Entscheidungsstichwort (Thema)
Selbstbehaltssätze gegenüber dem Ehegatten bei Betreuung eines gemeinsamen minderjährigen Kindes
Leitsatz (amtlich)
Die Selbstbehaltssätze gegenüber Ehegatten sind auch bei Betreuung eines gemeinsamen minderjährigen Kindes durch den Unterhaltsberechtigten grundsätzlich höher anzusetzen als gegenüber minderjährigen Kindern; dabei ist im Regelfall von dem Betrag auszugehen, der in der Mitte zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt liegt.
Normenkette
BGB §§ 1570, 1603
Verfahrensgang
AG Neunkirchen (Beschluss vom 12.09.2006; Aktenzeichen 17 F 312/06 UE) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des AG - FamG - in Neunkirchen vom 12.9.2006 - 17 F 312/06 UE - teilweise dahin abgeändert, dass der Klägerin ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt" bewilligt wird, soweit sie den Beklagten über 306 EUR hinaus auf Zahlung weiteren nachehelichen Unterhalts i.H.v. monatlich 66 EUR, beginnend mit dem auf den Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage folgenden Monat an die ARGE und beginnend mit dem auf den Schluss der mündlichen Verhandlung folgenden Monat an sich selbst - frühestens jedoch ab dem Tag des Eintritts der Rechtskraft des am 4.8.2006 verkündeten Scheidungsurteils des AG - FamG - in Neunkirchen - 17 F 67/06 S - in Anspruch nimmt.
Die weiter gehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Die Gebühr nach GKG Anlage 1 (zu § 3 Abs. 2) KV Nr. 1811 wird auf die Hälfte ermäßigt.
Gründe
I. Aus der Ehe der Parteien ist ein Kind - die am. November 2002 geborene Tochter M. - hervorgegangen. M. lebt bei der Klägerin, die sie versorgt und betreut. Durch das am 4.8.2006 verkündete Urteil des AG - FamG - in Neunkirchen - 17 F 67/06 S - ist die Ehe geschieden worden.
Die im März 1977 geborene, derzeit 29 Jahre alte Klägerin ist nicht erwerbstätig. Seit Juli 2006 bezieht sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von der ARGE ("Arbeitslosengeld II"). Der Beklagte ist vollschichtig erwerbstätig und erzielt - nach dem im Prozesskostenhilfe-Prüfungsverfahren zugrunde gelegten Vorbringen der Klägerin - ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 1.500 EUR.
Die Klägerin hat beim FamG um Prozesskostenhilfe für ihre am 10.8.2006 eingereichte Klage auf Zahlung monatlichen nachehelichen Unterhalt i.H.v. - nach ihrer Rechnung - (Nettoeinkommen M: 1.500 EUR./. Kindesunterhalt: 199 EUR./. Selbstbehalt M: 890 EUR =) 411 EUR ab Rechtskraft der Scheidung nachgesucht.
Der Beklagte hat gebeten, den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen.
Durch den angefochtenen Beschluss, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat das FamG der Klägerin ratenfreie Prozesskostenhilfe für die Klage auf Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. monatlich 306 EUR bewilligt. Im Übrigen hat es die nachgesuchte Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung verweigert.
Mit ihrer "Beschwerde" wendet sich die Klägerin gegen die Teilverweigerung der Prozesskostenhilfe. Sie verfolgt ihr erstinstanzliches Gesuch mit der Maßgabe weiter, dass nunmehr "bis zum Monatsletzten nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung Zahlung an die zuständige Arbeitsgemeinschaft, beginnend mit dem Monatersten nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung Zahlung seitens der Klägerin an sich selbst" begehrt wird.
Das FamG hat dem Rechtsmittel mit Beschluss vom 5.10.2006 nicht abgeholfen.
II. Das als gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel ist teilweise begründet.
Der Klage auf nachehelichen Betreuungsunterhalt gem. § 1570 BGB kann - frühestens für die Zeit ab dem Tag des Eintritts der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs - die hinreichende Erfolgsaussicht in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang nicht abgesprochen werden (§ 114 ZPO).
Nach dem zutreffenden Ausgangspunkt des FamG sind unter Beachtung der neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH v. 15.3.2006 - XII ZR 30/04, BGHReport 2006, 781 m. Anm. Luthin = MDR 2006, 1235 = FamRZ 2006, 683), der sich der Senat zwischenzeitlich angeschlossen hat (Senatsurteil vom 16.11.2006 - 6 UF 29/06), die Selbstbehaltssätze gegenüber Ehegatten grundsätzlich höher anzusetzen, als gegenüber minderjährigen Kindern. Wegen der Verknüpfung mit dem Unterhaltsanspruch der Mutter bzw. dem Vater eines nichtehelichen Kindes gem. § 1615l BGB, die sich typischer Weise in der nämlichen Situation befinden, gilt dies - entgegen der Annahme der Beschwerde - auch bei Betreuung eines gemeinsamen minderjährigen Kindes durch den Unterhaltsberechtigten (Soyka, FuR 2006, 268, 269). Insoweit erachtet es der Senat für angemessen, im Regelfall von dem Betrag auszugehen, der in der Mitte zwischen dem notwendigen und dem angemessenen Selbstbehalt liegt (Senat, a.a.O.; Büttner, FamRZ 2006, 765). Unter Heranziehung der Unterhaltsrechtli...