Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 14.03.2017; Aktenzeichen 12 O 153/16) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen die mit Beschluss des LG Saarbrücken vom 14.3.2017 (Az.: 12 O 153/16) getroffene Kostenentscheidung nach § 91a ZPO wird kostenpflichtig (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
3. Den Parteien wird Gelegenheit gegeben, bis zum 28.6.2017 zum Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens vorzutragen, der sich aus der Differenz der Belastung der Klägerin mit Gerichts- und Rechtsanwaltskosten aufgrund der angefochtenen und nach der von ihr angestrebten Kostenentscheidung ergibt.
Gründe
I. Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung eines noch offenstehenden Restkaufpreises von insgesamt 10.000 EUR aus dem Erwerb zweier Teppiche in Anspruch genommen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und behauptet, sie sei bei Abschluss der Kaufverträge geschäftsunfähig gewesen. Auch seien die Preise der Teppiche wucherisch überteuert. Der mit den Vertragsverhandlungen beauftragte Mitarbeiter der Klägerin habe das ihm bekannte mangelnde Urteilsvermögen der Beklagten ausgenutzt.
Nachdem ein in der mündlichen Verhandlung vor dem LG vom 7.12.2016 geschlossener Vergleich von der Beklagten, die der Klägerin zeitparallel außergerichtlich ein neues Vergleichsangebot gemacht hat, widerrufen wurde, und die Klägerin dem Vergleichsangebot vom 9.12.2016 nicht zugestimmt hat, hat das LG mit Beschluss vom 11.1.2017 angeordnet, dass durch Einholung eines fachpsychiatrischen Gutachtens über die angeblich fehlende Geschäftsfähigkeit der Beklagten Beweis erhoben werden soll (Bl. 71 bis 73 d.A.).
In der Folge haben sich die Parteien außergerichtlich vergleichsweise dahin geeinigt, dass die Beklagte an die Klägerin sofort einen Geldbetrag von 2.500 EUR und dass sie die Restforderung von 7.500 EUR in monatlichen Raten zu je 300 EUR, beginnend mit Januar 2017, zahlt. Über die Kosten des Rechtsstreits konnten sich die Parteien nicht einigen, hierüber sollte das Gericht entscheiden.
Mit Beschluiss vom 14.3.2017 hat das LG das Zustande kommen eines entsprechenden Vergleichs mit der Maßgabe festgestellt, dass über die Kosten des Rechtsstreits gerichtlich entschieden wird.
Mit Beschluss gleichen Datums hat es die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a I ZPO mit der Begründung gegeneinander aufgehoben, es sei offen, welches Ergebnis die angeordnete Beweiserhebung im Fall streitigen Verfahrensfortganges gebracht hätte. Die Beklagte habe Umstände vorgetragen, die durchaus in Richtung einer psychischen Störung weisen. Möglicherweise habe sie das Ergebnis der fachpsychiatrischen Begutachtung und weitreichende Konsequenzen hieraus für ihre künftige Lebensführung gescheut und sich nur deshalb zum Ausgleich der Klageforderung bereitgefunden.
In einem beim LG am 21.3.2017 eingegangenen Empfangsbekenntnis wurde die Annahme des Beschlusses als zugestellt unter dem Datum 16.3.2017 unter Beifügung des Namens- und Kanzleistempels des Prozessbevollmächtigten der Klägerin bestätigt. Das Empfangsbekenntnis trägt auch eine Unterschrift.
Gegen diesen Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit am 27.4.2017 beim LG eingegangenen Schriftsatz "Beschwerde" eingelegt, mit der er geltend macht, das LG habe die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegen müssen, da sich die Klägerin in dem Vergleich mit ihrer Klageforderung vollumfänglich durchgesetzt habe.
Die Beklagte ist der sofortigen Beschwerde entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, das Rechtsmittel sei bereits unzulässig, da die Klägerin die Notfrist von zwei Wochen versäumt habe. Die sofortige Beschwerde sei auch unbegründet, da die Aufhebung der Kosten gegeneinander wegen der vom LG zuvor getroffenen Beweisanordnung und des offenen Verfahrensausgangs im Fall streitiger Erledigung nicht zu beanstanden sei.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie mit Beschluss vom 9.5.2017 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Nach einem Hinweis des Senats hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vorgetragen, nicht er, sondern der in seiner Kanzlei halbtags angestellte Ass. jur. Eichholz habe das Empfangsbekenntnis vom 16.3.2017 unterzeichnet, wozu er auch mangels Anwaltszulassung nicht ermächtigt gewesen sei. Da der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sich vom 21.3. bis 4.4.2017 und ernneut vom 18. bis 21.4.2017 in Urlaub befunden habe und weil er zudem vom 10. bis 13.4.2017 erkrankt gewesen sei und in der Handakte und dem Fristenkalender wegen des Beschlusses keine Frist vermerkt gewesen sei, habe er von dessen Existenz erst am 25.4.2017 Kenntnis erlangt. Wegen der Kürze der Urlaube und der Erkrankung habe er für diese Zeiträume keinen amtlichen Vertreter bestellen lassen. Mit Herrn Eichhholz, der in seiner eidesstattlichen Versicherung erklärt, das Empfangsbekenntnis versehentlich unterzeichnet zu haben, habe er über die Behandlung von Eingängen in Fristsachen in Zeiten seiner Abwesenheit nicht gesprochen.
II.1. Die sofortige...