Entscheidungsstichwort (Thema)
Dokumentation einer mündlichen Anhörung im Sorgerechtsverfahren
Leitsatz (amtlich)
In Sorgerechtsverfahren muss sich das Ergebnis der mündlichen Anhörung der Beteiligten für die Rechtsmittelinstanz nachvollziehbar aus der Akte (etwa: Besetzung Protokoll, Aktenvermerk ohne Gründe der Entscheidung) entnehmen lassen.
Normenkette
ZPO §§ 517, 520, 621 Abs. 1 Nr. 1, § 621e Abs. 1, 3; FGG §§ 50a, 50b
Verfahrensgang
AG Homburg (Beschluss vom 11.02.2005; Aktenzeichen 10 F 29/03) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des AG - FamG - in Homburg vom 11.2.2005 - 10 F 029/03 - in Ziff. 1 der Beschlussformel aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das AG - FamG - in Homburg zurückverwiesen.
II. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
IV. Der Kindesmutter wird mit Wirkung vom 14.7.2005 unter gleichzeitiger Beiordnung von Rechtsanwalt ..., Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug bewilligt. Die Kindesmutter hat keine Raten auf die Prozesskosten zu zahlen.
Gründe
I. Die Kindeseltern sind rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aus ihrer Ehe ist die am September 1997 geborene Tochter J.C.L. hervorgegangen, welche seit der Trennung der Kindeseltern Ende 2001/Anfang 2002 im Haushalt der Kindesmutter lebt.
In einem von der Kindesmutter im März 2002 eingeleiteten Sorge- und Umgangsverfahren wurde ihr - wie von ihr zuletzt erstrebt - durch Beschluss des AG - FamG - in Homburg vom 20.6.2002 - 10 F 122/02 - das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter übertragen. Hinsichtlich des Umgangs des Kindesvaters hatten die Kindeseltern beim FamG zuvor eine einvernehmliche Regelung getroffen.
Im Januar 2003 hatte der Kindesvater beim FamG darauf angetragen, die von den Kindeseltern getroffene Umgangsregelung zum Beschluss zu erheben. Die Kindesmutter hatte ihrerseits in einem von ihr im Januar 2003 eingeleiteten einstweiligen Anordnungsverfahren zur Ehesache die Aussetzung des Umgangs zwischen Vater und Tochter für die Dauer von sechs Monaten erstrebt. Beide Verfahren sind vom FamG mit dem vorliegenden - aktenzeichenführenden - Verfahren verbunden worden, in welchem die Kindeseltern jeweils auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für ihre Tochter angetragen haben.
Nachdem sich der im Verfahren geäußerte Verdacht der Kindesmutter des sexuellen Missbrauchs des Kindesvaters zum Nachteil der Tochter nicht bestätigt hatte und ein gegen ihn eingeleitetes Ermittlungsverfahren nach Einholung eines Sachverständigengutachtens von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken eingestellt worden war, haben die Kindeseltern beim FamG hinsichtlich des Umgangs, welcher seit Januar 2003 nicht mehr stattgefunden hatte, am 20.1.2005 eine Vereinbarung getroffen, wonach zunächst begleitete und nach Ablauf von gerundet 6 ½ Monaten unbegleitete Umgangskontakte stattfinden sollten.
Hinsichtlich der elterlichen Sorge konnten die Parteien kein Einvernehmen erzielen.
Das FamG hat ein psychologisches Sachverständigengutachten (u.a.) darüber eingeholt, "welche Sorgerechtsregelung dem Wohl des Kindes am besten entspricht". Ferner hat es das Kind und die Kindeseltern persönlich sowie das verfahrensbeteiligte Kreisjugendamt angehört.
Durch den angefochtenen Beschluss, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat das FamG in Ziff. 1) den Antrag des Kindesvaters und in Ziff. 2) den Antrag der Kindesmutter auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Kindesvaters - ersichtlich, soweit in Ziff. 1 des angefochtenen Beschlusses sein Antrag zurückgewiesen wurde. Er verfolgt seinen erstinstanzlichen Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für die Tochter weiter.
Die Kindesmutter trägt auf Zurückweisung der Beschwerde und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug an.
Das verfahrensbeteiligte Kreisjugendamt hat sich zur Beschwerde nicht geäußert.
II. Die gem. §§ 621e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 1, 626e Abs. 3, 517, 520 ZPO zulässige Beschwerde des Kindesvaters hat jedenfalls einen vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung von Ziff. 1) des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das FamG, weil die Entscheidung verfahrensfehlerhaft ergangen ist.
Ein Verfahrensfehler liegt vor, wenn gegen eine Verfahrensnorm verstoßen wurde, die den Weg zum Beschluss oder die Art und Weise seines Erlasses betrifft. Hierzu gehört insb. auch, dass das FamG das Ergebnis der mündlichen Anhörung der Beteiligten in den Akten niederlegt (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 9.11.2004 - 9 UF 133/04, m.w.N.).
Zwar ist das FamG seiner sich aus § 50b Abs. 1 FGG ergebenden Pflicht zur Anhörung des Kindes nachgekommen. Verlauf und Ergebnis der Anhörung ergeben sich jedoch weder aus dem Sitzungsprotokoll vom 20.1.2005 noch aus dem angefochtenen Beschluss ...