Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenrechtliche Aspekte im Verfahren auf Zuweisung der Ehewohnung. Kostenrechtliche Aspekte im Verfahren auf Zuweisung der Ehewohnung bei übereinstimmender Erledigungserklärung

 

Leitsatz (amtlich)

a) Nr. 1000 RVG-VV: Zu den - hier nicht vorliegenden - Voraussetzungen, unter denen davon ausgegangen werden kann, dass sich ein Vergleich ausschließlich auf einen Verzicht beschränkt, und daher nach Nr. 1000 RVG-VV eine Einigungsgebühren nicht anfällt.

b) Nr. 3104 RVG-VV: In einem Verfahren auf Zuweisung der Ehewohnung fällt eine Terminsgebühr auch dann an, wenn ein schriftlicher Vergleich abgeschlossen wurde.

 

Normenkette

RVG-VV Nrn. 1000, 3104

 

Verfahrensgang

AG St. Wendel (Beschluss vom 23.11.2007; Aktenzeichen 6a F 9/07 WH)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des dem Antragsgegner beigeordneten Rechtsanwalts, ..., wird der Beschluss des AG - FamG - in St. Wendel vom 23.11.2007 - 6a F 9/07 WH - dahingehend abgeändert, dass dem Beschwerdeführer über die bereits festgesetzte Vergütung hinaus aus der Landeskasse eine weitere Vergütung i.H.v. 421,50 EUR zu zahlen ist.

II. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Parteien sind miteinander verheiratet. Mit Antrag vom 5.7.2007 begehrte die Antragstellerin die Zuweisung der Ehewohnung. Mit Schriftsatz vom 25.7.2007 trug der Antragsgegner vor, dass die Antragstellerin eine neue Wohnung bezogen habe, wodurch die Hauptsache erledigt worden sei. Die Antragstellerin ihrerseits teilte mit Schriftsatz vom 2.8.2007 mit, dass die Angelegenheit vergleichsweise erledigt werden könne, womit sich der Antragsgegner einverstanden erklärte. Beiden Parteien wurde für das Verfahren antragsgemäß Prozesskostenhilfe bewilligt; dem Antragsgegner wurde der Beschwerdeführer beigeordnet. Mit Beschluss vom 17.8.2007 stellte das FamG den Abschluss eines Vergleichs dahingehend fest, dass die Hauptsache erledigt ist (Ziff. 1) und die Kosten gegeneinander aufgehoben werden (Ziff. 2).

Mit Schriftsatz vom 20.8.2007 hat der Beschwerdeführer die Festsetzung seiner Vergütung als beigeordneter Rechtsanwalt gegen die Staatskasse beantragt. Er hat dabei neben der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV auch eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 RVG-VV (193,20 EUR) und eine Einigungsgebühr nach Nr. 1003 RVG-VV (161 EUR) - nebst Umsatzsteuer - geltend gemacht.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat lediglich die Verfahrensgebühr - nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer - festgesetzt und die Auffassung vertreten, dass die übrigen Gebühren nicht angefallen seien. Das dagegen eingelegte Rechtsmittel hat das FamG als Erinnerung angesehen und dieser in dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, "nicht abgeholfen". Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde, mit der er die Festsetzung weiterer 421,50 EUR begehrt. Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde ist gem. §§ 56, 33 RVG zulässig. Trotz des insoweit missverständlichen Tenors des angefochtenen Beschlusses, wonach "der Erinnerung ... nicht abgeholfen" worden ist, ist unter den gegebenen Umständen davon auszugehen, dass eine abschließende Entscheidung des FamG über die Erinnerung vorliegt und der Beschwerdeführer dagegen form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt hat.

Die Beschwerde ist begründet. Der Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers umfasst auch die hier in Rede stehenden Gebühren.

Nach Nr. 1000 RVG-VV entsteht eine Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Danach ist vorliegend eine Einigungsgebühr angefallen.

Dass die Parteien den Rechtsstreit durch einen Vergleich beendet haben, steht außer Zweifel, denn eine diesbezügliche Einigung wurde vom FamG ausdrücklich mit Beschluss vom 17.8.2007 festgestellt. Dieser Vergleich beinhaltet entgegen der Auffassung des FamG auch nicht ausschließlich einen Verzicht der Antragstellerin. Dagegen spricht bereits der Wortlaut der Vereinbarung, worin von einem Verzicht keine Rede ist, sondern von der Erledigung der Hauptsache; zudem beschränkt sich der Vergleich nicht auf den geltend gemachten prozessualen Anspruch, sondern er enthält daneben eine auch den Antragsgegner belastende Kostenregelung. Wird weiter berücksichtigt, dass nach dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, die die Bereitschaft zur einvernehmlichen Beilegung eines Rechtsstreits fördern soll, bereits ein geringes Entgegenkommen ausreicht, um das negative Tatbestandsmerkmal der Beschränkung des Vertrags auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht zu beseitigen (vgl. Gerold/Schmidt- v. Eicken, RVG, 17. Aufl., VV 1000, Rz. 27), steht auch die getroffene Kostenregelung der Auffassung des FamG entgegen.

Schließlich ergibt sich auch nicht aus den sonstigen Umständen mit hinreichender Deutlichkeit,...

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