Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 12 O 349/21) |
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss und zur Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Berufung binnen einer Frist von drei Wochen nach Zustellung des Beschlusses.
II. Der Senat lässt sich bei seiner Absicht, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:
1. Der Kläger nimmt die Beklagte als Herstellerin seines Fahrzeuges auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch, sein Fahrzeug sei mit unzulässigen Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung ausgestattet worden.
Gründe
Der Kläger erwarb am 06.12.2017 ein Fahrzeug der Marke VW Passat Comfortline BMT 2,0 TDI, Erstzulassung 30.12.2016, Kilometerstand 19.721 km, zu einem Preis von 26.940 EUR. Das - von einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts nicht betroffene - Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor EA288 der Abgasnorm Euro 6 ausgestattet. Bei dem Fahrzeug kommt ein NOx-Speicher-Katalysator (NSK) zum Einsatz. Am 21.03.2022 betrug die Laufleistung 92.903 km.
Der Kläger hat behauptet, das Fahrzeug verfüge über eine Prüfstanderkennung und schalte auf dem Prüfstand in einen Fahrmodus, welcher den gesetzlichen Abgasgrenzwerten gerecht werde. Dies ergebe sich aus der "Entscheidungsvorlage Applikationsrichtlinien & Freigabevorgaben EA288". Darüber hinaus verfüge das Fahrzeug über Temperatursensoren, die außerhalb des Prüfstandbetriebes die Abgasreinigung erheblich reduzierten.
Der Kläger hat die Beklagte gestützt auf deliktische Ansprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises (abzüglich eines Nutzungswertersatzes) in Höhe von 20.785,63 EUR (zuletzt 19.905,86 EUR) abzüglich eines sich ggf. weiter ergebenden Nutzungswertersatzes nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs in Anspruch genommen. Darüber hinaus hat er die Feststellung erstrebt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Verzug befinde, und hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.295,43 EUR freizustellen.
Mit dem angefochtenen Urteil vom 30. März 2022, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil es an einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten fehle.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 30. März 2022 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken - 12 O 349/21 -
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 19.905,86 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Volkswagen Passat mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer: pp.;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme des im Klageantrag zu 1. genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet;
3. die Beklagte zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.295,43 EUR freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise diese zurückzuweisen.
Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
2. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
A. Das Landgericht hat zu Recht einen auf Erstattung des Kaufpreises gerichteten Schadensersatzanspruch nebst Verzugszinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers gegen die Beklagte verneint.
a. Ein Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31, 249 Abs. 1 BGB scheitert daran, dass ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten nicht festgestellt werden kann. Dies hat der Senat bereits im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung mehrfach entschieden (vgl. Urteil vom 5. Januar 2022 - 2 U 86/21 zu einem Fahrzeug mit einem EA288 Motor mit NSK). Beanstandet wurde diese Rechtsprechung durch den Bundesgerichtshof nicht (vgl. Beschluss vom 21. März 2022 - VIa ZR 334/21).
Entscheidend dafür ist, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 826 BGB (BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20, NZV 2021, 525, 526; BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 2/20, NJW 2020, 2798, 2802; BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962, 1963) Voraussetzung für eine Haftung der Beklagten wäre, dass die Beklagte bei dem streitgegenständlichen Motortyp EA288 im Zusammenhang mit der Programmierung der Motorsteuerungssoftware eine objektiv unzulässige Abschalteinrichtung, die dazu führt, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten werden, implementiert hätte und den hierdurch bedingten Gesetzesve...