Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Gebührenstreitwert eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit dem die Rücknahme der Landeswahlliste einer politischen Partei für die Bundestagswahl erstrebt wird
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 3 O 163/17) |
Tenor
Auf die Erstbeschwerde der Verfügungskläger wird der Gebührenstreitwert des einstweiligen Verfügungsverfahrens unter teilweiser Abänderung des im Termin am 26. Juli 2017 verkündeten Beschlusses des Landgerichts Saarbrücken - 3 O 163/17 - auf 12.000 Euro festgesetzt.
Die weitergehende Erstbeschwerde sowie die Zweitbeschwerde des Prozessbevollmächtigten des Verfügungsbeklagten zu 3 werden zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Das Landgericht hat den Streitwert des zugrunde liegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens im Termin am 26. Juli 2017 auf 25.000 Euro festgesetzt. Dagegen haben sowohl die Verfügungskläger als auch - aus eigenem Recht - der Prozessbevollmächtigte des Verfügungsbeklagten zu 3 Beschwerde eingelegt, die Verfügungskläger mit dem Ziel der Herabsetzung des Streitwerts auf maximal 10.000 Euro, wohingegen der Prozessbevollmächtigte des Verfügungsbeklagten zu 3 die Heraufsetzung auf 100.000 Euro erstrebt. Das Landgericht hat beiden Beschwerden mit Beschluss vom 21. September 2017 nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die Beschwerden, über die der Senat in der Besetzung mit drei Richtern entscheidet (arg. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 Hs. 2 GKG), sind gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG (i.V.m. § 32 Abs. 2 RVG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
In der Sache hat das Rechtsmittel der Verfügungskläger einen Teilerfolg, dasjenige des Prozessbevollmächtigten des Verfügungsbeklagten zu 3 ist dagegen nicht begründet.
Das Landgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend darauf abgestellt, dass sich der Gebührenstreitwert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO nach dem Interesse des Verfügungsklägers an der mit der einstweiligen Verfügung erstrebten Regelung richtet (statt aller Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort "Einstweilige Verfügung"). Mit ihren Haupt- und Hilfsanträgen wollten die Verfügungskläger erreichen, dass die auf der Mitgliederversammlung des Verfügungsbeklagten zu 1 am 7. Mai 2017 beschlossene Landesliste für die Bundestagswahl am 24. September 2017 durch Abgabe der dafür erforderlichen Erklärungen der Verfügungsbeklagten zu 2 bis 5 gegenüber der Landeswahlleiterin zurückgezogen wird. Das hieran bestehende Interesse der Verfügungskläger, die Verstöße gegen allgemeine Wahlrechtsgrundsätze bei der Listenerstellung behauptet haben, kann zumindest unter den Besonderheiten des Streitfalls nicht mit dem Interesse gleichgesetzt werden, die aus der Parteimitgliedschaft resultierenden Mitwirkungsrechte bei der Auswahl der Kandidaten für den Bundestag in Übereinstimmung mit den demokratischen Prinzipien ausüben zu können. Es geht vielmehr darüber hinaus.
Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Frist für die Einreichung von Wahllisten gemäß § 19 BWahlG am 17. Juli 2017 endete und somit bei Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung am 21. Juli 2017 bereits abgelaufen war. Eine Verurteilung der Verfügungsbeklagten hätte daher dazu geführt, dass die Partei ... pp., deren Wiedereinzug in den Bundestag nach allen Umfragen außer Frage stand, im Saarland ohne Landesliste hätte antreten müssen. Diese bei einem Erfolg ihres Antrags zwangsläufig eintretende und weitreichende Folge haben die Verfügungskläger, was nach den Umständen nicht zweifelhaft sein kann, einkalkuliert und zum Bestandteil ihres Rechtsschutzziels gemacht.
Der in dem Verfahren 15 O 87/17, das die Landesliste einer anderen politischen Partei für die Bundestagswahl betraf, mit 6.000 Euro festgesetzte Gebührenstreitwert kann demgemäß nicht ohne Weiteres als Vergleichsmaßstab herangezogen werden, weil dort die Frist gemäß § 19 BWahlG bei Antragseinreichung (und Entscheidung) noch nicht abgelaufen war (vgl. 1. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts, Urteil vom 12. Juli 2017 - 1 U 80/17, juris). Auch die in dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit enthaltenen Wertangaben für die Anfechtung von Kommunalwahlen sind für die hier gegebene Konstellation allenfalls bedingt aussagekräftig.
Indes weisen die Verfügungskläger nachvollziehbar darauf hin, dass die im Prozess zu erwartende Wertfestsetzung auch und gerade in Fällen der vorliegenden Art keine abschreckende Wirkung haben soll im Hinblick auf das mit dem Führen des Verfahrens verbundene Kostenrisiko, das wegen der Wertabhängigkeit der Gerichtsund Rechtsanwaltsgebühren mit der Höhe des Gebührenstreitwerts zunimmt. Die Wertfestsetzung muss stets auch die dem Kostenrecht zukommende verfassungsrechtliche Bedeutung (vgl. MünchKomm-ZPO/Schulz, 5. Aufl., Vor § 9...