Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 20.01.2016; Aktenzeichen 1 O 483/05) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der vom Vorsitzenden der 1. Zivilkammer als Einzelrichter erlassene Beschluss vom 30.12.2015, berichtigt durch Beschluss vom 20.1.2016, über die Anordnung der Festsetzung von Zwangsgeld (§ 888 ZPO) aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - durch die Kammer in voller Besetzung an das LG Saarbrücken zurückverwiesen.
Gründe
I. Mit im einstweiligen Verfügungsverfahren 1 O 483/05 eV des LG Saarbrücken in voller Besetzung ergangenem Urteil der 1. Zivilkammer vom 29.12.2006 (Bl. 308 f. d.A.) wurde die Beklagte und Schuldnerin verpflichtet, der Klägerin und Gläubigerin ab dem 1.1.2007 die Nutzung des Systems, das der Erstellung der Buchhaltung und der betriebswirtschaftlichen Auswertung dient, zu gewähren und die hiermit in Verbindung stehenden Unterstützungsleistungen zu erbringen, wie das im Vertrag vom 17.3.2003 niedergelegt ist. Befristet wurde die Verpflichtung bis eine Woche nach Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung der Entscheidung des LG Saarbrücken in dem Verfahren 1 O 483/05 an die Beklagte und Schuldnerin oder einer endgültigen Beendigung jenes Verfahrens auf andere Weise, je nachdem, welches Ereignis früher eintritt.
Entsprechend dieser Verpflichtung stellte die Schuldnerin der Gläubigerin in der Folgezeit die von ihr entwickelte Software "Geschäftsanalyse auf PC" uneingeschränkt zur Verfügung.
Das Hauptsacheverfahren ist bis heute nicht beendet.
Seit dem 1.10.2015 bietet die Schuldnerin Kunden, auch denjenigen der Gläubigerin, ein von ihr als Neu-System bezeichnetes Produkt mit der Bezeichnung "... pp." an, das aus einer Basis besteht, die im Wesentlichen dem Funktionsumfang des alten Systems entspricht, sowie darüber hinaus aus bestimmten eigenständigen zusätzlichen neuen Funktionen.
Dieses neue System will die Schuldnerin der Gläubigerin lediglich in der Basisversion zur Verfügung stellen, während sie der Gläubigerin wegen der neuen Funktionen keinen Zugang verschaffen will.
Auf Antrag der Gläubigerin, die der Auffassung ist, die Schuldnerin sei nach dem im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenen Urteil verpflichtet, ihr uneingeschränkten Zugang auch zu der aktuellen Produktversion zu verschaffen (im Einzelnen vgl. Bl. 427 f. d.A.), hat die 1. Zivilkammer des LG der Schuldnerin durch Beschluss des Vorsitzenden vom 30.12.2015, ergänzt am 20.1.2016, zur Erzwingung der im vollstreckbaren Verfügungsurteil vom 29.12.2006 ausgesprochenen Verpflichtung unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 5.000 EUR, ersatzweise von Zwangshaft, aufgegeben, der Klägerin ab dem 1.1.2007 die uneingeschränkte Nutzung des als "... pp." abgebotenen neuen Systems in der ab Oktober 2015 freigeschalteten aktualisierten Form zu gewähren. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses (Bl. 745a bis 754 d.A.) Bezug genommen.
Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 8.1.2016 zugestellten Beschluss hat die Schuldnerin mit Telefaxschreiben vom 8.1.2016 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie beantragt, den Antrag der Gläubigerin auf Festsetzung eines Zwangsgeldes unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen (Bl. 758, 759 d.A.).
Zur Begründung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, dem Vollstreckungstitel fehle bereits die erforderliche Bestimmtheit, was im Verfahren nach § 888 ZPO nicht korrigiert werden könne. Der angefochtene Beschluss sei auch deshalb fehlerhaft, weil die Gläubigerin zuvor keine den Anforderungen der ZPO genügende Zustellung des Vollstreckungstitels bewirkt habe. Außerdem habe das LG den von der Schuldnerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23.12.2015, in dem sie erklärt hat, dass sie der Schuldnerin sowohl das Alt-System als auch das Neu-System im Umfang des Alt-Systems zur Verfügung stelle, erhobenen Erfüllungseinwand unberücksichtigt gelassen. Auf der Grundlage der Urteilsverfügung ergebe sich - auch im Wege der Auslegung des Titels - der Sache nach keine Verpflichtung der Schuldnerin, der Gläubigerin Zugang zu den neuen Funktionen zu gewähren. Soweit das LG zu einer abweichenden Beurteilung gelangt sei, habe es entscheidungserheblichen Sachvortrag und Beweisangebote der Schuldnerin übergangen und sei auch sonst von unzutreffenden Annahmen ausgegangen.
Die Gläubigerin ist der sofortigen Beschwerde mit Schriftsatz vom 18.2.2016 (Bl. 844 f. d.A.) entgegengetreten. Sie hat die angefochtene Zwangsgeldanordnung verteidigt.
Mit Beschluss vom 11.3.2016 hat die Kammer den Rechtsstreit gemäß § 348a ZPO auf den Einzelrichter übertragen (Bl. 1000 d.A.). Dieser hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 17.3.2016 nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht vorgelegt.
Nachdem der 5. Zivilsenat die Sache am 11.4.2016 zuständigkeitshalber an den erkennenden Senat abgegeben hat, wurde den Parteien bis zum 25.4.2016 Gelegenheit zu weiterer Stellu...