Leitsatz (amtlich)
Eine Kostenentscheidung zu Lasten des Klägers nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO kann mangels Vorliegens von eine andere Kostenentscheidung rechtfertigenden Gründen auch dann ergehen, wenn der Kläger das vorangegangene Mahnverfahren nach Widerspruch des Beklagten nicht weiter betrieben hat, der Beklagte sodann die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt hat, um eine Entscheidung über die ihm im Verfahren entstandenen Kosten zu erreichen, und der Kläger nach Abgabe des Rechtsstreits an das für die Durchführung des streitigen Verfahrens zuständige Gericht die Klage zurückgenommen hat.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 11.05.2009; Aktenzeichen 5 O 27/09) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Saarbrücken vom 11.5.2009 - 5 O 27/09 - wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 25.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin hat im Februar 2008 vor dem AG Mayen den Erlass eines Mahnbescheids gegen den Beklagten über eine Hauptforderung i.H.v. insgesamt 1.190.213 EUR sowie die Durchführung des streitigen Verfahrens für den Fall eines Widerspruchs beantragt. Gegen den am 18.2.2008 antragsgemäß erlassenen und dem Beklagten am 21.2.2008 zugestellten Mahnbescheid hat der Beklagte am 26.2.2008 Widerspruch erhoben. Den am 28.2.2008 angeforderten Gerichtskostenvorschuss für die Durchführung des streitigen Verfahrens hat die Klägerin nicht eingezahlt. Mit am 3.4.2009 bei dem AG Mayen eingegangenem Anwaltsschriftsatz vom 1.4.2009 hat der Beklagte die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt. Zugleich hat er unter Hinweis darauf, dass die Klägerin mitgeteilt habe, die Ansprüche gegen den Beklagten nicht mehr weiter zu verfolgen, beantragt, der Klägerin die entstandenen Kosten aufzuerlegen und diese gemäß dem weiteren Antrag vom selben Tag festzusetzen. Daraufhin hat das AG Mayen das Verfahren zur Durchführung des streitigen Verfahrens an das zuständige LG Saarbrücken abgegeben.
Nachdem die Klägerin aufgefordert worden war, den Anspruch zu begründen, hat sie mit Anwaltsschriftsatz vom 29.4.2009 unter Hinweis darauf, dass eine außergerichtliche Einigung gefunden worden sei, ihren "Antrag auf Durchführung des Rechtsstreits bzw. Klageantrag" zurückgenommen. Daraufhin hat das LG der Klägerin mit dem angefochtenen Beschluss die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Gegen diesen ihren Prozessbevollmächtigten am 15.5.2009 zugestellten Beschluss hat die Klägerin mit am 20.5.2009 beim LG eingegangnem Schriftsatz vom selben Tag sofortige Beschwerde eingelegt, der das LG nicht abgeholfen hat. Sie meint, richtigerweise habe die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits nicht zu tragen, da - wie bereits der Inhalt des Schriftsatzes des Beklagten vom 1.4.2009 zeige - die Durchführung des streitigen Verfahrens von dem Beklagten tatsächlich weder gewollt noch erforderlich gewesen sei. Durch seinen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens seien lediglich weitere Verfahrenskosten ausgelöst worden, so dass dieser als unzulässig anzusehen sei.
II. Die gemäß den §§ 269 Abs. 5, 511 Abs. 2 Nr. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 569 Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das LG hat die Kosten des Rechtsstreits nach Klagerücknahme gem. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO mit Recht der Klägerin auferlegt.
Gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist der Kläger im Falle der Klagerücknahme verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind.
1. Diese Bestimmung findet im vorliegenden Fall unmittelbare Anwendung. Denn die Klägerin hat mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29.4.2009 nicht lediglich - was für eine (entsprechende) Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht ausreichend gewesen wäre - ihren Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gem. § 696 Abs. 4 ZPO zurückgenommen, sondern zugleich auch ihre Klage (vgl. BGH NJW-RR 2006, 201 f.). Dies ergibt sich bereits aus dem ausdrücklichen Wortlaut der Rücknahmeerklärung und folgt im Übrigen auch daraus, dass die bloße Rücknahme ihres - bereits mit dem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gestellten - Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens die Wirksamkeit des von dem Beklagten gestellten Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens unberührt gelassen hätte (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 6. Aufl., § 696 Rz. 5; Schüler in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 696 Rz. 27).
2. Die Klagerücknahme hat gem. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grundsätzlich zur Folge, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Ein besonderer Grund, die Kosten des Rechtsstreits ausnahmsweise ganz oder zum Teil dem Beklagten aufzuerlegen, liegt nicht vor.
a) Ein solcher Grund ist - anders als die Klägerin meint - insbesondere nicht darin zu sehen, dass der Beklagte, ...