Leitsatz (amtlich)
Behauptet eine Jugendamtsmitarbeiterin, die Sachverständige habe in ihrem Gutachten den Inhalt eines zwischen beiden geführten Telefonats teilweise objektiv falsch und im Übrigen in weiten Teilen verzerrt oder verfälscht wiedergegeben, so muss das Familiengericht den Inhalt dieses Telefonats möglichst zuverlässig klären, bevor es über das Ablehnungsgesuch entscheidet. Insoweit wird es mit Blick auf § 30 Abs. 3 FamFG naheliegen, Strengbeweis zu erheben. Allein bei von der Sachverständigen vorgelegten Auszügen aus ihren kurzen, stichwortartigen und stenografischen Mitschriften des Telefonats kann es insoweit beweismäßig nicht bewenden, zumal gerade in Kindschaftssachen psychologischen Sachverständigengutachten besonders hohe, oft ausschlaggebende Bedeutung zukommt.
Tenor
Die Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarlouis vom 16. März 2021 - 18 F 63/19 SO - wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Abhilfeentscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - in Saarlouis zurückgegeben.
Gründe
Die nach § 30 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 406 Abs. 5 Hs. 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragsgegners führt zur Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung des Familiengerichts und Zurückgabe der Sache zur erneuten Abhilfeentscheidung an dieses.
Die Nichtabhilfeentscheidung des Familiengerichts kann keinen Bestand haben, weil sie an einem wesentlichen Verfahrensmangel leidet. Denn sie verletzt den Antragsgegner in seinem grundrechtsgleichen Anspruch auf rechtliches Gehör.
Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt, dass das Gericht verpflichtet ist, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfG FamRZ 1992, 782). Das rechtliche Gehör ist daher verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Diese Grundsätze gelten auch im Abhilfeverfahren nach § 572 Abs. 1 ZPO, in dem das Gericht darüber zu entscheiden hat, ob es die Beschwerde für begründet hält und ihr abhilft oder sie dem Beschwerdegericht vorlegt; denn es besteht die Amtspflicht, den Inhalt der Beschwerdeschrift daraufhin zu überprüfen, ob die angefochtene Entscheidung ohne Vorlage an das Beschwerdegericht zu ändern ist. Dabei sind mit Rücksicht auf § 571 ZPO vorgebrachte neue Tatsachen auch deshalb zu beachten und in die Prüfung einzubeziehen, weil mit dieser Vorschrift der Zweck verfolgt wird, die Kosten verursachende Befassung des Beschwerdegerichts mit der Sache zu vermeiden, wenn gebotene Korrekturen der Erstentscheidung unschwer durch das Erstgericht selbst vorgenommen werden können. Werden die maßgeblichen Ausführungen des Beschwerdeführers völlig oder jedenfalls im Kern übergangen, liegt ein erheblicher Verfahrensmangel vor (vgl. Senatsbeschlüsse vom 21. Dezember 2017 - 6 WF 144/17 -, vom 14. Februar 2017 - 6 WF 31/17 - und vom 23. August 2011 - 6 WF 92/11 -, FamRZ 2012, 319; Beschluss des 9. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 4. Dezember 2017 - 9 W 19/17 -).
Eine solche, den Kern des Beschwerdevorbringens des Antragsgegners vollinhaltlich erfassende und würdigende Entscheidung des Familiengerichts liegt hier nicht vor.
Der Antragsgegner rügt - mit dezidierter und eingehender Begründung -, dass die Sachverständige auch deshalb befangen sei, weil im schriftlichen Gutachten vom 19. Oktober 2020 (dort S. 48 ff.) der Inhalt ihres am 16. September 2020 mit der Sachbearbeiterin des Jugendamts, Frau K., geführten Telefonats verzerrt, verfälscht und missverständlich wiedergegeben sei.
Er gründet dies auf die schriftliche Stellungnahme Frau K.s vom 23. Dezember 2020. Aus dieser geht hervor, dass Frau K. die von der Sachverständigen protokollierten Aussagen in weiten Teilen als verzerrt wiedergegeben oder so in einen Zusammenhang gebracht ansieht, dass sie sich darin missverständlich und verfälscht dargestellt empfindet. Unter anderem hat Frau K. sich davon distanziert, erklärt zu haben, im Wohnzimmer des Vaters ständen Fotos der Mutter, da man dort genau wisse, was erwartet werde. Von Seiten des Jugendamts sei nie ein Hausbesuch bei Herrn T. durchgeführt worden, sodass eine solche Äußerung dergestalt nie erfolgt sein könne. Ebenso wenig habe sie bekundet, es sei für den Vater naheliegend, Auffälligkeiten des Kindes auf die Mutter zu schieben; dies sei unzutreffend, da dem Jugendamt keinerlei Hinweise für Auffälligkeiten des Kindes vorlägen. Auch die Einschätzung, der Vater würde ohne seine Familie - im Sinne familiären Rückhalts - mit hoher Wahrscheinlichkeit scheitern, sei so nicht getroffen worden und wäre auch spekulativ und unfachlich. Ihre Aussagen zur fehlenden Bindungstoleranz und Kooperationsbereitschaft des Vaters - dieser sei auf dem Feldzug - seien zwar so gefallen. Dennoch seien ihre Angaben auch hier ihres Erachtens in verzerrter Art und Weise dargestellt.
Das Familiengericht hat hierzu im angefochtenen Beschluss ausgeführt, die tatsächlichen Angaben der Mitarbeiterin des Jugendamts und die sich fü...