Leitsatz (amtlich)
In einem einstweiligen Verfügungsverfahren hat der Berufungsbeklagte normalerweise allen Anlass, unmittelbar nach Erhalt der Berufungsbegründung durch Einreichung eines Schriftsatzes auf das Berufungsverfahren einzuwirken. Das gilt erst recht, wenn in der Berufungsbegründung ausdrücklich auf die besondere Dringlichkeit der Angelegenheit (hier: am Vormittag des übernächsten Tages zu erwartende Entscheidung des Landeswahlausschusses über die von den Berufungsklägern bekämpfte Zulassung der Landesliste einer Partei zur Bundestagswahl) hingewiesen und dem Berufungsbeklagten bereits eine Frist zur Berufungserwiderung gesetzt wurde.
Die für die anwaltliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Berufungsbeklagten geltend gemachte Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3201 VV RVG ist in diesem Fall auch dann erstattungsfähig, wenn der Schriftsatz mit dem Antrag auf Zurückweisung der Berufung in (unverschuldeter) Unkenntnis der zwischenzeitlich erfolgten Berufungsrücknahme gefertigt und eingereicht wird.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 3 O 163/17) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Verfügungskläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 28. September 2018 - 3 O 163/17 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 814,44 EUR.
Gründe
I. Die Parteien streiten darüber, ob der Verfügungsbeklagte zu 3 für das Berufungsverfahren trotz Rücknahme des Rechtsmittels der Verfügungskläger die Erstattung einer anwaltlichen Verfahrensgebühr verlangen kann.
Die Verfügungskläger wollten in dem zugrunde liegenden einstweiligen Verfügungsverfahren erreichen, dass die auf der Mitgliederversammlung der Verfügungsbeklagten zu 1 am 7. Mai 2017 beschlossene Landesliste für die Bundestagswahl am 24. September 2017 durch Abgabe der dazu erforderlichen Erklärungen der Verfügungsbeklagten zu 2 bis 5 gegenüber der Landeswahlleiterin zurückgezogen wird. Gegen das ihren Verfügungsantrag zurückweisende Urteil des Landgerichts vom 26. Juli 2017 legten sie mit Schriftsatz vom selben Tag (Eingang bei Gericht per Fax um 19.59 Uhr) Berufung ein, die sie zugleich begründeten. Es wurde um umgehende Behandlung der Sache gebeten, weil der Landeswahlausschuss am 28. Juli 2017 um 10 Uhr tage und nach der Zulassung der Liste der Verfügungsbeklagten zu 1 zur Bundestagswahl keine Einwirkungsmöglichkeiten mehr gegeben seien.
Mit Beschluss vom 27. Juli 2017 wies der 2. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts darauf hin, dass das Rechtsmittel nach vorläufiger Einschätzung keine Aussicht auf Erfolg versprach. Der Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten der Verfügungskläger am 27. Juli 2017 um 16.50 Uhr per Fax übermittelt, der daraufhin mit um 17.17 Uhr beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz die Berufung zurücknahm. An den Prozessbevollmächtigten des Verfügungsbeklagten zu 3 wurde der Beschluss um 17.12 Uhr gesendet, zugleich wurden ihm die Berufungsschrift, zwei Schriftsätze der die Verfügungsbeklagten zu 1, 2, 4 und 5 vertretenden Rechtsanwälte ... pp. sowie eine Verfügung des Oberlandesgerichts, in der eine Frist zur Berufungserwiderung von zehn Tagen gesetzt wurde, übermittelt.
Der Prozessbevollmächtigte des Verfügungsbeklagten zu 3 beantragte mit Schriftsatz vom 28. Juli 2017 (Eingang per Fax um 8.49 Uhr) die Zurückweisung der Berufung, wobei er zur Begründung im Wesentlichen auf seinen erstinstanzlichen Vortrag verwies. Mit Beschluss vom selben Tag sprach das Oberlandesgericht aus, dass die Verfügungskläger des eingelegten Rechtsmittels verlustig seien und die hierdurch entstandenen Kosten zu tragen hätten. Der Beschluss vom 28. Juli 2017 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Verfügungsbeklagten zu 3 zusammen mit dem Rücknahmeschriftsatz am 2. August 2017 zugestellt.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat der Prozessbevollmächtigte des Verfügungsbeklagten zu 3 mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2017 für das Berufungsverfahren die Festsetzung einer 1,1-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3201 VV-RVG aus einem Gebührenstreitwert von 12.500 EUR in Höhe von 664,40 EUR sowie der Pauschale gemäß Nr. 7002 VV-RVG und der Umsatzsteuer beantragt. Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. September 2018 die von den Verfügungsklägern an den Verfügungsbeklagten zu 3 für beide Instanzen zu erstattenden Kosten antragsgemäß festgesetzt.
Mit ihrem als Beschwerde bezeichneten Rechtsmittel wenden die Verfügungskläger ein, die Kosten für die zweite Instanz seien nicht erstattungsfähig, weil für das Berufungsverfahren kein Auftrag bzw. keine Vollmacht vorgelegen habe und die Tätigkeit des Rechtsanwalts angesichts der unverzüglichen Rücknahme des Rechtsmittels nicht erforderlich gewesen sei.
Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel, dem der Verfügungsbeklagte zu 3 entgegen getreten ist, durch Beschluss vom 30. Oktober 2018 nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die Beschwerde der Verfügungskläger ist als sofortige Besch...