Sorge für die betroffenen Kinder, hilfsweise das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht auf sie zu übertragen. Mit Beschluss vom 8.6.2009 hat das AG - Familiengericht - Saarbrücken nach Anhörung der Beteiligten zu 1. und 2. und des Vertreters des Jugendamtes im Termin vom 20.5.2009 (Bl. 16 ff. d.A.) und 2.6.2009 (Bl. 53 ff. d.A.) sowie dem Versuch einer Anhörung des Kindes D. im Termin vom 20.5.2009 im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die betroffenen Kinder auf die Kindesmutter allein übertragen und angeordnet, dass es im Übrigen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge verbleibt (Bl. 12 ff. d. BA. 54 F 96/09 EASO). Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass berechtigte Zweifel an der Ernsthaftigkeit der erklärten Absicht des Kindesvaters bestünden, die Kinder dauerhaft im mütterlichen Haushalt zu belassen. Es sei hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Kindesvater durch wiederholte Äußerungen und sein weiteres Verhalten ggü. der Kindesmutter und der Zeugin E.-S., der Mutter der Kindesmutter, Anlass zu der Befürchtung gegeben habe, die Kinder eigenmächtig ins Ausland, in den Libanon zu verbringen bzw. sich durch eine Einreise in den Libanon das alleinige Bestimmungsrecht über die Belange der Kinder zu verschaffen Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Kindesvaters wurde von dem Senat durch Beschl. v. 28.7.2009 - 9 WF 66/09, zurückgewiesen (Bl. 43 ff. d. BA.).
Mit am 6.5.2009 eingegangenen und mit einem Prozesskostenhilfegesuch verbundenen Schriftsatz beantragte die Kindesmutter beim AG - Familiengericht - Saarbrücken weiterhin die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge, hilfsweise des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts für die betroffenen Kinder auf sie. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass der Kindesvater, wie die Erfahrungen während des Zusammenlebens gezeigt hätten, nicht in der Lage sei, die minderjährigen Kinder zu betreuen und zu versorgen. Er habe mehrfach gedroht, ihr die Kinder wegzunehmen bzw. die Kinder eher umbringen als ohne sie weiterzuleben. Auch habe er geäußert, mit den Kindern zu einer Verwandten nach Berlin zu ziehen, um sie dort betreuen und versorgen zu lassen. Die Maßnahmen des Kindesvaters ohne ihr Wissen und ohne ihre Mitwirkung dienten der Fertigung palästinensischer Pässe für die Kinder.
Der Kindesvater ist dem entge...