Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an ein sog. "Brieftestament" (hier verneint).
Normenkette
BGB § 2247
Verfahrensgang
AG St. Wendel (Beschluss vom 03.09.2021; Aktenzeichen 20 VI 650/20) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und zu 2) vom 2. Oktober 2021 wird der Beschluss des Amtsgerichts St Wendel vom 3. September 2021 aufgehoben. Der Antrag auf Erteilung eines Erbscheines zugunsten der Beteiligten zu 3) und zu 4) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 376.323,- Euro festgesetzt
Gründe
I. Unter Bezugnahme auf eine notarielle Urkunde des Notars J., St. Wendel (UR Nr. 1021/2020, Bl. 4 ff. d.A.) beantragten die Beteiligten zu 3) und zu 4) die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheines über die jeweils hälftige Beerbung der am xxx verstorbenen Erblasserin, wobei sie sich zur Begründung ihres Erbrechts auf ein - zunächst nur in Kopie vorgelegtes, später im Original zu den Akten gereichtes - Schreiben vom 27. Dezember 2018 (Bl. 59 d.A.) berufen haben. Darin hatte die unverheiratete und kinderlose Erblasserin den Beteiligten zu 3) und zu 4) u.a. folgendes mitgeteilt:
"Ich möchte mich für die liebevolle Aufnahme am 1. Weihnachtstag recht herzlich bedanken. (...)
Im neuen Jahr gehe ich mit Toni zum Notar; Ihr allein sollt meine Erben sein. Meine Patin kümmert sich überhaupt nicht um mich, da ist jede Verbindung abgebrochen. (...)"
Ausweislich von den Beteiligten zu 3) und zu 4) vorgelegter Unterlagen (Schreiben des Notars M. vom 16. September 2019, Entwurf einer notariellen Urkunde, Bl. 62 ff. d.A.) war für die Erblasserin am 20. September 2019 ein Beurkundungstermin bei dem Notar vereinbart worden, bei dem u.a. das im Entwurf vorgelegte Testament beurkundet werden sollte, in dem die Beteiligten zu 3) und zu 4) - jeweils hälftig - zu Erben berufen werden sollten. Nach Darstellung der Beteiligten zu 3) und zu 4) konnte dieser Termin aufgrund einer sturzbedingten Krankenhauseinweisung der Erblasserin auch in der Folge nicht mehr stattfinden.
Die - im vorliegenden Verfahren durch ihre Verfahrensbevollmächtigte vertretenen - Beteiligten zu 1) und zu 2) haben der Erteilung des beantragten Erbscheines widersprochen, u.a. mit der Begründung, der Brief vom 27. Dezember 2018 könne nicht als Testament angesehen werden, da es an der Ernsthaftigkeit der Erbeinsetzung fehle; auch formal bestünden Zweifel an der Gültigkeit des Schreibens als Testament. Da der Entwurf des notariellen Testaments nicht unterzeichnet worden sei, habe es bei der gesetzlichen Erbfolge zu verbleiben.
Mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 73 ff. d.A.) hat das Amtsgericht - Nachlassgericht - die Tatsachen, die zur Erteilung des von den Beteiligten zu 3) und zu 4) beantragten Erbscheins erforderlich sind, für festgestellt erachtet und die Erteilung eines entsprechenden Erbscheines bewilligt. Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1) und zu 2) mit ihrer Beschwerde (Bl. 84 ff. d.A.), in der sie weiterhin u.a. die Ansicht vertreten, dass das Schreiben vom (richtig:) 27. Dezember 2018 lediglich eine Grußkarte und kein Testament darstelle, und der das Amtsgericht mit Beschluss vom 20. Oktober 2021 (Bl. 91 f. d.A.) nicht abgeholfen hat.
II. Die durch ihre Verfahrensbevollmächtigte eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 1) und zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts St. Wendel vom 3. September 2021, über die gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG das Oberlandesgericht zu entscheiden hat, ist nach den §§ 58 ff. FamFG zulässig; insbesondere erstrecken sich die vorgelegten Vollmachten (Bl. 60, 61 GA), die zulässigerweise (vgl. § 11 FamFG i.V.m § 83 Abs. 2 ZPO) jeweils ausdrücklich "zeitlich bis zum letztendlichen Abschluss der ... Angelegenheit" erteilt wurden, bei sachgerechter Auslegung auch auf die Einlegung des vorliegenden Rechtsmittels. In der Sache ist die Beschwerde auch begründet. Der beantragte Erbschein ist nicht zu erteilen, weil die Beteiligten zu 3) und zu 4), die sich für ihr vermeintliches Erbrecht auf ein privatschriftliches "Testament" aus dem Schreiben der Erblasserin vom 27. Dezember 2018 (Bl. 59 d.A.) stützen, dadurch nicht zu ihren Erben geworden sind. Das Schreiben kann bei der gebotenen - engen - Auslegung unter Berücksichtigung auch aller weiteren Umstände nicht als letztwillige Verfügung, angesehen werden, sondern bestenfalls als Ankündigung, die Beteiligten zu 3) und zu 4) zu einem späteren Zeitpunkt mittels notarieller Verfügung zu Erben einsetzen zu wollen, was aber nicht geschehen ist.
1. Freilich hat das Nachlassgericht im Ausgangspunkt völlig zutreffend angenommen, dass ein privatschriftliches Testament grundsätzlich auch in einem vom Erblasser eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Brief enthalten sein kann (BayObLG, FamRZ 2001, 944; FamRZ 2003, 1786; Weidlich, in: Palandt, BGB 80. Aufl., § 2247 Rn. 5). Eine solche schriftlich niedergelegte Erklärung des Erblassers kann allerdings, auch wenn sie den formalen Voraussetzungen des § 2247 BGB genügt, d.h. insb...