Leitsatz (amtlich)
Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren und das sich hieran anschließende gerichtliche Strafverfahren erster Instanz betreffen dieselbe Angelegenheit. Der in beiden Verfahren tätige Rechtsanwalt kann die Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß Nr. 7002 VV RVG daher nur einmal fordern.
Tenor
1. Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
2. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Der Beschwerdeführer war der Nebenklägerin mit Beschluss vom 10. Mai 2005 beigeordnet worden. Im hiesigen Verfahren begehrt er Festsetzung seiner Vergütung für das Verfahren vor dem Landgericht und das vorangegangene Ermittlungsverfahren. Auf seinen Antrag vom 4. August 2005 über 2549,68 Euro hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts am 20. Oktober 2005 Gebühren in Höhe von 2526,48 Euro festgesetzt. Die Erinnerung des Rechtsanwalts vom 10. November 2005 gegen die Absetzung der doppelt – sowohl für das Ermittlungsverfahren wie für das Hauptverfahren – in Ansatz gebrachten Auslagenpauschale für Post- und Kommunikationsdienstleistungen gemäß Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,– Euro zzgl. anteiliger Mehrwertsteuer hat die Strafkammer, nachdem der Einzelrichter ihr das Verfahren übertragen hatte, durch den angefochtenen Beschluss als unbegründet verworfen und die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen. Der Nebenklagevertreter hat gegen den ihm am 21. November 2006 zugestellten Beschluss mit am 24. November 2006 eingegangenem Schriftsatz vom 22. November 2006 Beschwerde eingelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Dem nach ausdrücklicher Zulassung der Beschwerde gemäß §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 2 RVG zulässigen, insbesondere fristgerecht (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 3 RVG) eingelegten Rechtsmittel, über das gemäß §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 S. 1 RVG der Senat in voller Besetzung zu entscheiden hat, bleibt in der Sache der Erfolg versagt. Die Strafkammer hat zu Recht entschieden, dass der Nebenklagevertreter die Pauschale für Post- und Kommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,– EUR zuzüglich anteiliger Mehrwertsteuer nur einmal verlangen kann.
Gemäß Nr. 7002 VV RVG kann die Pauschale für Post- und Kommunikationsdienstleistungen in jeder Angelegenheit anstelle der tatsächlichen Auslagen nach Nr. 7001 VV RVG gefordert werden. Entscheidend ist insoweit, ob gebührenrechtlich eine Angelegenheit vorliegt (Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., VV 7001, 7002, Rn. 21). Entgegen der Auffassung des Nebenklagevertreters stellen das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren und das sich an dieses anschließende gerichtliche Verfahren erster Instanz dieselbe Angelegenheit im Sinne dieser Bestimmung dar, weshalb die Pauschale auch nur einmal anfällt (ebenso: Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 15 RVG Rn. 44, VV 7001, 7002, Rn. 4; Müller-Rabe, a. a. O., § 17 RVG Rn. 59; LG Koblenz, Beschl. v. 9. Mai 2005 – 2090 Js 36906/04 – 2 KLs; LG Düsseldorf, Beschl. v. 10. Juni 2005 – XI 1 Qs 66/05; LG Saarbrücken, Beschl. v. 15. Dezember 2006 – 8 Qs 124/06; a.A.: Madert, Rechtsanwaltsvergütung in Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl., Rn. 292; ders. in AGS 2006, 105 f.; Schneider in: Gebauer/Schneider, RVG, 2. Aufl., S. 1440, 1447, 1667; ders. in Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, Teil 14, Rn. 322 f., 380). Maßgebend hierfür sind folgende Erwägungen:
1. Der im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – wie schon in der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte – mehrfach genannte, dort jedoch nicht definierte Begriff der Angelegenheit dient gebührenrechtlich zur Abgrenzung desjenigen anwaltlichen zusammengehörenden Tätigkeitsbereichs, den eine Pauschgebühr abgelten soll (vgl. Hartmann, a. a. O., § 15 RVG Rn. 10; Madert in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, a. a. O., § 15 RVG Rn. 5). Unter einer Angelegenheit ist der einheitliche Lebensvorgang zu verstehen, innerhalb dessen sich die anwaltliche Tätigkeit abspielt, wobei es auf Art und Umfang des erteilten Auftrags ankommt (vgl. Hartmann, a. a. O., § 15 RVG Rn. 14 ff.; Madert in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, a. a. O., § 15 RVG Rn. 6 ff.). Ausgehend hiervon entsprach es unter der Geltung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte allgemeiner Auffassung, dass Ermittlungsverfahren und nachfolgendes gerichtliches Verfahren nur eine Angelegenheit darstellen, weshalb der Pauschsatz nach § 26 Satz 2 BRAGO nur einmal gefordert werden konnte (vgl. v. Eicken in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 26 Rn. 6 m. w. N.). Nach dem nunmehr maßgebenden Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gilt nichts anderes.
2. Aus § 15 Abs. 2 RVG lässt sich für die gegenteilige Auffassung nichts herleiten. Danach kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern, in gerichtlichen Verfahren jedoch in jedem Rechtszug. Zwar sehen Nr. ...