Leitsatz (amtlich)
In wettbewerbsrechtlichen Verfahren der einstweiligen Verfügung bemisst sich der Regelstreitwert auf 10.000 Euro bis 20.000 Euro. Daneben kann einer Wertangabe des Verfügungsklägers indizielle Bedeutung zukommen.
Normenkette
BRAGO § 9 Abs. 2; GKG §§ 12b, 20 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 1 O 142/02) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Verfügungskläger wird der Streitwertfestsetzungsbeschluss der 1. Zivilkammer des LG Saarbrücken vom 19.6.2002 – Az.: 1 O 142/02 – dahin abgeändert, dass der Gebührenstreitwert des erstinstanzlichen Verfahrens auf 10.000 Euro festgesetzt wird.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
3. Ohne Kostenentscheidung.
Gründe
Die Beschwerde ist gem. §§ 9 Abs. 2 BRAGO, 25 Abs. 3 GKG zulässig.
Das Rechtsmittel ist als im eigenen Namen des Prozessbevollmächtigten der Verfügungskläger eingelegt anzusehen, da mit ihm eine höhere Festsetzung des Gebührenstreitwerts angestrebt wird und die Beschwerdeschrift keinen Hinweis auf ein eventuelles Handeln im Namen der Verfügungskläger enthält. Allein die Prozessbevollmächtigten der Parteien können an einer höheren Wertfestsetzung wirtschaftlich interessiert sein, und hiervon ausgehend spricht alles dafür, dass bei der Einlegung einer hierauf zielenden Beschwerde durch einen Rechtsanwalt von der anwaltlichen Beschwerdebefugnis nach § 9 Abs. 2 BRAGO Gebrauch gemacht wird, sofern das Rechtsmittel nicht ausdrücklich namens der in dem Verfahren vertretenen Partei eingelegt wird (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 31. Aufl., Rz. 14 zu § 9 BRAGO; OLG Karlsruhe v. 6.4.1998 – 2 WF 169/97, OLGReport Karlsruhe 1999, 124 = NJW-RR 1999, 582; OLG Nürnberg v. 29.4.1996 – 7 WF 1394/96, MDR 1996, 1040 = FamRZ 1997, 35).
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache teilweise Erfolg und führt zur Abänderung des mit ihm angefochtenen Beschlusses dahin, dass der Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens auf 10.000 Euro festgesetzt wird.
Der Gebührenstreitwert eines Verfahrens der einstweiligen Verfügung, in dem ein wettbewerbsrechtlicher oder markenrechtlicher Unterlassungsanspruch verfolgt wird, ist gem. §§ 20 Abs. 1, 12b GKG; 3 ZPO nach dem Interesse zu schätzen, das der Verfügungskläger am Erlass der beantragten Anordnung hat (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., Rz. 16 zu § 3 ZPO, Stichwort „Gewerblicher Rechtsschutz”; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl., Rz. 510–511 der Einleitung zum UWG Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 2. Aufl., Rz. 840 ff., 843f). Dieses Interesse wird durch die Gefährlichkeit des beanstandeten Verhaltens bestimmt, das unterbunden werden soll (Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., Rz. 16 zu § 3 ZPO, Stichwort „Markenrecht”) und ist regelmäßig entspr. dem Ausmaß der Vermögensnachteile zu bewerten, die dem Verfügungskläger während des jeweils anzunehmenden Beeinträchtigungszeitraumes durch die Fortdauer oder Wiederholung der Störung entstehen können, wobei allerdings im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der einstweiligen Verfügung je nach den Umständen des Falles nur ein Bruchteil des Hauptsachewertes in Ansatz zu bringen ist (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 24.4.2002 – 1 U 79/02–17 und v. 6.2.2001 – 1 W 13/01–3; Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., Rz. 16 zu § 3 ZPO, Stichwort „einstweilige Verfügung”; Musielak/Smid, ZPO, 1. Aufl., Rz. 25 zu § 3 ZPO, Stichwort „einstweilige Verfügung”).
Wird indessen wie im vorliegenden Fall von den Parteien kein substantiierter Vortrag hierzu unterbreitet, der eine zuverlässigere und genauere Wertschätzung in Anwendung der vorstehend aufgezeigten Grundsätze ermöglicht, so ist nach der ständigen Praxis des Senats für Verfahren der einstweiligen Verfügung, die Wettbewerbsstreitigkeiten oder markenrechtliche Unterlassungsansprüche durchschnittlicher Bedeutung und Schwierigkeit zum Gegenstand haben, ein Regelstreitwert in Ansatz zu bringen. Als Regelstreitwert hat der Senat dabei im Anschluss an eine verbreitete Rechtsprechungspraxis (vgl. hierzu Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 2. Aufl., Rz. 847; OLG Oldenburg v. 21.1.1993 – 1 U 136/92, WRP 1993, 351; OLG Koblenz WRP 1985, 159) jahrelang einen Wert von 15.000 bis 25.000 DM in Ansatz gebracht (vgl. etwa OLG Saarbrücken, Beschl. v. 22.1.2001 – 1 W 24/01–5). Unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich eingetretenen Geldentwertung sowie aus Anlass der Währungsumstellung auf Euro geht der Senat nunmehr davon aus, dass es sachgerecht ist, diesen Regelstreitwert auf 10.000 Euro bis 20.000 Euro zu bemessen (vgl. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.4.2002 in der Sache 1 U 79/02–17).
Darüber hinaus kommt allerdings nach der Rechtsprechungspraxis des Senats auch der anfänglichen Wertangabe des Verfügungsklägers erheblicher indizieller Erkenntniswert für die Festsetzung des Geschäftswertes zu, da sie regelmäßig erkennen lässt, welche wirtschaftliche Bedeutung der in Rede stehenden Angelegenheit aus Sicht der mit den Marktverhältnissen vertrauten Partei beigemessen wird (vgl. OLG Saarbrücken, Beschl. v.12....