Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewaltschutzanordnung: Voraussetzungen eines Beweisverwertungsverbotes von Videoaufzeichnungen im öffentlichen Verkehrsraum, die dem Nachweis einer Rechtsverletzung i.S.v. § 1 GewSchG dienen. Verwendung von Video- und Bildaufzeichnungen zur Glaubhaftmachung von Nachstellungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Kein Beweisverwertungsgebot betreffend Videoaufzeichnungen, die von dem Hausanwesen zur Klärung von Belästigungen angefertigt werden.

 

Normenkette

GewSchG § 1 Abs. 1 Nr. 2b; BGB § 823; GG Art. 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Saabrücken (Beschluss vom 05.05.2010; Aktenzeichen 9 UF 535/09 EAGS)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Saabrücken vom 5.5.2010 - 9 UF 535/09 EAGS - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.

3. Der Verfahrenswert für die Beschwerdeinstanz wird auf 2.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsgegner wendet sich gegen eine auf der Grundlage des Gewaltschutzgesetzes erlassene einstweilige Anordnung.

Die Antragsteller sind die Eltern des M. B., der während bestimmter Zeiten seiner Drogenabhängigkeit Kontakte zum Antragsgegner pflegte. Die Antragsteller und auch deren Sohn, der jedenfalls zum Zeitpunkt der Antragstellung bei den Antragstellern wohnte, untersagten dem Antragsgegner jegliche Kontaktaufnahme.

Mit dem am 27.11.2009 eingeleiteten einstweiligen Anordnungsverfahren haben die Antragsteller unter Bezugnahme auf bestimmte - näher dargelegte - Vorkommnisse - auf den Erlass vorläufiger Schutzmaßnahmen angetragen und, nachdem die Beschwerde gegen den das Befangenheitsgesuch des Antragsgegners gegen die in erster Instanz tätige Richterin zurückweisenden Beschluss des Familiengerichts vom 16.12.2009 durch Beschluss des erkennenden Senats vom 3.2.2010 zurückgewiesen worden ist, ihren Antrag auch auf Vorkommnisse in der Zeit ab März 2010 gestützt, nämlich das wiederholte Hochklappen der Scheibenwischer am Fahrzeug der Antragsteller durch den Antragsgegner.

Durch den nach wiederholter Anhörung der Parteien und Abspielen von Seitens der Antragsteller mittels einer von ihnen im Esszimmer installierten Videokamera, die einen Straßenabschnitt vor dem Hausanwesen der Antragsteller erfasst, aufgezeichneten Videosequenzen in der Sitzung vom 15.4.2010 hat das Familiengericht mit dem angefochtenen Beschluss dem Antragsgegner befristet untersagt, das Haus oder das dazugehörende Grundstück der Antragsteller zu betreten, sich dem Haus oder dem dazugehörenden Grundstück der Antragsteller in der [Straße, Nr.] in [Ort] bis auf eine Entfernung von 5 Metern zu nähern, sich dem Fahrzeug der Antragstellerin zu 2. bis auf eine Entfernung von 3 Metern zu nähern, Verbindung zu den Antragstellern, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen und ein Zusammentreffen mit den Antragstellern herbeizuführen; sollte es zu einem zufälligen Zusammentreffen kommen, wurde der Antragsgegner verpflichtet, einen Abstand von 25 Metern herzustellen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde dem Antragsgegner ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

Mit seiner Beschwerde begehrt der Antragsgegner die Aufhebung dieses Beschlusses.

II. Die gem. §§ 58 Abs. 1, 38 Abs. 1 S. 1, 57 S. 2 Nr. 4 FamFG statthafte und im Übrigen gem. § 63 Abs. 2 Nr. 1, 64 Abs. 1, 65, 59 Abs. 1 FamFG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht und auf der Grundlage eines beanstandungsfreien Verfahrens hat das Familiengericht die in dem angefochtenen Beschluss enthaltenen Gewaltschutzanordnungen im Wege - nach §§ 214 Abs. 1 S. 1, 49 FamFG i.V.m. § 1 GewSchG statthafter - einstweiliger Anordnung erlassen.

Zur im einstweiligen Anordnungsverfahren ausreichenden Glaubhaftmachung einer Tatsachenbehauptung - auch i.S.v. §§ 51 Abs. 1 S. 2, 31 FamFG - bedarf es nicht der vollen gerichtlichen Überzeugung, sondern genügt nach allgemeinem Verständnis ein geringerer Grad der richterlichen Überzeugungsbildung, der bereits vorliegt, sofern bei freier Würdigung des gesamten Verfahrensstoffes eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (BGH, MDR 2007, 669; Senat, Beschl. v. 26.4.2010 - 9 UF 18/10, m.w.N.; OLG Saarbrücken, 6. Zivilsenat, Beschl. v. 12.7.2010 - 6 UF 42/10, m.w.N.).

An diesem Maßstab gemessen haben die Antragsteller durch eidesstattliche Versicherung, so insbesondere in der mündlichen Verhandlung vom 8.12.2009, glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner sie jedenfalls in der Zeit ab November 2009 durch die von den Antragstellern im Einzeln geschilderten und von dem Antragsgegner jedenfalls zum Teil in dieser Verhandlung nicht in Abrede gestellten Vorkommnisse - Passieren der Straße, in der die Antragsteller wohnen, Betreten des Grundstücks der Antragsteller, Aufsuchen einer Gaststätte, in der sich die Antragstellerin zu 2. mit dem Sohn B. aufhielt, permanente Telefonanrufe - belästigt hat. Hinreich...

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