Leitsatz (amtlich)

Stellt das Gesetz die Kostenentscheidung in das billige Ermessen des Gerichts, so muss das Gericht die Erwägungen, von denen es sich bei der Ermessensausübung hat leiten lassen, nachvollziehbar darlegen. Erschöpft sich die Begründung der Kostenverteilung in der Nennung der herangezogenen Norm(en), so stellt dies einen schwerwiegenden Verfahrensfehler dar.

 

Verfahrensgang

AG Saarbrücken (Beschluss vom 12.06.2012; Aktenzeichen 2 F 407/11 AB)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - in Saarbrücken vom 12.6.2012 - 2 F 407/11 AB - teilweise dahin abgeändert, dass der Antragsteller die gesamten Verfahrenskosten trägt.

2. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Der Antragsteller hat der Beschwerdeführerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Der Beschwerdewert wird auf 632,45 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Durch den angefochtenen Beschluss vom 12.6.2012, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht im vorliegenden Vaterschaftsanfechtungsverfahren, das in der Hauptsache durch Antragsrücknahme des Antragstellers erledigt worden ist, die erstinstanzlichen Gerichtskosten dem Antragsteller und der Beschwerdeführerin jeweils zur Hälfte auferlegt und eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht angeordnet.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin, um deren Zurückweisung der Antragsteller bittet, hat Erfolg und führt unter Abänderung des beanstandeten Erkenntnisse zur Belastung des Antragstellers mit den gesamten erstinstanzlichen Verfahrenskosten.

Die Beschwerde ist gem. §§ 58 ff. FamFG zulässig.

Dabei kann die höchstrichterlich noch nicht geklärte, aber von beiden Familiensenaten des Saarländischen OLG in Übereinstimmung mit der überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung bejahte (dazu Senatsbeschluss vom 12.4.2012 - 6 UF 23/11 -, juris; Beschluss des 9. Zivilsenats des Saarländischen OLG vom 8.6.2012 - 9 UF 59/12 -, jeweils m.w.N.) Frage dahinstehen, ob in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten wie der vorliegenden der Wert des Beschwerdegegenstandes in hier gegebener Abwesenheit der Zulassung der Beschwerde durch das Familiengericht (§ 61 Abs. 2 FamFG) wegen § 61 Abs. 1 FamFG 600 EUR dann übersteigen muss, wenn - wie hier - nur die instanzabschließende Kostenentscheidung isoliert angefochten wird. Denn letztere Erwachsenheitssumme ist überschritten. Das Familiengericht hat den Verfahrenswert unangefochten und beanstandungsfrei (§§ 47 Abs. 1 Fall 1 FamGKG, 169 Nr. 4 FamFG) auf 2.000 EUR festgesetzt. Nach Maßgabe der angegangenen Kostenentscheidung ist die Beschwerdeführerin erstinstanzlich - unbestritten und von ihr zutreffend in der Beschwerde vorgerechnet - mit Anwaltskosten von insgesamt 419,48 EUR und (richtig allerdings: auf der Grundlage von Nr. 1321 KV-FamGKG) Gerichtskosten von 18,25 EUR belastet, ferner entfallen auf sie die hälftigen Kosten des Sachverständigen von (Rechnung vom 8.5.2012: 389,43/2 =) 194,72 EUR. Die Beschwer der Beschwerdeführerin, die vorliegend nicht nur gesetzliche Vertreterin des beteiligten Kindes (dazu BGH FamRZ 2012, 859), sondern - zugleich - eigenständig am Verfahren beteiligt ist (§ 172 Abs. 1 Nr. 2 FamFG), beträgt mithin 632,45 EUR.

Der Zulässigkeit der Beschwerde steht auch nicht entgegen, dass der Beschwerdeführerin ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist. Sie weist zu Recht darauf hin, dass sie unter den Voraussetzungen von § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 120 Abs. 4 ZPO einer Abänderung dieser Entscheidung ausgesetzt bleibt. Wenn und weil die vorliegend angegriffene Kostenentscheidung nach Ablauf der Beschwerdefrist in Rechtskraft erwächst, wäre der Beschwerdeführerin eine Beschwerdemöglichkeit im Falle einer ihr nachteiligen Abänderung der zu ihren Gunsten erfolgten Verfahrenskostenhilfebewilligung nicht neu eröffnet. Dann aber kann ihr die Beschwerdeberechtigung (§ 59 Abs. 1 FamFG) nicht abgesprochen werden, was der Antragsteller insoweit in seiner Beschwerdeerwiderung auch nicht in Abrede gestellt hat.

In der Sache ist die Beschwerde begründet. Die Entscheidung des Familiengerichts, den Antragsteller nicht allein mit den erstinstanzlichen Kosten zu belasten, kann keinen Bestand haben.

Zwar hat das Familiengericht im Ausgangspunkt zu Recht - und insoweit unbeanstandet - seine Kostenentscheidung auf §§ 83 Abs. 2 i.V.m. § 81 FamFG gegründet, da die Vorschriften über das Verfahren in Abstammungssachen (§§ 169 ff. FamFG) für den hier gegebenen Fall der Rücknahme eines Vaterschaftsanfechtungsantrags keine Sondervorschriften über die Kostenentscheidung vorsehen, nachdem § 183 FamFG nur den Fall der erfolgreichen Anfechtung erfasst.

Indessen begegnet es durchgreifenden Bedenken, dass das Familiengericht seine Ermessensausübung nicht begründet hat.

Dem steht nicht entgegen, dass diese Ermessensausübung einer Überprüfung des Senats grundsätzlich nur eingeschränkt zugänglich ist. Die Überprüfungsmöglichkeit durch das B...

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